Matthäus 6, 13 (George Whitefield)

Matth. 6, 13: „Und führe uns nicht in Versuchung“

Christus – Stütze der Versuchten

Die große und wichtige Pflicht, die den Christen obliegt, ist es, sich vor allem Anschein des Bösen zu hüten, sich vor den ersten Neigungen des Herzens zum Bösen hin zu hüten und auf unsere Handlungen zu achten, damit sie nicht sündig sind oder auch nur den Anschein erwecken, es zu sein. Es ist wahr, der Teufel versucht uns fortwährend, und unsere eigenen bösen Herzen sind geneigt, sich mit dem Versucher zu verbünden, um uns in Sünden hineinzustürzen, damit er dadurch einen Sieg über uns erlangt und wir, meine Brüder, seine Untertanen, seine Diener, seine Sklaven werden; und dann wird er uns nach und nach unseren Lohn geben, welcher der zeitliche und der ewige Tod sein wird. Unser Herr Jesus Christus sah, wie sein Volk versucht werden würde, und dass der große Feind ihrer Seelen jede Gelegenheit nutzen würde, um die armen Sünder davon abzuhalten, zum Herrn Jesus Christus zu kommen; er wird euch mit Versuchungen überhäufen, um euch zu großen Sünden zu treiben; und wenn er euch dann nicht gewinnen kann, wird er sie an einen kleineren weiterreichen und seine Versuchungen von Mal zu Mal wiederholen; und wenn er merkt, daß nichts davon hilft, verwandelt er sich oft in einen Engel des Lichts und bringt so die Seele dazu, in Sünde zu fallen, zur Unehre Gottes und zur Verwundung ihrer selbst; der Herr Jesus, sage ich, sieht, wie anfällig seine Jünger und alle anderen sind, von der Versuchung überwältigt zu werden, und rät ihnen deshalb, wenn sie beten, zu bitten, daß sie nicht in Versuchung geführt werden.

Es ist derart gefährlich, sich mit einem so subtilen und mächtigen Feind wie Satan anzulegen, daß wir so oft überwunden werden, wie wir uns ihm stellen, wenn der Herr nicht auf unserer Seite ist. Meine Brüder, wenn ihr euch selbst überlassen wäret, würdet ihr von jeder Versuchung überwältigt werden, der ihr gegenübersteht.

Diese Worte sind Teil des Gebetes, das Christus seine Jünger gelehrt hat; und ich werde daher keinen Zweifel daran lassen, daß ihr sie alle für wahr haltet, da sie von dem Einen gesprochen werden, der nicht lügen kann. Ich werde,

I. Euch zeigen, wer es ist, der euch verführt.
II. Ich werde euch zeigen, meine Brüder, warum er euch verführt.
III. Einige der Mittel und Wege aufzählen, die er anwendet, um euch in seine Versuchungen zu locken.
IV. Laßt euch zeigen, wie ernst ihr es mit dem Herrn meinen solltet, damit er euch davor bewahrt, in Versuchung zu geraten.
V. Ich möchte euch bitten, zu Christus zu kommen, damit er euch, meine Brüder, von der Versuchung erlöse.

I. Erstens: Wir sollen bedenken, wer uns in Versuchung führt.

ZUNÄCHST: GEDANKEN ÜBER DEN, DER UNS VERFÜHRT

Der Verführer ist Satan, der mächtige Herrscher in der Luft, der nun in den Kindern des Ungehorsams herrscht. Er ist ein Feind Gottes und des Guten. Er haßt jede Wahrheit. Warum sollte er sonst Gott im Paradies verleumden? Warum erzählt er Eva, „Ihr werdet keineswegs des Todes sterben“ (1. Mose 3, 4)?

Er ist voll des Bösen, des Neides und der Rache. Aus welchen anderen Gründen würde er sonst den unschuldigen Menschen im Paradies belästigen? Meine Brüder, die Person, die euch versucht, ist bekannt für ihre Raffinesse. Weil ihm von oben keine Macht gegeben ist, ist er genötigt, auf Gelegenheiten zu warten, um zu betrügen und durch List zu fangen. Deshalb gebrauchte er auch die Schlange, um unsere Vorfahren zu verführen. Er lauert auf, um zu verführen, was der Kern seines Charakters ist. Und obwohl dies ein teuflischer Charakter ist, entdecken wir, wenn wir unsere Herzen erforschen, auch in uns schnell ähnliche Eigenschaften.

Lieben es nicht viele von uns, zu lügen? Wenn dies aus wirtschaftlichen Gründen geschieht, betrachtet ihr diese als verzeihlich. Doch ob ihr es glaubt oder nicht, es ist und bleibt außerordentlich sündig. Auch wenn ihr euch selbst zu schlauen, rationalen Kreaturen und noblen Wesen erklärt. Solche waren wir, als wir zum Anfang aus Gottes Hand kamen. Jetzt jedoch sind wir gefallen, und nun gibt es nichts Liebenswertes und nichts Begehrenswertes im Menschen. Sein Herz ist eine Müllhalde, voller Sünde und Unreinheit. Und doch, obwohl das Herz des Menschen derart verzweifelt verdorben ist, erklären ihm unsere modernen und freundlichen Prediger, daß es auch etwas Feines im Menschen gibt, und daß Gott, nachdem er uns als gute Geschöpfe erkennt, uns seine Gnade gibt. Doch diese Weise zu reden, so zeitgemäß, freundlich und elegant sie sein mag, ist äußerst unbiblisch. Sie widerspricht der Lehre der Reformation und unseren eigenen Artikeln.

Wie widersprüchlich sie auch der Lehre der anglikanischen Kirche sein mag, nichts erklingt von unseren Kanzeln häufiger, als: „Tut niemanden etwas Böses, lebt ehrlich, liebt eure Nachbarn wie euch selbst, tut euren Teil, und dann wird Christus den Mangel ausfüllen“. So macht man Christus zu einem halben Retter und gibt dem Menschen die halbe Ehre. Ich sage jedoch, Christus will deine ganze Gerechtigkeit, deine ganze Weisheit und deine ganze Heiligung sein, ansonsten wird er niemals zu deiner ganzen Erlösung.

Wie erschreckend ist es doch, daß die Diener der Kirche Englands genau das Gegenteil dessen verkündigen, was sie unterschrieben haben*. Gott bewahre! Wenn dies die Führer der Unwissenden sein sollen, dazu berufen, echte Diener Christi zu sein! Stattdessen sind sie jedoch nur blinde Führer der Blinden und werden ohne besonderes Eingreifen Gottes mit jenen in die Schlucht stürzen.

* Gemeint sind die die 39 Artikel, die ein zentrales Dokument für die
anglikanische Kirche darstellen und klar reformiert geprägt sind.

Kein Wunder, daß diese Menschen von der Eignung und Nicht-Eignung der Dinge sprechen, wenn sie uns gleichzeitig erklären, daß der Geist Gottes ein gutes Gewissen ist, und die Tröstungen des Heiligen Geistes darauf folgen. Doch das ist falsch. Denn es sollte gesagt werden, daß der Geist Gottes die Tröstungen des Heiligen Geistes wirkt und ein gutes Gewissen daraufhin folgt. Seneca, Cicero, Plato und jeder andere heidnische Philosoph hätten eine genauso gute Definition geliefert. Es bedeutet nicht mehr als das Fazit, daß wir „schließlich ganz gut gehandelt“ haben.

Doch laßt diese modernen, freundlichen Herren und meine Buchstaben-Brüder den Menschen so lieb und nett zeichnen, wie es ihnen paßt; ich werde das nicht tun. Ich möchte ihn nicht besser machen, als das Wort Gottes das tut. Wenn ich den Menschen [gemeint ist der natürliche, unwiedergeborene Mensch] in den für ihn geeigneten Farben zeichnen möchte, muß ich für eine geeignete Vorlage in das Königreich der Hölle steigen.

Denn der Mensch ist von Natur aus voller Stolz, List, Bosheit, Neids und voll der Lieblosigkeit. Und was ist das anderes als die Versuchung Satans? Auch ist er voller Lust, Unzucht und Gier, was alles die Versuchung des Tieres ist. Und diesem Geschöpf, welches derart abscheulich und empörend dem Zorn Gottes ausgeliefert ist, sagen wir, daß er den Teil seiner Pflichten tun muß, und was er nicht schafft, wird Christus für ihn tun…

Das gibt dem Versucher in der Tat großen Raum für seine Versuchung. Er ermutigt die Seele, den moralischen Pflichten zu folgen, die Gemeinde zu besuchen, das Sakrament zu nehmen, zu lesen, zu beten und nachzudenken. Der Teufel ist recht zufrieden mit all diesen Dingen. Denn so lange du diese in deiner eigenen Kraft tust, oder so lange du nicht mehr als das tust, wandelst du bloß auf einem glatten Weg in die Hölle.

II) Warum versucht uns Satan?

Nun haben wir gesehen, wer es ist, der uns versucht.
Nun möchte ich euch noch zeigen, warum er uns versucht. Dies geschieht aus Neid vor unserem Herrn Jesus Christus. Er müht sich ab, uns von der Nähe zu Christus abzuhalten. Und wenn er uns vom Glauben an Christus abhalten kann, weiß er uns sicher. Größere Anfechtungen werden gemäß ihrer Natur und Größe euch im euren Sinn beunruhigen und euer Denken verunsichern. Ihr werden nun schlussfolgern, dass ihr in diesem Zustand, in all dieser Sinnesverwirrung kaum zu Christus gehen könnt, der euch so nicht empfangen wird. Doch dies ist die Art des Versuchers, dass er gering und ehrlos über den gesegneten Jesus denkt. So erreicht er allmählich, dass ihr sorgenlos und gleichgültig zu Christus seid. Dies, genau dies, meine Brüder ist die Strategie des Verführers. Nichts freut ihn mehr, als euch für immer ruiniert und verloren zu sehen. Er versucht euch mit dem Ziel, dass ihr euer Interesse an Jesus Christus verlieren mögt, und dass ihr für alle Ewigkeit mit ihm und den abgefallenen Geistern wohnen sollt. Er weiß, dass Jesus Christus für Sünder starb, dennoch wird er bis zur Ohnmacht die Seelen davon abhalten, die Stadt der Zuflucht um Schutz oder Gilead um die echte Salbe aufzusuchen.

ER ist es, der euch regiert, ihr Spötter und ihr Pharisäer. Der Satan regiert dort und bemüht sich, eure Augen zu verblenden. So erkennt ihr nicht, in welcher Gefahr ihr seid, und wie viel Böses jetzt in eurem Herzen ist. So lange er dich ruhig und unbesorgt über den Zustand deines Herzens halten kann, wird er ebenfalls ruhig sein. Dennoch wird er jede Gelegenheit wahrnehmen, euch zur Sünde aufzustacheln, bis ihr in eurer Ungerechtigkeit verhärtet seid. O Brüder, gebt Satan keine Gelegenheit, euch gefangen zu nehmen! Ach, kein Wunder versucht Satan euch, wenn er euch im Theater, Schauspiel oder Konzert findet. Wie kann man am Morgen „Führe uns nicht in Versuchung“ rufen, wenn man bereits entschieden ist, am Abend in diese hineinzulaufen? Großer Gott! Sind diese Menschen Mitglieder der Kirche von England? Ach, wenn ihr in die Kirche geht und diese Gebete sprecht, sind sie nicht mehr wert als die Opfer der Narren. Ihr bestätigt diese mit euren Lippen mit einem Amen und seid in euren Herzen entweder unbekümmert oder denkt, dass das bloße aufsagen eines Gebets genug ist, um mit Gott ins Reine zu kommen.

Meine Lieben,  verführt euch jedoch nicht selbst, denn Gott läßt sich nicht spotten. Ihr ruiniert euch selbst für Zeit und Ewigkeit. Ihr betet „Führe uns nicht in Versuchung“, und fordert (gleichzeitig) Satan auf, zu kommen und euch zu versuchen.

3) Einige Mittel  und Wege, mit denen er euch versucht

Dies ist ein breites Thema, und ich als ein junger Soldat im Dienste Christi kann euch nur einige aufzählen. Deswegen werden wir nur kurz bei diesem Kapitel verweilen:

a) Eine seiner Anstrengungen zielt darauf ab, daß ihr über Sünde nicht so „groß“ denkt. Daß es keinen Grund gibt, zu streng zu sein, und daß ihr sowieso schon recht gerecht seid. Auf diese Weise werdet ihr prahlerisch (aufgeblasen und egoistisch), was euch nur schaden kann. Satan zeigt euch den Köder, versteckt aber die Angel. Er zeigt euch die Freuden, die Profite und Vorteile, damit ihr die Reichtümer dieser Welt anhäuft. Doch verbirgt er das Kreuz, die Verluste und Ärgernisse, die ihr haben werdet, wenn ihr die „Segnungen dieser Welt“ genießen werdet.

b) Wenn er feststellt, daß er euch durch Schmeichelei nicht locken kann, wird er dies durch die Ablehnung und Schrecken dieser Welt versuchen. Er wird die Menschen aufwiegeln, damit diese auf dich zeigen und schreien: „Hier kommt ein weiterer Anhänger seiner Truppe“. Er wird sie aufwiegeln, damit sie euch gefährden, verspotten, verhöhnen und hassen. Und wenn auch das nicht reichen sollte, dann wird er mit Zweifeln und Entmutigungen um sich herumwerfen. Oder er wird flüstern: „Was, du erwartest von Christus gerettet zu werden? Also, er starb nicht für dich, denn du bist ein zu großer Sünder. Du lebtest zu lange in Sünde und begingst solche Sünden gegen Christus, die er nicht vergeben wird“. Auf diese Weise drängt er arme Sünder in die Verzweiflung.

Versammelt sich das Volk Gottes, um Gott anzubeten, schickt er sehr oft seine Agenten, die Spötter, um sie zu stören. Wir sahen gerade erst einen solchen Fall ihrer Wut. Sie hätten uns sicherlich gestört, wenn der Herr nicht auf unserer Seite wäre und alle Versuche der bösen und aufrührerischen Menschen verhindert hätte, uns zu stören und zu beunruhigen. Herr Jesus, vergib denen, die deine Wahrheit verfolgen! Jesus, zeig ihnen, daß sie gegen dich kämpfen, daß es hart sein wird, gegen den Stachel zu löcken. Meine Brüder, dies sind einige der Wege, die Satan in Versuchungen einschlägt, um uns von Christus abzubringen. Viel mehr könnte aufgezählt werden, doch dies soll genug sein. Ich hoffe, daß ich euch auf der Hut vor alledem halten kann, was der Feind tut, um euch daran zu hindern, zu Christus zu kommen.

4) Schließlich, wie wichtig und nötig es ist, bei Jesus Christus zu bleiben

Meine Brüder, an dieser Stelle kann ich euch nur ermutigen, zu Jesus Christus zu kommen. Erzählt ihm, wie sehr ihr von dem Bösen angegriffen werdet, der im Verlangen nach euren Seelen lügt. Erzählt ihm, daß ihr ihn nicht durch eure eigene Kraft besiegen könnt. Fleht um seine Unterstützung, und ihr werdet ihn bereitfinden, euch zu helfen. ER ist bereit, euch beizustehen, euer Führer, Trost, Erretter und euer Alles zu werden. ER wird euch die Kraft geben, den feurigen Pfeilen des Teufels wiederstehen zu können. Somit werdet ihr nirgendwo jemanden geeigneteren finden können, euch zu erlösen, als Jesus Christus. ER weiß, was es bedeutet, versucht zu werden. ER wurde in der Wildnis von Satan versucht, und er wird euch die Unterstützung seines Geistes gewähren, dem Bösen zu widerstehen, und dann wird dieser von euch fliehen. In Jesus Christus habt ihr die Kraft, die ihr braucht, so wie der Teufel diese Kraft verliert. Deswegen fürchtet euch um des Namen des ewigen Gottes nicht, denn in seinem Namen sollt ihr alle geistlichen Amalekiter [1] überwinden. Laßt den Teufel und seine Diener wüten. Laßt sie Verwünschungen, ja sogar Morddrohungen aussprechen. Dennoch werden wir in Christus fröhlich sein, der sie alle unter seiner Gewalt hat. Niemals können sie weiter gehen, als ER ihnen erlaubt. Sie können wüten, und das schrecklich, dennoch kommen sie nicht weiter, als ihnen die Macht von oben gewährt wird.

Wenn sie die von ihnen begehrte Mißgunst ausleben könnten, würden nur wenige von uns mit heiler Haut davonkommen. Doch, gepriesen sei Gott, daß wir uns seinem Schutz anbefehlen dürfen. Er war bisher unser Beschützer, und wird dies auch weiterhin sein. Fleht somit weiterhin um die Unterstützung des Herrn in den Versuchungen, mit denen der Teufel euch angreift. Er ist ein mächtiger und überaus listiger Verführer. Er wäre zu mächtig für uns, wenn nicht die Kraft Christi mit uns wäre. Somit schaut auf Christus, damit er seinen Geist in unsere Herzen schickt und uns vom Fallen bewahrt. Wie steht es nun um eure Seelen und Gott, meine lieben Brüder in Christus? Ist Jesus euren Seelen wirklich kostbar? Was ist er euch wert? Niemals wird Christus von euch weggehen, wenn ihr nicht von ihm weggeht. Er wird die verfluchten Dinge dieser Welt ausrotten und in euren Herzen wohnen. Ihr seid Bürger des Himmels, und um Irdisches wollt ihr bemüht sein? Was sind die Freuden dieser Erde ohne ein Interesse am Herrn Jesus Christus? Ein Lächeln von ihm sollte mehr begehrt werden als Rubine, ja sogar die ganze Welt.

Wollen jene, die Jesus Christus als den gefunden haben, der ihnen beisteht, sie in allen Versuchungen dieses Leben unterstützt, jemals Ihn vergessen? Habt ihr nicht einen gnädigen Meister gefunden? Ist ER nicht der Edelste unter zehntausend und vollständig liebenswürdig? Nun seht ihr eine Art und Freundlichkeit in Christus, die ihr noch nie gesehen habt. Oh! Wie sehr wünschen wir es uns, Jesus bereits früher gekannt zu haben, und sehnen uns nach seiner Liebe. Es ist eine aufsteigende Liebe, beeindruckend, vergebend, sterbend, erhöhend, vermittelnd und verherrlichend. Es verschlägt mir die Sprache, wenn ich über die Liebe Jesu Christi rede, der mich liebte, bevor ich Ihn liebte. ER sah uns, wie wir in die Zerstörung rannten, blutverschmiert, voller Beulen, als Sklaven der Sünde, des Todes und der Hölle. Dann ging er an mir vorbei und sagte meiner Seele, „Lebe“. ER riß mich wie ein Scheit aus dem Feuer heraus. Es war die Liebe, die mich rettete. All das geschah einzig und allein aus der freien Gnade Gottes. Die gerinstge Erfahrung dieser Liebe erhebt mich bis aufs äußerste. Die Liebe und Gnade des gesegneten Jesu, der einem solchen Wrack so viel Gnade erwies! Oh meine Brüder, das Reich Gottes ist in mir, und er füllt mich derart mit Liebe aus, daß ich nie wieder zurück möchte, nicht für Abermillionen dieser Welten. Ich begehre es mit Jesus zu sein, mit dem Herrn zu sein, der mich erworben hat, für alle Ewigkeit mit dem Lamm zu leben, das geschlachtet wurde, und ihm Hallelujas zu singen. Selbst die Ewigkeit ist zu kurz, um die Liebe unseres Herrn Jesus Christus zu preisen. Ich kann es in der Tat einfach nicht lassen, immer und immer und immer wieder vom Herrn Jesus zu reden.

Wenn hier jemand anwesend sein sollte, der die Liebe des Herrn Jesus Christus nicht kennt, verzweifele nicht! Komm zu Christus, und er wird mit dir Gnade haben, er wird dir alle deine Sünden vergeben, dein Versagen heilen, dich aus freien Stücken lieben und dich zu sich ziehen… Eilt so zu Christus, und ihr sollt Ruhe für eure Seelen finden, meine lieben Brüder. Ihr müßt euch nicht fürchten, ihr müßt nicht verzweifeln, denn wenn Gott mit einem solchen Kadaver, wie ich es bin, Gnade hatte, wird er auch euch erretten, wenn ihr im Glauben zu ihm kommt.

Warum zögert ihr noch? Was! Ihr meint, ihr seid arm, und deswegen beschämt zu kommen? Es ist nicht eure Armut, die Christus im Sinn hat. Kommt in euren Lumpen, in eurem Dreck, und er wird euch retten! Hängt an keinem Ding außer dem Blut Jesu Christi. Bleibt nicht eine Stunde länger wach, sondern gebt eure Herzen Christus. Gebt ihm die Erstlinge der Herde. Kommt jetzt zu Ihm, ansonsten reißt ER euch heraus, bevor ihr bereit seid, und eure Seele kommt in den Abgrund, aus dem es keine Erlösung mehr gibt.

Zögert nicht, sondern gebt ihm das, was er begehrt: Euere Herzen. Es ist das Herz, das der Herr Jesus Christus wünscht. Habt ihr dann einen inneren Keim, der durch Jesus Christus in eure Herzen gepflanzt wird, dann werdet ihr die Süße und die Freude der Gemeinschaft mit Gott spüren. Bedenkt die Liebe des Herrn Jesu Christi, der für euch starb, meine lieben Brüder! Und ihr wollt leichtsinnig an seiner im Sterben offenbarten Liebe vorbeigehen? Eure Sünden brachten Christus vom Himmel, und ich bete demütig zu dem Herrn, daß sie nicht das Mittel sind, um euch in die Hölle zu schicken. Welche Sprache wird euch bewegen, eure Sünden zu verlassen und zu Christus zu kommen? Wenn ich das bloß wüßte! Wenn es in meiner Kraft läge, euch diese Gnade zu geben, dann würde nicht einer von euch, auch nicht der größte Spötter, von hier gehen, ohne daß er ein verändertes Herz hätte. Dann würden wir uns freuen und uns gegenseitig erbauen. Doch dies liegt nicht in meinem Vermögen. Ich weiß aber, wo ihr sie findet, nämlich beim Herrn Jesus. ER wird sie euch geben, wenn ihr Ihn darum bittet, denn ER hat gesagt, „Bittet, so soll euch gegeben werden“. Somit bittet Ihn, und wenn ihr abgewiesen werdet, wiederholt eure Bitte, drängt Ihm euch auf, und er wird sich zu euch wenden, wie ER sich der syrophönizischen Frau [2] zuwandte, die wegen ihrer Tochter zu Christus kam. Wenn sie sich so sehr um einen Körper bemühte, wie sehr sollten wir um unsere Seelen bangen? Wenn ihr Ihn im Glauben aufsucht, wird seine Antwort dieselbe sein, die auch sie hörte, „Dein Glaube hat dich gerettet, es geschehe, wie du es erbeten hast.“

Ich flehe euch an, sucht den Herrn. Verachtet nicht die Gelegenheiten, die euch für die Rettung eurer Seelen geboten werden. Darum flehe ich.ßeure Versammlungen nicht, damit ihr erbaut werdet und die, die schwach sind, im Glauben gestärkt werden. Überführt Sünder, damit diese die Kraft Gottes in ihrem Herzen spüren und ausschreien können: „Was muss ich tun um gerettet zu werden?“

Der Teufel und seine Akteure haben ihre Klubs des Schwelgens und ihre Gesellschaften der Trunkenheit. Sie schämen sich nicht, daß man sie als Diener Satans sieht und hört. Sie schämen sich nicht, ihn zu verkündigen. Wie viel weniger solltet ihr euch des Herrn Jesu Christi schämen. Vielmehr begehrt ihr es, Jesus zu verkündigen, der dafür starb, damit ihr leben sollt. Er wird euch beim Vater und den heiligen Engeln vertreten. Begehrt somit von Herzen das Gute. Fürchtet euch nicht vor den Menschen! Laßt die Anschläge der Menschen dieser Welt euch nicht bewegen. Was ist schon der Verlust der Größe, Freude und Reputation dieses Lebens, verglichen mit dem Verlust des Himmels, Christi und eurer Seelen? Beachtet auch nicht die Anschuldigungen dieser Welt. Wenn Sie euch beschuldigen, rächt euch nicht. Antwortet niemals auf Tadel mit Tadel. Sondern laßt Liebe, Freundlichkeit, Demut, Geduld und Langmut in euch gefunden werden, als solche, die in Jesus gesegnet sind. Ich fordere euch somit auf, euch regelmäßig zu versammeln, um euch gegenseitig daran zu erinnern, welch große Dinge Jesus Christus für eure Seelen getan hat.

Entgegen einigen heuchlerischen Behauptungen fordere ich euch nicht auf, eure berufsmäßige Berufung, und eure Geschäfte, in die Gott euch in seiner Vorsehung gesetzt hat, zu verlassen. Denn ihr habt zwei Berufungen, eine allgemeine und eine besondere. Es ist eure Pflicht, euere Familien zu versorgen. Aus welchem Grund auch immer ihr diese vernachlässigen mögt, ob es nun um die Kirche oder in die Gesellschaft geht, habt ihr eure Pflicht vergessen und ihr opfert etwas, was Gott euch nicht befohlen hat. Jedoch solltet ihr euch darum sorgen, daß die Dinge dieses Lebens euch nicht daran hindern, sich für das vorzubereiten, was noch kommen soll. Laßt die Geschäfte dieser Welt euch nicht gedankenlos über eure Seelen machen. In allen euren Verantwortlichkeiten, in jeder Beschäftigung des Lebens, seid allezeit festen Blickes auf die Ehre Gottes ausgerichtet, die die Rettung eurer Seelen ist.

Der Abend schreitet voran und drängt mich zu einer Schlußfolgerung. Obwohl ich denke, daß ich reden könnte, bis mir die Zunge ausfällt, ja bis ich nicht mehr reden kann, wenn dies nur eure Seelen aus den Klauen dessen retten könnte, der euch zu verführen sucht.

Ich flehe euch deshalb in Liebe und Anteilnahme an.  Zunächst euch, die ihr Pharisäer seid. Ihr, die ihr nicht zu Christus kommt, sondern auf euere eigene Gerechtigkeit vertraut. Die ihr denkt, daß alles gut gehen wird, da ihr ja ein bürgerliches, ehrliches und anständiges Leben führt. Doch seid gewarnt, ihr Pharisäer, daß Ehebrecher, Mörder und Diebe eher in das Reich Gottes kommen als ihr. Wähnt euch nicht auf dem Weg zum Himmel, wenn ihr auf dem breiten Weg in die Hölle seid. Werft eure Gerechtigkeit weg und kommt zu Christus. Laßt euch daran genügen, daß Jesus Christus die ganze Arbeit für euch und in euch macht. Denn Christus ist willig, euer Retter zu sein. Doch wenn ihr mit euren eigenen Werken daherkommt und in diesen hofft gerecht zu werden, könnt ihr eine Ewigkeit danach suchen, in diesen gerecht zu werden, und es wird euch nie gelingen. Nein, nur das Blut Jesu Christi reinigt uns von aller Unreinigkeit und Verschmutzung unserer Sünden. Ihr müßt geheiligt werden, bevor ihr gerechtfertigt werdet. Was die guten Werke angeht, seid ihr vor Gott unabhängig von diesen gerechtfertigt. Ob es nun vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Werke sind. Wenn wir gerechtfertigt sind, werden gute Werke unserer Rechtfertigung folgen, denn wir können keine guten Werke tun, bis wir nicht von unserer Unreinigkeit durch die Heiligung des Heiligen Geistes gereinigt sind.

Oh, ihr Spötter, kommt und seht auf diesen Jesus, diesen Herrn der Ehre, den ihr verachtet. Wenn ihr doch nur zu Jesus kommen möchtet, wird er euch annehmen, unabhängig all der Verfolgung, die ihr gegenüber seinen Gliedern entgegengebracht habt. Doch bedenkt dabei, daß, wenn ihr ihr in eurer Rebellion verharrt, euch das Heil angeboten wurde. Christus und freie Gnade wurde euch angeboten. Ihr jedoch lehntet beides ab. Somit wird euer Blut von euren Händen gefordert werden.

Wie auch immer ihr mich und meinen Dienst verachten möchtet, ich werde das nicht beachten und euch weiterhin regelmäßig vor dieser Gefahr warnen, und versuchen euch zur Besinnung zu bringen. Ich werde ernstlich und voller Mitleid für euch beten, daß Gott euch eure Fehler zeigen und euch zu seiner Herde bringen möge, damit aus euch brüllenden Löwen friedliche Schafe werden können.

Nun auch ein Wort an euch, meine Brüder, die Christus den Herrn begehren und seine Kraft in ihren Seelen erleben möchten. Wie oft empfindet ihr eure Wünsche und Gebete unbeantwortet. Haltet an und Christus wird sich euch offenbaren, wie ER es in der Welt nicht tut. Ihr werdet die Liebe Jesu in euren Seelen sehen und spüren. Ihr werdet in eurer eigenen Brust ein Zeugnis davon haben, daß ihr dem Herrn gehört. Fürchtet euch somit nicht, denn der Herr Jesus Christus wird euch mit seinen Erwählten versammeln, wenn er am großen Tag des Gerichts erscheinen wird, um jeden gemäß seinen Werken im Leibe zu richten, ob sie nun gut oder böse seien. Möge doch der Gedanke an unsere Verantwortung vor Gott für alle unsere Taten uns ernster über die Konsequenzen derselben machen.

Schließlich will ich mich an euch wenden, Hohe und Niedrige, Reiche und Arme. Einem jeden von euch rufe ich zu, die Güte und Gnade zu akzeptieren, solange sie angeboten wird. Nun ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Wollt ihr es jetzt nicht annehmen? Wartet nicht auf einen besonderen Moment, sondern kommt und nehmt Jesus Christus an. Dann sollt ihr am letzten Tag für immer zu den Seinen genommen werden. Wie sehr schenkt euch dies die Sehnsucht, mit Jesus zu sein, der so viel für euch getan hat. Dieser tritt nun für euch ein und bereitet die Wohnungen für euch vor. In diesen werden wir ankommen und für alle Ewigkeit Ruhe finden.

(George Whitefield)

[1] Gemeint ist höchst wahrscheinlich 2. Mose 17, 8ff.

[2] Die Begegnung Jesu mit der syrophönizischen  Frau schildert Markus in Markus 7, 26ff.


Eingestellt am 26. September 2023 – Letzte Überarbeitung am 22. April 2024