Hebräer 11, 6

Aber ohne Glauben ist’s unmöglich, Gott zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß er ist und daß er denen, die ihn suchen, ihren Lohn gibt [ein Vergelter sein werde, LUT 1912] (Hebräer 11, 6)

Moses hat von dem Patriarchen Henoch (1. Mose 5, 21-24) geschrieben, daß er ein göttliches Leben geführt, oder mit Gott gewandelt habe; worauf ihn auch Gott als einen Mann, der nach dem Maß des damaligen Alters noch jung gewesen, hinweggenommen habe, daß er unter den Sterblichen nicht mehr gesehen worden. Wer mit Gott wandelt, darf freilich mit Gott nicht als mit Seinesgleichen umgehen, sondern erkennt, daß Gott ein ewiger, heiliger, Alles durchdringender, Alles beherrschender und belebender Geist sei: da dann der Mensch, der mit Ihm wandeln oder Seine gnädige und wirksame Gegenwart allenthalben genießen will, sich immer bestreben muß, Ihm gefällig zu sein, und deswegen hat Paulus Hebr. 11, 5. von dem Henoch geschrieben: er habe vor seinem Wegnehmen das Zeugnis gehabt, daß er Gott gefallen oder gefällig zu sein sich beflissen habe, und hernach (Vers 6) hinzugesetzt, ohne Glauben sei es unmöglich, Gott zu gefallen.

Wer also einen Henochianischen Wandel führen will (woran auch der Ehestand nicht hindern soll), muß vor allen Dingen gläubig werden. Wer nur scharfsinnig denken, wer nur seine Phantasie mit Bildern füllen, wer seinen Leib plagen, wer seinen äußerlichen Stand mit einem andern verwechseln will, findet durch dieses Alles Gott noch nicht. Wer mit Ihm wandeln will, muß vor allen Dingen zu Ihm kommen oder hinzunahen; wer aber zu Ihm kommen will, muß glauben, daß Er sei, wer Er ist, nämlich ein lebendiges, gütiges, heiliges Wesen, das einen Menschen mit Sich selbst beleben und vergnügen kann. Dieser Glaube ist die Neigung des menschlichen Herzens zu Gott, deren Sich Gott nicht entziehen wird.

Wer mit diesem Glauben zu Ihm kommt, von dem läßt Er Sich finden und genießen. Weil aber bei dem Wandel mit Gott die mannigfaltigen Leiden dieser Zeit nicht ausbleiben, und die menschliche Seele ohne zuversichtliche Hoffnung darin nicht aushalten könnte, so soll sie auch glauben, daß Gott denen, die Ihn suchen, ein Vergelter sein werde, folglich Hoffnungsblicke auf die selige Ewigkeit und besonders auf den Tag Jesu Christi bekommen. Paulus hatte gesagt (Hebr. 11, 1): Der Glaube ist eine gewisse Zuversicht des, das man hofft, und nicht zweifelt an dem, das man nicht sieht. Dasjenige nun, das man nicht sieht, ist Gott selbst, und dasjenige, das man hofft, ist Seine Vergeltung. Hier muß nun eine Seele eine gewisse Ueberzeugung und Zuversicht oder Festigkeit bekommen. So lange sie den Unglauben für entschuldbar oder gar für eine Tugend hält, kommt sie nicht weiter. Durch den Glauben muß sie zu Gott nahen, und Ihn, wenn sie Ihn gefunden hat, noch weiter suchen. Auf diese Weise wird der Henochianische Wandel angerichtet und fortgeführt.

Es fehlte dem Henoch nicht an der Erkenntnis Jesu Christi; denn er weissagte von Seiner Zukunft zum Gericht (Judas 1, 14-15). Was Henoch weiter von Christo erkannt habe, wissen wir nicht, weil Moses nicht Alles, was die Patriarchen wußten, aufgeschrieben hat. Jetzt soll sie freilich reichlicher bei uns sein, und einen Wandel mit Gott bei uns anrichten, wie er Gal. 2, 20, 1. Joh. 1, 3; 3, 23.24. beschrieben wird.

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle: Glaubensstimme – Hebräer, Kapitel 11

Siehe auch:

Bremicker, Ernst August: Die Weissagung Henochs (Judas 1, 14-15). In: haltefest 1999, S. 62. Beröa-Verlag – Zürich/Schweiz.


Eingestellt am 4. Mai 2024