II. Die Geistestaufe

Es wurde in den letzten Jahren viel von Geistestaufe geredet und gepredigt, nicht
immer in biblischer Weise. Wenn wir in die Heilige Schrift hineinschauen, so
erkennen wir, daß jedes Gotteskind den Heiligen Geist hat. Der Apostel Paulus sagt
in Röm. 8 klar: „Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein“, und an die Epheser schreibt er Kap. 1, 13: „Da ihr glaubtet, seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung.“

Das ist also eine Tatsache, mit der jedes Gotteskind rechnen darf. Ein jedes Gotteskind darf auch damit rechnen, daß der Heilige Geist, der in ihm wohnt, ihm immer aufs neue ein Gestärktwerden mit Kraft an dem inwendigen Menschen gibt (Eph. 3, 16), so
daß es jeden Dienst in gottwohlgefälliger Weise tun kann. Der Geist der Weisheit und der
Kraft muß aber immer aufs neue erfleht werden (Eph. 1, 17; 3, 44ff).

Ein jedes Gotteskind soll auch voll Geistes werden, so daß es ein Vorbild ist den
Gläubigen „im Geist“. Das geschieht aber nicht so, wie wir in dieser Bewegung belehrt
werden, sondern einfach dadurch, daß wir in aller Treue unsere Füße in die Fußstapfen
Jesu Christi setzen, die Er uns auf Erden zurückgelassen, und diese Fußspuren führen uns
hinein in das tägliche Kreuzleben, in dem dann auch die Kraft und die Fülle des Heiligen
Geistes offenbar wird.

Viele Gotteskinder hatten, wenn auch in guter Meinung, andere Erwartung, und da
hat sich der Satan als ein Engel des Lichts dazwischen geschoben und hat eine
Geistestaufe gegeben, wie sie trauriger nicht sein kann. Daß der Teufel ein besonderes
Interesse daran hat, Gotteskindern eine Taufe mit seinem Geist zu geben, um auf diese
Weise um so leichter Beziehungen mit ihnen zu unterhalten, kann man gut verstehen.
Wie denke ich nun heute über die Geistestaufe in dieser Bewegung? Ich muß nach
den Beobachtungen, die ich gemacht habe, drei Stufen unterscheiden.

1.  D i e  S t u f e  d e r  U m n e b e l u n g.

Leute, die unter den Geist dieser Bewegung kommen, erhalten als erste Gabe ein unklares Urteil. Der Heilige Geist gibt gerade das Gegenteil: Er gibt geistlichen Verstand. Manche erhalten auf dieser Stufe der Geistestaufe Visionen, die aber, wie die Geistestaufe
selbst, absolut gar keinen Wert haben, sondern bloß zur Irreführung dienen. Bei manchen
entsteht durch die Umnebelung eine Sucht nach Handauflegung. Man sehnt sich nach den
Händen der Geistgetauften, um unter ihren Einfluß zu kommen. Wer so in den Geistesnebel dieser Bewegung hineingekommen ist, ist in besonderer Weise geöffnet für weitere Verführungskünste dieses Geistes. So weiß ich, daß ein Bruder, der 1907 in den Nebel dieser Geistesbewegung hineinkam, aber keine weitere Erfahrung machte, nach 2 Jahren durch das bloße Lesen der Pfingstgrüße in seiner Wohnung von dem Geist befallen wurde und das Zungenreden bekam.

2.  D i e  S t u f e  d e r  D u r c h s t r ö m u n g.

Auf dieser Stufe merkt man, daß der Leib mit Kräften durchströmt wird. Es entstehen in manchen Fällen Krankenheilungen. Auf dieser Stufe erhalten die meisten das Zungenreden. Doch bedarf es, wie aus Berichten genügend bekannt ist, oft vieler Zeit, ehe aus dem Leibe des Menschen ein willenloses Organ wird, das dieser Irrgeist benutzen kann. So ist mir ein Fall bekannt, wo der Leib eines Bruders 8 Tage lang von dieser Macht bearbeitet wurde, bis er dann endlich anfing, in Zungen zu reden. Dann lautete nach 8 Tagen der Bearbeitung durch diesen Geist der erste Satz des Zungenredners in der Auslegung: „Du, Gott, hast mich legitimiert.“

3.  D i e  S t u f e  d e r  B e s e s s e n h e i t.

Es ist dem Leser wohl selbstverständlich, daß die einzelnen Stufen, die ich hier anführe, nicht immer so scharf abgegrenzt sind wie auf dem Papier. Man kann offenbar bei der Besessenheit unterscheiden zwischen einer momentanen und einer andauernden.

M o m e n t a n e  B e s e s s e n h e i t  ist jedenfalls in den Fällen, wo die Prophetie aus
dem Menschen gleichsam herausgeboren wird.

A n d a u e r n d e  B e s e s s e n h e i t  scheint nur da zu sein, wo bei der betreffenden
Person noch eine Unlauterkeit war. Doch will ich hier mit meinem Urteil zurückhaltend
sein.

Ich glaube an Besessenheit dann, wenn die betreffende Person einen anderen Gesichtsausdruck, gleichsam einen zweiten Blick, bekommt, so daß man den Eindruck
hat, daß man nicht  e i n e m, sondern 2 Wesen gegenüber stehe. Ferner glaube ich an
eine Besessenheit da, wo das Zungenreden nicht mehr zurückgehalten werden kann. Auch
dann ist Besessenheit anzunehmen, wenn von einer Person gemeine Worte ausgesprochen werden  m ü s s e n, die die betreffende Person sonst nicht in den Mund zu nehmen pflegt.

Auch scheint mir Besessenheit dann vorzuliegen, wenn Personen schwebend werden.

Es ist das in der Bewegung wiederholt vorgekommen, sowohl in Deutschland als auch in Zürich. Auch hat mir eine der norwegischen Schwestern in Gegenwart von anderen erzählt, daß Barratt einmal in der Versammlung von einem Zimmer in das andere geflogen sei. In diesen Fällen liegt wahrscheinlich Besessenheit vor, doch halte ich es auch nicht für
ausgeschlossen, daß es sich dabei nur um eine starke Beeinflussung von Seiten der
verführerischen Macht handelt.

Mir sind vier Fälle von wirklicher Besessenheit bekannt geworden, doch sind diese Personen durch gläubiges Gebet verhältnismäßig leicht von der Besessenheit frei
geworden.

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Aus: Dallmeyer, Heinrich / Schrenk, Elias: Erfahrungen in der Pfingstbewegung, Neumünster, [1909]

Weblinks und Verweise

“Geistestaufe” und die “Lehre vom reinen Herzen”: Artikel über die abweichende Pneumatologie der Pfingstbewegung, bei: apologetblog.wordpress.com