Wie wird uns sein (Spitta, Württ. Gesangbuch 1912 #548)

1

Zukunft des Herrn, Gericht, ewiges Leben

1) Wie wird uns sein, wenn endlich nach dem schweren,
doch nach dem letzten ausgekämpften Streit
wir aus der Fremde in die Heimat kehren
und einziehn in das Tor der Ewigkeit;
Wenn wir den letzen Staub von unsern Füßen,
den letzen Schweiß vom Angesicht gewischt
und in der Nähe sehen und begrüßen,
was oft den Mut im Pilgertal erfrischt!

2) Wie wird uns sein, wenn wir vom hellen Strahle
des ew’gen Lichtes übergossen stehn
und – o, der Wonne! – dann zum ersten Male
uns frei und rein von aller Sünde sehn;
Wenn wir, durch keinen Makel ausgeschlossen
und nicht zurückgescheucht von Schuld und Pein,
als Himmelsbürger, Gottes Hausgenossen,
eintreten dürfen in der Sel’gen Reihn!

3) Wie wird uns sein, wenn wir mit Beben lauschen
dem höhern Chor, der uns entgegentönt;
wenn goldne Harfen durch die Himmel rauschen
das Lob des Lammes, das die Welt versöhnt!
Wenn weit und breit die heil’ge Gottesstätte
vom Halleluja der Erlösten schallt
und dort der heil’ge Weihrauch der Gebete
empor zum Thron des Allerhöchsten wallt!

4) Wie wird uns sein, wenn nun dem Liebeszuge
zu Dem, der uns den Himmel aufgetan,
mit ungehaltnem, sehnsuchtsvollem Fluge
die frei gewordne Seele folgen kann;
Wenn nun vom Aug‘ des Glaubens lichte Hülle
wie Nebel vor der Morgensonne fällt
und wir den Sohn in seiner Gottesfülle
erblicken auf dem Thron als Herrn der Welt!

5) Wie wird uns sein, wenn wir Ihn hören rufen:
„Kommt, ihr Gesegneten!“ wenn wir, im Licht
dastehend an des Gottesthrones Stufen,
Ihm schauen in sein gnädig Angesicht;
die Augen sehn, die einst von Tränen flossen
um Menschennot und Herzenshärtigkeit –
die Wunden, die das teure Blut vergossen,
das uns vom ew’gen Tode hat befreit!

6) Wie wird uns sein? O, was kein Aug‘ gesehen,
kein Ohr gehört, kein Menschensinn empfand,
das wird uns werden, wird an uns geschehen,
wenn wir hineinziehn, ins gelobte Land.
Wohlan, den steilen Pfad hinangeklommen!
Es ist der Mühe und des Schweißes wert,
dahin zu eilen und dort anzukommen,
wo mehr, als wir verstehn, der Herr beschert.

7) Wie wird uns sein, wenn jeder Blick zur Erde,
ins dunkle Tal, das uns zu Füßen liegt,
und jeder Blick auf jegliche Beschwerde,
die wir, im Glauben wallend, einst besiegt,
die Herrlichkeit des Himmels uns verkläret
und den Genuß des Friedens sel’ger macht,
die Freude würzet und die Liebe nähret
zu dem, der herrlich uns hindurchgebracht!

8) Wie wird uns sein? O, was kein Aug‘ gesehen,
kein Ohr gehört, kein Menschensinn empfand,
das wird uns werden, wird an uns geschehen,
wenn wir hineinziehn ins gelobte Land.
Wohlan, den steilen Pfad hinangeklommen!
Es ist der Mühe und des Schweißes wert,
dahin zu eilen und dort anzukommen,
wo, mehr als wir verstehn, der Herr beschert.

Carl Johann Philipp Spitta (1801-1859)

Liedtext: Carl Johann Philipp Spitta (1801-1859)
Melodie: Choralbuch 153 (108), Gütersloh 1852 O selig Haus, wo man dich aufgenommen;
Französ. Psalter 1547 (F. Silcher 1843);
nach einem „Lied ohne Worte“, op. 30 Nr. 3 von Felix Mendelssohn-Bartholdy

Geschichte zum Lied

Der Stadtmissionar in Riga (Lettland), Bernhard von Bötticher, wurde im November 1918 auf dem Weg zu einer Witwe, deren Mann erschossen worden war, verhaftet. O. Michaelis berichtet im „Märtyrerbuch“, daß von Bötticher auch im Gefängnis Bote seines Herrn geblieben war. Am 19. März 1919 wurde er zusammen mit vielen anderen Delinquenten erschossen. In der Nähe seiner Leiche fand man ein aufgeschlagenes Feldgesangbuch. Eine Liedstrophe war angestrichen:

Wie wird uns sein, wenn endlich nach dem schweren,
doch nach dem letzten ausgekämpften Streit
wir aus der Fremde in die Heimat kehren
und einziehn in das Tor der Ewigkeit.

Quelle: S. Hermle, in: „Ihr Ende schaut an …“ – Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Herausgegeben von Claudia Bendick, Andreas Kurschat, Harald Schultze. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig.

Sondern wie geschrieben steht: „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“ (1. Korinther 2, 9)

Weblinks und Verweise zum Lied

„Wie wird uns seyn!“, in: Psalter und Harfe. Erste Sammlung christlicher Lieder zur häuslichen Erbauung “ von Carl Johann Philipp Spitta. Dreiundwanzigste Auflage, S. 157. Leipzig, Verlag von Robert Friese. 1861.

Gesangbuchseite bei hymnary.org

Lied Nr. 548: Gesangbuch für die evangelische Kirche in Württemberg, Schmuckausgabe, S. 575f. (Verlagskontor des evangelischen Gesangbuchs, Stuttgart 1912)

Lied Nr. 311: Evangelisches Gesangbuch „Die kleine Palme mit Anhang“, Verlag der Vereinigten Evangelischen Kirche, Harrisburg, Penn./U.S.A., 1895 (mit 4st. Notensatz, externer Link zu Hymnary.org)

Liedeintrag bei christmysong.com

Notensatz, 4stimmig (pdf, Joh. Th. Rüegg, externer Link zu christmysong.com)

Notensatz 2, 4stimmig (pdf, Joh. Th. Rüegg, externer Link zu christmysong.com)

Notensatz, 4stimmig (Gütersloh 1852,  „O selig Haus“, externer Link zu liederindex.de)

Audiodatei (mp3, Gütersloh 1852, „O selig Haus“, externer Link zu liederindex.de)

Notensatz, 4stimmig (pdf, Bearbeitung nach einem „Lied ohne Worte“, op. 30 Nr. 3
von Felix Mendelssohn-Bartholdy, externer Link zu liederindex.de)

Notensatz, 1stimmig (pdf, Christian Hählke 2012, externer Link zu christianhaehlke.de)

Audiodatei (mp3, Mendelssohn-Bartholdy, externer Link zu liederindex.de)

Notensatz, 4stimmig (Aus den Brüggener Liedern, externer Link zu Hymnary.org)

Käte Hardeland: Philipp Spitta – Der Sänger von „Psalter und Harfe“ (Band 121/122 der Sammlung Zeugen des gegenwärtigen Gottes): (Download des Buches als pdf von sermon-online.de)

Liedvortrag (Instrumente/Sologesang; externer Link zu youtube)


Eingestellt am 14. März 2020 – Letzte Änderung am 26. Oktober 2023