Johann Walter (alias Johann Blanckenmüller, auch Johannes Walter, Johann Walther; * 1496 in Kahla; † 10. April 1570 in Torgau) war ein Komponist, Kantor und Herausgeber des ersten evangelischen Chorgesangbuchs (Geistliches Gesangbüchlein, 1524).
Johann Walter wurde 1496 als Sohn seines gleichnamigen Vaters im ernestinischen Kahla geboren. Da sein Vater die Blanckenmühle bewirtschaftete, wurde die Familie auch Blanckenmüller genannt. Aufgrund einer Sehschwäche wurde der Sohn von einem Kahlaer Verwandten, ebenfalls namens Walter, aufgenommen und großgezogen.
Nach seinem Schulbesuch in Kahla und Rochlitz sowie nach seinem begonnenen Universitätsstudium in Leipzig kam er, nachdem er sich mit seinem Eyn geystlich Gesangk Buchleyn|Geistlichen Gesangbüchlein von 1524 am ernestinischen Hof als Komponist beworben hatte, um 1525 als Sänger und Komponist in die kursächsische Hofkapelle nach Torgau. Leider verstarb der auf eine reichhaltige Hofmusik bedachte Kurfürst Friedrich der Weise bereits im selben Jahr. Sein Nachfolger Kurfürst Johann der Beständige legte keinen Wert auf Figuralmusik und löste 1526 die Hofkantorei auf, nachdem Walter noch im Herbst 1525 zusammen mit Martin Luther in Wittenberg die Reform der „deutschen Messe“ in die Wege geleitet hatte.
Um sich weiterhin musikalisch betätigen zu können, gründete Walter 1526 die Stadtkantorei, eine Gruppe sangesfreudiger erwachsener Torgauer Bürger, mit denen er (zusammen mit den Chorschülern) die neue Kirchenmusik einstudierte und in der Marienkirche aufführte. Damit war eine neue Struktur bürgerlich-evangelischen Musizierens geschaffen, die schnell auf andere Gemeinden übergriff, zu einer ganz neuen Institution, dem evangelischen Kantoreiwesen, avancierte und noch heute in den Kantoreien der Kirchgemeinden weiterlebt. Deshalb gilt Johann Walter als „Urkantor“ der evangelischen Kirche.
1530 wurde außerdem ein besonderes Schulkantorat für Johann Walter eingerichtet, das die Unterweisung der Schüler in Musik vorsah. Einer seiner Torgauer Schüler war Georg Otto (1550–1618), der wiederum Lehrer von Heinrich Schütz wurde. Im gleichen Jahr komponierte er die beiden Passionen (Matthäus-Passion und Johannes-Passion), die der Maßstab der deutschen „Protestant“ Passionen wurde (und weiterhin in der Liturgie zum Palmsonntag und Karfreitag in Leipzig verwendet werden bis weit in das 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts). Mehrere kurfürstliche Zuwendungen stockten das knappe Schulgehalt auf, so dass Walter 1532 sogar ein Häuschen erwerben konnte.
Zehn Jahre nach ihrer Gründung wurde die Stadtkantorei schließlich auch finanziert: Seit 1536 erhielt sie vom neuen Kurfürsten Johann Friedrich dem Großmütigen eine jährliche Stiftung sowie über den Gemeinen Kasten der Stadt weitere Gelder, mit denen Notenbücher angeschafft werden konnten, die Walter zum Teil selbst herstellte. Walters größter Wunsch jedoch – seine Mitwirkung in den Hofgottesdiensten – blieb ihm noch lange verwehrt. Erst anlässlich einer großen Fürstenhochzeit 1542 durfte die Stadtkantorei mitwirken, und erst nach der Weihe der evangelischen Schlosskapelle 1544 nahmen die über Gehälter und Schulzulagen vergüteten Dienste am Hof regelmäßigen Charakter an.
Leider hielt auch dieser für Walter ideale Zustand nicht lange an, denn infolge des Schmalkaldischen Krieges gelangte Torgau in albertinischen Besitz. Kurfürst Moritz ernannte Walter zwar zum Kapellmeister seiner 1548 neu gegründeten Hofkantorei, doch diesen hohen Posten füllte Walter aufgrund kirchenpolitischer und musikalischer Konflikte (Leipziger Interim, Engagement ausländischer Musiker) nicht lange aus. Nachdem die Kantorei wegen umfangreicher Baumaßnahmen am Dresdner Schloss erst 1550/52 nach Dresden umgezogen war, ließ sich Walter bereits 1554 pensionieren und ging nach Torgau zurück. Immerhin konnte er noch die Weihe der seit 1554 genutzten neuen Dresdner Schlosskapelle mitgestalten.
Walters letzte Lebensjahre waren geprägt von Kompositionen und Dichtungen, die er seinen ehemaligen Landesherren widmete. So wie er als Komponist seine Karriere am ernestinischen Hof begann, so beschloss er sein musikalisches Wirken in großer Dankbarkeit den ernestinischen Fürsten gegenüber. Als Johann Walter im Jahr 1570 im Alter von 74 Jahren starb, blickte er auf 45 Jahre zurück, die er in Torgau verbracht hatte.
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