Aus meines Herzens Grunde

1) Aus meines Herzens Grundes
sag ich dir Lob und Dank
in dieser Morgenstunde,
dazu mein Leben lang,
o Gott! in deinem Thron,
dir zu Lob, Preis und Ehren
durch Christum, unsern Herren,
dem eingebor’nen Sohn.

2) Daß du mich aus Gnaden
in der vergang’nen Nacht
vor G’fahr und allem Schaden
behütet und bewacht.
Ich bitt‘ demütiglich,–
wollst mir mein Sünd vergeben,
womit in diesem leben
ich hab erzürnet dich.

3) Du wollest auch behüten
mich gnädig diesen Tag,
vor ’s Teufels List und Wüten,
vor Sünden und vor Schmach;
vor Feu’r und Wassersnot,
vor Armut und vor Schanden,
vor Ketten und vor Banden,
vor bösem schnellen Tod.

4) Mein Seel, mein Leib, mein Leben,
mein Weib, Gut, Ehr und Kind,
in deine Händ tu geben,
dazu mein Hausgesind‘,
ist dein Geschenk und Gab!–
mein Eltern und Verwandten,
mein Brüder und Bekannten,
und Alles, was ich hab.

5) Dein Engel laß auch bleiben
und weichen nicht von mir,
den Satan zu vertreiben,
auf daß der Feind an mir
in diesem Jammertal,
sein Tück‘ an mir nicht übe,
Leib und Seel nicht betrübe
und bring mich nicht zu Fall.

6) Gott will ich lassen raten,
denn er all‘ Ding vermag.
Er g’segne meine Taten,
mein Vernehmen und Sach!
Denn ich ihm heimgestellt
mein Leib, meine Seel, mein Leben
und was er mir sonst ‚geben:
Er mach’s, wie’s ihm gefällt!

7) Darauf so sprech ich Amen,
und zweifle nicht daran:
Gott wird es All’s zusammen
ihm wohlgefallen la’n.
Und streck nun aus mein Hand
greif an das Werk mit Freuden,
dazu mich Gott bescheiden
in mein’m Beruf und Stand.

Liedtext: 1586, Georg Niege (1525-1589)
vermutl. irrtümlich Johann Silesius zugeschrieben
Melodie: Hamburg 1598, David Wolder, Neu Catechismus Gesangbüchlein

Georg Niege ging, nachdem er 1545 an der Universität Marburg das Baccalauréat der freien Künste erworben hatte, unter die Landsknechte. Er nahm als einfacher Söldner, später als Musterschreiber, seit 1564 als Hauptmann an zahlreichen Kriegen und Feldzügen im Reich, in Schottland und in Schweden teil. Durch die Vermittlung des Söldnerführers Georg von Holle erhielt er 1567 das Amt eines Sekretärs der Land- und Ritterschaft des Hochstifts Minden. 1569 bis 1576 verwaltete er das Amt Hausberge, konnte sich aber nicht in dieser Stellung behaupten. 1578 zog er als Schultheiß unter Caspar Müller in den niederländischen Krieg. Seine letzten Jahre verbrachte er als Administrator der Johanniterkommende Lage bei Osnabrück und als Privatmann in Herford.

Niege hat deutsche und lateinische Gedichte verfasst, außerdem eine gereimte Autobiografie. Einige der Lieder vertonte er auch. Zu seinen Lebzeiten gelangte davon wenig zum Druck. Bekannt wurde allerdings sein Lied „Aus meines Herzens Grunde“, eins der populärsten protestantischen Kirchenlieder (Evangelisches Gesangbuch Nr. 443). Er war ein gewandter Dichter, humorvoll und ein gläubiger lutherischer Christ der philippistischen Richtung.

Quellen und Verweise:

Die oben wiedergegebene Liedfassung folgt der Nr. 605 im Evangelisch-Lutherischen Gesangbuch von Wisconsin und anderen Staaten, publ. Georg Brumder, Milwaukee/Wisconsin, 1872

Seite „Georg Niege“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 7. Februar 2016, 21:11 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Georg_Niege&oldid=151209859 (Abgerufen: 4. August 2020, 09:46 UTC)

Choraleintrag auf Bach Cantatas Website (BWV 269, auch mit englischer Übersetzung)

Liedeintrag bei Hymnary.org

Notensatz, 4stimmig  (Wolder, externer Link zu Hymnary.org)

Notensatz, 4stimmig  (Komp. unbekannt, externer Link zu liederindex.de)

Audiofiles der Melodie:    midi