Apostelgeschichte 15, 7-12 und 13-19

Der Boden, auf dem die Einigung zustande kam

Die Gnade Gottes.

Die zertrennte Christenschar fand sich zusammen auf einem Grunde, der auch heute noch alle wahren Jünger Jesu einigt, ob sie auch äußerlich durch mancherlei Organisationen und Lehrmeinungen getrennt sind. Welches ist dieser Boden? Es ist derBoden der Gnade Gottes, auf den die Rede des Petrus die Versammlung stellte (V. 11).

Solange man über äußere Gesetze und Formen verhandelte, ob die gläubig gewordenen auch noch die Beschneidung als äußeres Zeichen des Bundes mit Gott annehmen müßten oder nicht, gab es Streit und Zank. Als man sich aber in dem Wort zusammenfand: „Wir (die beschnittenen Judenchristen) glauben durch die Gnade des Herrn Jesus Christus selig zu werden, gleicherweise wie auch sie (die nicht beschnittenen Heidenchristen), da entstand liebliche Harmonie. Durch dieses Wort wurde man auf den einzigen, den gemeinsamen Heilsgrund der Gnade in Christo gestellt, auf dem allein wahre Einigkeit entstehen kann. Auf diesem Gnadenboden, der keinen Menschenruhm zuließ, der den Herrn allein groß machte, verband sich alles Getrennte wieder.

Wollen wir mit allen wahren Christen verbunden sein, dann laßt uns täglich fester und gründlicher auf den Gnadenboden treten und darauf bleiben. Da finden wir uns mit allen  Geistlich-arm-Gewordenen in Liebe zusammen, auch wenn äußere Sitten und Formen bei ihnen anders sind als bei uns.

Die Führung Gottes.

Die Uneinigkeit war durch Leute entstanden, die glaubten, alle Christen müßten genau denselben Weg einschlagen, den sie selbst in ihrem Leben geführt waren. Sie kannten nur ihre eigene Führung. Als nun Petrus, Paulus und Barnabas ihnen noch andere göttliche Führungen erzählten, (von Kornelius und den Heiden, die ohne Beschneidung und Gesetz der vollen Gnade teilhaftig geworden waren), da ging ihnen ein Licht auf. Sie sahen: Gott führt andere Menschen äußerlich anders als uns. Ihre Engherzigkeit schwand unter dem Anhören der Berichte der Apostel. Wie einst Petrus selbst durch seine Führung zu Kornelius weitherziger geworden war, so konnte er nun auch andere weitherziger machen, zumal Barnabas und Paulus seine Erfahrungen bestätigten.

Wie betrübend ist es, wenn mancher in törichtem, blindem Fanatismus und in gesetzlicher Engherzigkeit verharrt, weil er immer nur auf seine eigenen Führungen blickt und sein Auge verschließt gegen die Wege und Leitungen Gottes mit anderen. Wollen wir zur Einigung des Volkes Gottes beitragen, so dürfen wir nie alle Gotteskinder in unsere Führung und Einrichtung hineinzwängen wollen, sondern müssen vor jeder göttlichen Leitung, auch wenn sie von der unsrigen ganz verschieden ist, Achtung haben. Auf demBoden der göttlichen Führung reichen sich die verschiedenartigsten Christen von Herzen die Bruderhand.

Das Wort Gottes

Apostelgeschichte 15, 13-19

Petrus, Paulus und Barnabas hatten die getrennten Christen auf dem Boden der Gnade und der Führung Gottes vereinigt. Zum Schluß verband sie Jakobus auf dem Boden des Wortes Gottes.

Wenn die Judenchristen den unbeschnittenen Heidenchristen mit gutem Gewissen die Bruderhand reichen wollten, dann mussten sie soviel biblisches Licht bekommen, daß sie solche Vereinigung als schriftgemäß ansehen konnten. Eine Verbindung, die nicht auf dem Boden des Wortes stand, hätten sie niemals anerkannt. Nun hatten aber die Beschneidungs- und Gesetzeseiferer die Bibel ganz für sich und ihre Meinung in Anspruch genommen, indem sie sich auf das geschriebene mosaische Gesetz beriefen. Da war es nötig, dass Jakobus die einseitige Schriftbetrachtung durch eine gründlichere,vollständigere ersetzte. Er wies auf eine klare Schriftstelle hin, die auch den Heiden Anteil an Gottes Reich zusagt.

Gott hatte durch Amos gesagt, daß die Aufrichtung des in Verfall geratenen Davidshauses allen Heiden zugute kommen solle (Amos 9, 11.12). Weil diese Aufrichtung in Jesu Reich verwirklicht ist, so hat Jakobus mit Recht aus dieser Stelle geschlossen, daß nman die Heiden von dem Heil in Christus nicht ausschließen und daß man nicht verlangen dürfe, daß sie erst durch die Beschneidung Juden werden müßten.

Gegen diesen Schriftbeweis konnten die engherzigen Judenchristen nichts sagen. Siewollten doch auch die Schrift gelten lassen. Sobald die Anerkennung der unbeschnittenen Heidenchristen als biblisch berechtigt erwiesen war, stimmten alle ihr zu. Nicht Menschen-, sondern Gottes Wort hatte den Ausschlag gegeben.

Die Rede des Jakobus zeigt uns klar: Je tiefer und vielseitiger wir in das ganze Wort Gottes eindringen, desto mehr werden wir vor trennender Einseitigkeit bewahrt und können an unserm Teil dazu beitragen, daß Gottes Volk verbunden wird.

Quelle: P. Alfred Christlieb, Der Apostel Paulus, S. 159-162. Wiehl (Bez. Köln), 1936

Pastor Alfred Christlieb
(1866-1934)

Bild: Galerie christlicher Männer und Frauen / Glaubensstimme


Übersicht Apostelgeschichte

Eingestellt am 6. Dezember 2020 – Letzte Überarbeitung am 8. Oktober 2023