1. Timotheus 2, 3.4

3 Denn dieses ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott, 4 welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. (1. Timotheus 2, 3+4, nach der Elberfelder Übersetzung)

Luther übersetzt: „Denn solches ist gut und angenehm vor Gott, unserm Heiland, welcher will, daß allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“

Betrachtung zum  7. November

Unter „geholfen werden“, versteht der Apostel gerettet werden, selig werden. Es ist ein herrliches, königliches Wort: Gott will, daß alle Menschen gerettet werden. Wenn es auch Schriftstellen gibt, die diesem Wort zu widersprechen scheinen, so steht es dennoch fest, daß Gott alle Menschen retten will; denn Jesus ist das Lamm Gottes, das der  W e l t  Sünde getragen hat. Wir dürfen also bei jedem Menschen, der uns begegnet, mag er noch so tief gesunken sein, immer denken: Du bist zur Seligkeit berufen. Ein solches Wort gibt Kraft und Freudigkeit zum Dienst des Herrn; es gibt Trost, wenn wir oft lange warten müssen, bis Diese und Jene umkehren. Wie ganz anders steht man da, wenn man einen Menschen mit dem eisigen Gedanken ansieht: du bist vielleicht für die Verdammnis bestimmt!

Der Mensch wird gerettet, indem er zur Erkenntnis der Wahrheit kommt. Das erste Stück Erkenntnis ist Erkenntnis der Sünde; ehe der Mensch gerettet werden kann, muß er einsehen, daß er verloren ist. Das ist keine angenehme Wahrheit, aber es ist Wahrheit. Daran erkennt man die Aufrichtigkeit des Menschen, daß er sich unangenehme Wahrheit sagen läßt und sich unter dieselbe beugt. Erkenntnis der Wahrheit ist innere Überzeugung von der Wahrheit; wo innere Überzeugung von der Sünde ist, da ist nur noch ein Schritt bis zum Verlangen nach Gnade, nach dem, der die Wahrheit selber ist, Joh. 14, 6. Das ist dann die rechte Erkenntnis der Wahrheit, wenn wir Jesum erkennen als den, der uns selig macht. Man redet sehr oft zu allgemein von der Wahrheit und kommt so lange nicht zu der Wahrheit, die Christus ist. Man wird finden, daß die Leute, denen Christus nicht Mittelpunkt und Quelle aller Wahrheit ist, oft etwas Hartes, Unbefriedigtes und Gesetzliches haben; die Wahrheit ist ihnen zunächst Gesetz. Dabei dürfen wir nicht stehen bleiben. Wir müssen von Johannes lernen, wenn er spricht: „Wir sahen seine Herrlichkeit, als eine Herrlichkeit des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“. In Christo ist die Fülle von Gnade und Wahrheit, und sie gehören zusammen. Wahrheit ohne Gnade gibt keinen Trost für das Gewissen; Gnade ohne Wahrheit gibt falschen Trost. Gnade und Wahrheit in Christo macht ewig selig, tröstet ewig.

Ich danke Dir, Herr! daß ich Dich erkannt habe als die Wahrheit. Mache mich frei von Allem, was nicht aus der Wahrheit ist, damit ich in der Wahrheit wandeln möge, wie Du mir vorangegangen bist. Amen.

Quelle: Suchet in der Schrift – Tägliche Betrachtungen für das ganze Jahr mit Anhang, S. 312. Von E. Schrenk. 2. Auflage, 32. bis 36. Tausend. Kassel. Druck und Verlag von Ernst Röttger, 1892.

Eingestellt am 11. Januar 2021 – Letzte Überarbeitung am 7. September 2023