Johannes 1, 5

Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht begriffen. (Johannes 1, 5)

Johannes redet schlecht und einfältig, wie ein Kind, und lauten seine Worte (wie die Weltwesen sie ansehen) recht kindisch. Es ist aber eine solche Majestät drunter verborgen, die kein Mensch, so hoch er auch erleuchtet ist, erforschen noch ausreden kann. Daß er nun spricht: In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen, das sind eitel Donnerschläge wider das Licht der Vernunft, freien Willen, menschliche Kräfte.

Als wollte er sagen: Alle Menschen, so außer Christo sind, mangeln des Lebens vor Gott, sind tot und verdammt. Denn wie sollten sie das Leben haben, weil sie nicht allein in Finsternis wandeln, sondern die Finsternis selbst sind? Möchte aber nun jemand sagen: Wie gehet’s denn, daß dieses Licht so lange Zeit in der Gläubigen Herzen, auch vor und nach der Sündflut, und durch der Erzväter und Propheten Lehre geleuchtet hat, und zuletzt durch des Herrn Christi selbst und der Apostel mündlich Wort geglänzt und geschienen hat, und doch nicht ist angenommen, denn nur von gar wenigen? Ja, der große Haufe hat die, so vom Licht gezeugt haben, verfolgt, wie an Johannes dem Täufer, Christo, den Aposteln, und zuvor an den Propheten zu sehen ist. Es hat das Licht keinen Fortgang in der Welt, obwohl die Welt sein hoch bedarf. Denn sie ist in eitel Finsternis, weiß von Gott nicht, kennt und fürchtet Gott nicht; noch nimmt sie das Licht an, ob es ihr schon scheinet.

(Martin Luther)

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Eingestellt am 11. September 2023