Aufschub

Es ist ein  Schneetag. Einige Knaben haben ein paar Ziegelsteine zusammengesetzt und eine Art von viereckigem Kasten daraus gemacht. Darüber haben sie einen Stein auf einen kleinen Stock aufgestellt und darunter ein paar Brotkrümchen gestreut. Hier kommt ein Rotkehlchen und pickt ein oder zwei Körnchen auf, und während es frißt, fällt der Stein herab!

“Ich blieb nicht lange, sagte das  Rotkehlchen. Aber ich bin gefangen! Ich blieb nicht lange, aber ich kann nicht heraus! Ich blieb nicht lange, aber ich habe meine Freiheit verloren! Ich blieb nicht lange, aber ich werde vielleicht mein Leben verlieren!”

Ach, kleines Rotkehlchen, du sollst ein Prediger für einige unter uns sein. Sie sind ein wenig in die Sünde hinein gegangen, und sie sind heute Abend geneigt, ein wenig länger darin zu bleiben. Nehmt euch in Acht, daß nicht eines Tages eure schmerzliche Klage die sein wird: “Ich blieb nicht lange, aber der Teufel fing mich in seiner Falle! Ich blieb nicht lange, aber ich blieb zu lange! Ich blieb nicht lange, aber ich verlor meine Seele auf ewig!”

Gott gebe, daß dies nicht euer Los sei !

Die da sitzen mußten in Finsternis und Dunkel, gefangen in Zwang und Eisen,
darum daß sie Gottes Geboten ungehorsam gewesen waren und das Gesetz des Höchsten geschändet hatten, dafür ihr Herz mit Unglück geplagt werden mußte, daß sie dalagen und ihnen niemand half; die zum HERRN riefen in ihrer Not, und er half ihnen aus ihren Ängsten und führte sie aus der Finsternis und Dunkel und zerriß ihre Bande:
die sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die an den Menschenkindern tut, daß er zerbricht eherne Türen und zerschlägt eiserne Riegel.

(Psalm 107, 10-16)

Je weiter nach unten die Glieder in dem Bilde Nebukadnezars waren, desto gröber war das Metall: je weiter entfernt die Zeit, desto untauglicher. Heute ist die goldene Gelegenheit, morgen wird die silberne sein, am nächsten Tag nur die eherne, und so weiter, bis ich zuletzt zu den Zehen von Ton komme und in Staub verwandelt werde. – (Thomas Fuller).

Sei nicht wie der törichte Trunkenbold, der, als er eines Abends nach Hause taumelte, sein Licht angezündet sah. «Zwei Lichter!» sagte er; denn seine Trunkenheit machte, daß er doppelt sah, «ich will eins ausblasen», und als er es ausblies, war er sofort im Dunkeln. – Mancher Mann sieht doppelt, weil die Sünde ihn trunken gemacht; er hat ein Leben, in dem er der Sünde nachläuft, und dann erwartet er halb und halb ein andres, in dem er sich zu Gott wenden kann; so bläst er wie ein Thor das einzige Licht aus, das er hat, und wird auf ewig im Dunkel liegen müssen. Eile, Wanderer, du hast nur  e i n e  Sonne, und wenn die untergegangen ist, wirst du niemals deine Heimat erreichen. Gott helfe dir, dich jetzt zu beeilen!

Aus: Charles Haddon Spurgeon, Federn für Pfeile, oder Illustrationen für Prediger und Lehrer (autorisierte Übersetzung von E. Spliedt). Verlag von Max Kielmann, 1897.
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