Und das Licht der Leuchte soll nicht mehr in dir leuchten, und die Stimme des Bräutigams und der Braut soll nicht mehr in dir gehört werden! Denn deine Kaufleute waren Fürsten auf Erden; denn durch deine Zauberei sind verführt worden alle Heiden. Und das Blut der Propheten und der Heiligen ist in ihr gefunden worden und all derer, die auf Erden erwürgt sind.
(Offb. 18, 23.24)
Und nun noch ein Schlußbild, das den Untergang Babylons als einen endgültigen zeichnet, aus dem es nicht wieder aufstehen wird. Wie der schwere Stein, der ins Wasser geworfen wird, versinkt und nicht wieder ans Licht steigt, ebenso sicher und gänzlich und für immer geht Babylon unter. Wie voll war sie ehedem von rauschender, überschäumender Lust! Nun liegt alles still und öde. Der Lärm der bewegten Stadt, des Verkehrs und der Gewerbe ist verstummt; Musik und Gesang, der bei den vielen Festen, Umzügen und Feierlichkeiten sich hören ließen, sind für immer verstummt; in keinem Haus hört man mehr den Mühlstein drehen, noch sieht man irgendwo eine Lampe brennen: Totenstille und Dunkel ist, wo sonst helle Freude lebte. – Und warum?
Die Großen der Erde mußten dir Krämerdienst tun*): das ist die erste Schuld der Stadt, die alles nur für ihre auf Geldmacht gründende Stellung als Weltstadt ausnützte. Den Großen folgten die Massen, und das lichtscheue Zauberwesen, das die Stadt erfüllte, und worin Aberglauben, Betrug und Giftmischerei+), also Lüge und Mord sich verschwisterten; alle diese finstern Künste lernten weit und breit die Völker der Hauptstadt ab.
*) Luther faßt es umgekehrt: „deine Kaufleute waren (wie) Fürsten auf Erden“
+) das Wort „Zauberei“ lautet im griechischen Urtext pharmakeia, was neben „Gift“ auch „Medikament“ oder „Droge“ bedeuten kann [Anm. des Bearb.: Hier ist auch zu denken an die mißbräuchliche Verwendung von Pharmaka als Rauschmittel, Abtreibungsmittel oder als (Selbst-) Mordgifte].
Babylons schwerste Schuld aber ist der Kampf gegen die, die Gottes Sache vertraten. Wie den, bei dem man das Blut eines Getöteten findet, dieses Blut des Mordes überführt, so hat die Stadt offenkundig die Schuld auf sich, die Mörderin der Zeugen Christi und der Heiligen zu sein; denn auch das Morden draußen im Reich geht zuletzt auf sie zurück und auf den Mordgeist, der von ihr ausgeht.
Für uns ist vielleicht das Erschütterndste an diesem Bild der letzten großen Weltstadt und ihres Endes, daß wir uns in unsre Gegenwart und in ihre Großstädte oft wie unmittelbar versetzt fühlen. So ist es; wir kennen und erleben das ruhelos geschäftige Treiben, den blendenden Glanz und bestrickenden Zauber von Luxus und Genüssen aller Art; dabei die Sklaverei unter Geld und Geldgewinn, unter Augenlust, Fleischeslust und Gottlosigkeit. Und wir kennen die Allmacht Gottes, der es ein geringes ist, durch Schrecken des Kriegs oder durch Naturereignisse „in e i n e r Stunde zu verwüsten solchen Reichtum.“
Darum, wer inmitten eines solchen Geistes lebt, der vergesse nicht des Apostels Wort:
„Liebe Brüder, die Zeit ist kurz! Die die sich freuen, sollen sein als freuten sie sich nicht; und die da kaufen, als besäßen sie es nicht; und diese Welt gebrauchen, daß sie dieselbe nicht mißbrauchen. Denn das Wesen dieser Welt vergeht!“ (1. Kor. 7, 29-31)
Quelle:
Christian Römer, weil. Prälat und Stiftsprediger zu Stuttgart: Die Offenbarung des Johannes, in Bibelstunden erläutert (Verlag von D. Gundert, Stuttgart 1916)
Bild: Pixabay
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Fritz Steinwender legt Vers 23 wie folgt aus:
Unser Luthertext spricht im Vers 23 von Zauberei, die in Babel gefunden wurde: „Durch deine Zauberei sind verführt worden alle Völker“. Das griechische Wort im Grundtext heißt φαρμακείᾳ (pharmakeia), das wir verdeutscht als „Pharmazie“ kennen. Es handelt sich also um Giftmischerei, oder Arzneimittel, wie man das Wort auch übersetzen kann. Damit wird deutlich, wodurch die Sünden der Unzucht noch im besonderen gefördert wurden: durch entsprechende Drogen, Verhütungspillen und Arzneimittel, die erfunden wurden und weltweit auf den Markt kamen.
Und wiederum müssen wir fragen: Ist dieses endzeitliche Zeichen nicht schon deutlich sichtbar geworden? Ist nicht unsere heutige Welt schon voll von solchen Rausch- und Verhütungsmitteln? Und was über weitere Versuche, z.B. auf dem Gebiet der Genforschung verlautet, grenzt wirklich an Zauberei.
Quelle:
Fritz Steinwender: Die kommende neue Welt – Das letzte Buch der Bibel neu gehört, S. 174f. Lahr-Dinglingen, Verlag der St.-Johannis-Druckerei, Dr. Schweickhardt, 1991 (ISBN 3-501-00982-8)
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Aber dieser anschauliche Bericht endet nicht, bevor der Geist Gottes uns noch einen ganz anderen Blick auf Babylon gewährt hat. Ein starker Engel nimmt einen Stein und sagt, als er ihn in das Meer wirft: „Also wird Babylon, die große Stadt, mit Gewalt niedergeworfen und nie mehr gefunden werden“ (V. 21). Der Grund dafür wird am Ende [von Kap. 18] gegeben: Nicht allein: „Durch deine Zauberei sind alle Nationen verführt worden“, sondern vor allem: „Und in ihr wurde das Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von allen denen, die auf der Erde geschlachtet worden sind (V. 23–24).
Was für eine ernste und gewichtige Tatsache in der Regierung Gottes! Wie kann gesagt werden, daß dieses widerwärtige, verdorbene und götzendienerische System der letzten Tage des Blutes aller Märtyrer schuldig ist? – Es folgte, indem es ihren Geist erbte, allen Menschen, die von den Tagen Kains an ihre Hände gegen ihre gerechten Brüder erhoben haben. Anstatt daß Babylon sich von der Bosheit derer, die vor ihm waren, warnen ließ, welche auf der einen Seite verführten und auf der anderen verfolgten, nahm es, sobald irgend es konnte, in beider Hinsicht noch zu, bis zuletzt der Schlag des göttlichen Gerichts eintraf. Auf diese Weise handelt Gott als Regel in Seinem Gericht. Es erreicht nicht notwendigerweise diejenigen, die zuerst ein Übel einführten, sondern häufig jene, welche die Schuld erbten. Vielleicht hatten sie es sogar noch verschlimmert, statt sich warnen zu lassen. Wenn Gott richtet, geschieht es nicht einfach für das Böse jener, die gerade gerichtet werden, sondern für alles, was vom ersten Aufknospen des Bösen bis zu diesem Tag erfolgt ist. Das ist keine Ungerechtigkeit. Es ist hingegen die höchste Gerechtigkeit von einem göttlichen Gesichtspunkt aus gesehen.
Quelle:
William Kelly: Einführende Vorträge zur Offenbarung (Kommentarsammlung: bei bibelkommentare.de)