Apostelgeschichte 19, 13-15: Die Söhne des Skevas

Es versuchten aber einige von den Juden, die als [HFA: Geister-] Beschwörer [ἐξορκιστῶν – exorkistōn] umherzogen, den Namen des Herrn Jesus zu nennen über denen, die böse Geister hatten, und sprachen: Ich beschwöre [ὁρκίζω – horkizō] euch bei dem Jesus, den Paulus predigt. Es waren aber sieben Söhne eines Juden Skevas, des Hohenpriesters, die solches taten. Aber der böse Geist antwortete und sprach: Jesus kenne ich wohl, und von Paulus weiß ich wohl; wer seid ihr aber? (Apg. 19, 13-15 LUT)

1. Ihre Herkunft und ihr Beruf.

In Zeiten der Erweckung pflegen auch unnüchterne und bedenkliche Begleiterscheinungen aufzutreten. Solche fehlen auch hier in Ephesus nicht, wie die ernste und lehrreiche Geschichte dieser sieben Skevassöhne beweist.

Lehrreich ist schon die Betrachtung ihrer Herkunft. Sie entstammten dem alttestamentlichen Gottesvolk und noch dazu der Familie eines leitenden Priesters in diesem Volk. Wie müßte von Leuten solcher Abstammung eine Ehrfurcht vor dem göttlichen Gesetz und zumindest seine äußerliche Befolgung erwartet werden. Aber das Gegenteil war bei diesen der Fall. Sie ergriffen einen Beruf, der in direktem Gegensatz zu den göttlichen Geboten stand (5. Mose 18, 10.11). Mit allerlei zauberhaften Mitteln und Formeln suchten sie Heilungen zu erzielen, die ihnen einen reichen Gewinn sichern sollten. In jenen heidnischen Ländern waren solche Leute sehr begehrt. Aber niemals hätte ein gesetzestreuer Jude und erst recht nicht der Sohn eines Lehrers im göttlichen Gesetz derartiges tun dürfen.

Wir sehen hier, daß die äußere Abstammung von einem Volk, das mit Gott bekannt ist, oder einem Vater, der ein Lehrer des göttlichen Wortes ist, uns keineswegs vor ungöttlichen Wegen und schweren Verirrungen schützt. Die Kinder derer, die berufsmäßig mit dem Heiligen zu tun hatten, sind gar manches Mal in traurige Bahnen hineingeraten (1. Samuel 2, 1222).

Gott bewahre alle Kinder von Predigern vor den Wegen dieser Skevassöhne!

2. Ihre Sünde.

Diese Söhne des Skevas kamen in Ephesus mit dem Christentum in Berührung. Sie erfuhren die Heilungswunder des Paulus an Kranken und Besessenen (Verse 11.12). Was war die Frucht dieses Anblicks? Beugten sie sich etwa unter die sich hier offenbarende göttliche Macht? Nein! Zu innerer Umkehr wollten sie die göttlichen Kräfte nicht nutzen, sondern nur zu ihrem äußeren Vorteil. Sie glaubten in den Worten des Paulus eine neue Zauberformel zu finden, die sie ihren Zwecken dienlich machen wollten. Darauf lief ihr Versuch hinaus. Von einer Anerkennung Jesu als den Messias, von einer Unterwerfung unter ihn war bei ihnen keine Rede. Aber gern wollten sie durch diesen Jesusnamen noch bessere Erfolge erzielen und gute Geschäfte machen.

Solch unlautere Art muß zuschanden werden. Wer den Namen Jesu zu seinem Heil annehmen und ihm untertan werden will, der darf die Balsamkraft derselben an Seele und Leib erfahren. Wer aber diesen teuren Namen seinen selbstsüchtigen Zwecken dienstbar machen möchte, den wird Gott richten (2. Mose 20, 7; Apostelgeschichte 8, 21).

3. Ihre Strafe.

Ihre Strafe erfuhren die Skevassöhne durch ein beschämendes Wort und durch eine noch beschämendere Tat des Geistes, der aus dem Besessenen redete. Zuerst durch ein Wort.

Wir möchten keinem empfehlen, sich mit Stimmen abzugeben, welche aus dem Gebiet der Finsternis kommen. Wo aber Gottes Wort uns einen Blick in dieses geheime Gebiet tun läßt, da wollen wir seine Belehrung dankbar annehmen. Hier ist dies der Fall. Wir vernehmen Worte eines Geistes aus dem Abgrund (die deutlich von dem Wort des armen Besessenen selbst unterschieden werden konnten). Wir lauschen gleichsam einer Predigt aus der Hölle. Diese Predigt kann uns eine Wahrheit unauslöschlich in die Seele einprägen, nämlich die Wahrheit, daß man auch im Reich der Finsternis genau unterscheiden kann zwischen dem, was echt und nicht echt ist.

Vor Jesus selbst und denen, die in seiner Vollmacht stehen, muß sich der Feind zurückziehen. Aber vor Menschen, die diesen Namen nur im Mund führen, weicht er keinen Schritt zurück. Er spottet ihrer. Wir hören aus den Worten des bösen Geistes etwas vom Hohngelächter der Hölle über alle, die ohne göttlichen Auftrag etwas gegen das Reich der Finsternis ausrichten wollen. Vor Jesus und Paulus haben die Dämonen wohl Achtung, aber vor den Skevassöhnen niemals. Was nützt ihnen ihre Abstammung von einem Hohenpriester, wenn sie selbst von priesterlichem Sinn und Wesen nichts in sich haben! Was helfen ihnen ihre richtigen Worte von dem „Jesus, den Paulus predigt“, wenn sie von dem Geist dieses Heilandes nichts in Buße und Glauben empfangen haben!

Trösten dürfen wir uns der Achtung, welche Jesus und seine wahren Knechte bis in die Welt der unreinen Geister hinein genießen. Aber prüfen wollen wir uns, ob nicht auch uns das Wort des bösen Geistes gilt: „Jesum kenne ich wohl, wer aber seid ihr?!“ (Epheser 6, 10 – 17; Lukas 10, 17; 11, 20 – 23).

Zu dem beschämenden Wort kam noch eine beschämende Tat. Die Beschwörer bekamen den grausamen und zerstörungslustigen Charakter des bösen Geistes an ihrem Leib zu erfahren. Der Besessene wurde in furchtbarer Weise gegen sie tätlich. Bloß und verwundet mußten sie fliehen.

Der Anblick dieser so jämmerlich flüchtenden Skevassöhne kann uns gründlich davor warnen, jemals in eigener Kraft und Kühnheit irgendetwas gegen Satans Macht ausrichten zu wollen. Ohne göttlichen Schutz sind wir da völlig verloren. Dieser Anblick kann uns auch warnen, die Taten eines Gottesmannes nachmachen zu wollen. Was Paulus in göttlichem Auftrag tun muß, darf ein anderer nicht ohne weiteres auch versuchen.

Endlich warnt uns dieses Schauspiel vor jedem Mißbrauch des teuren Jesusnamens zu selbstsüchtigen Zwecken. „Der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht“ (2. Mose 20, 7). Wie leicht können wir in einem dieser Punkte in die Bahnen der Skevassöhne geraten (Johannes 15, 4.5; 2. Korinther 3, 5; Lukas 22, 33.34)!

Die Strafe des Skevassöhne erhöhte sich noch durch die öffentliche Schande, welche sie traf. Das ganze Ereignis, ihr kläglich gescheiterter Versuch, mit den Worten des Paulus etwas zu erreichen, kam unter die Leute und wurde Tagesgespräch. Wie peinlich muß es diesen Hohenpriestersöhnen gewesen sein, daß „dasselbe allen kund wurde, die in Ephesus wohnten“.

Man wies gleichsam mit Fingern auf sie. Während sie gehofft hatten, durch eine erfolgreiche Beschwörung im Ansehen zu wachsen, verloren sie nun an Achtung. Ja, sie mußten sogar erfahren, daß durch ihre ganze Unternehmung der ihnen sonst so verhaßte Jesusname zu großer Anerkennung kam. Der ganzen Einwohnerschaft bemächtigte sich eine heilsame Furcht. Man erkannte in dem Schicksal der Beschwörer ein Gericht und merkte, daß man mit dem Namen Jesu nicht leichtfertig umgehen dürfe, sondern ihn zu achten habe.

Wie glaubensstärkend ist doch die Beobachtung, daß Gott auch das Treiben von gottlosen Menschen seinen Reichszwecken dienstbar machen und zur Verherrlichung des Jesusnamens benutzen kann (Psalm 119, 91; Daniel 6, 26-28; Apostelgeschichte 8, 1.4).

Alfred Christlieb (1866-1934)

Quelle: P. Alfred Christlieb, Der Apostel Paulus, S. 296-299. Druck und Verlag: Adolf Reuter, Wiehl (Bez. Köln), 1936.

Bild: Galerie christlicher Männer und Frauen / Glaubensstimme


Eingestellt am 18. September 2023