Eine volle Seele zertritt wohl Honigseim, aber einer hungrigen ist alles Bittre süß. (Sprüche 27, 7 LUT)
Es geht im Natürlichen so, daß Entbehrungen erst auf den Wert der Dinge aufmerksam machen, die man außerdem wenig beachtet.
Die Gesundheit, ein schmerzloser Zustand, wird von denen nicht hoch angeschlagen, die ihn fortwährend genießen, sondern die schätzen ihn hoch, welche ihn entbehren. Eine satte Seele zertritt wohl Honigseim, aber einer hungrigen Seele ist auch das Bitterste süß, sagt Salomo. Und so findet’s sich auch im Gnadenreich. O, wie schätzbar werden Brosamen, die von des Herrn Tisch fallen, solchen Seelen, die sich zu den Hündlein rechnen müssen! Es kann jemand wohl so arm sein, daß er einen Pfennig mit Danksagung empfängt, und so elend, daß schon ein Schimmer der Hoffnung ihn erquickt. Gott will, wir sollen jedes Gnadenbröcklein gar hoch, und uns dessen für ganz unwürdig achten, und dies lernen wir auf ungewöhnlichen Wegen. Er kann uns in den Kot tunken, uns eine Zeit lang allein lassen, daß wir inne werden müssen, was wir s i n d, können, wissen, haben, und so klein werden wie ein Wurm. Da lernen wir aus der Tiefe der Not zu Gott schreien.
Ich bin ein armes Würmelein;
Mir ist so wohl, daß ich’s darf sein,
Und hab’s erfahren in der Tat,
Daß man dich so am nächsten hat.
Andacht aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten, Seite 351. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)
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