Und ich will meinen zwei Zeugen geben, daß sie weissagen tausendzweihundertundsechzig Tage, angetan mit Säcken. (Offenbarung 11, 3)
Welch entscheidende Bedeutung hat nun das Auftreten der Zeugen für den kommenden Antichristen und seine Pläne? Da kann wohl nichts seine klugen Absichten mehr durchstreichen und ins Wanken bringen, als ihr Auftreten dort in Jerusalem – an dem Ort, der ein so bedeutsamer, ja der wichtigste Punkt für ihn, sein Wirken und für die ganze Erde ist. Weil der Antichrist der Mensch der Überheblichkeit ist, muß es ihn aufs Äußerste reizen, daß hier ein Zeugnis von zwei Männern gegeben wird, an dem offenbar die ganze Welt – wie wir es nachher bei ihrem Tode sehen – teilnimmt. Denn sie lenken ja die Aufmerksamkeit der Menschen von ihm ab, die auf sich zu konzentrieren er doch bestrebt ist. Die zwei Zeugen aber wollen die Sinne und Gedanken der Menschen auf Gott richten, damit Ihm allein Macht und Ehre gegeben würde.
Während der künftige antichristliche Herrscher bis dahin wegen des Bundes nach außen hin gerade mit den Juden zusammen geht, wird wohl nun durch den Ärger über die zwei Zeugen seine geheime Feindschaft gegen die Juden mächtig auflodern. Zwar wird sicher nur ein Teil der Juden auf die Botschaft der zwei Zeugen hören, aber trotzdem, sie kommen doch als Vertreter des Judentums und zugleich wohl auch als Vertreter des Christentums, dem ja erst recht sein Haß gilt, weil dessen Botschaft seinem Machtstreben und Hochmut völlig entgegen gesetzt ist. Es sind die beiden Ölbäume, die mit dem Geist Gesalbten (Sacharja 4, 11 und 14), und viele Ausleger sehen in ihnen Mose und Elia. Wenn man sie damit auch als alttestamentliche Gestalten kennzeichnet, und sie sicher besondere Bedeutung für Israel haben, so sind sie doch zugleich neutestamentlich – Mose und Elia waren bei Jesu Verklärung dabei (Lukas 9, 30), und die beiden Zeugen glauben also an Jesus. Doch nicht nur für den werdenden antichristlichen Herrscher hat das Auftreten der beiden Zeugen größte Bedeutung, sondern es zeigt etwas von dem wunderbaren Heilsplan und Ratschluß Gottes mit seinem auserwählten Volk.
Quelle: nach Klara Schlink, Das Ende ist nah
Wenn es einst dem Ende zugeht, dann wird die große Menge der Menschheit, von widerchristlichem Geiste bezaubert, die Gemeinden Christi überall zu vernichten suchen. Und es wird ihr gelingen, durch Verfolgungen sie teils zu schwächen, teils zu versprengen. Aber ein Kern wird fest geschlossen und wohl bewahrt erhalten bleiben: das an seinen Messias gläubig gewordene Israel. Umlagert und befehdet von der die Welt beherrschenden christentumsfeindlichen Macht, die alle Mittel aufbietet: so sehen wir die israelitische Gemeinde Gottes in ihrem Lande und in der heiligen Stadt auf äußerste bedrängt und eingeengt, aber doch erhalten als ein Volk, das ihn anbetet, und dem eine Stätte der Anbetung und Freiheit ihres Gottesdienstes unangetastet geblieben ist. Ihre Stellung in der Welt scheint verloren zu sein, da auch bis in die heilige Stadt hinein die Weltmacht die Herrschaft übt und allen Einfluß der Gottesgemeinde draus verdrängt zu haben scheint. Und doch stehen, wie vor den Toren einer eingeschlossenen Festung, im Kampf mit den Feinden noch Streiter, die aufrecht und erfolgreich die Sache Gottes und seiner Gemeinde führen. Der Seher hört (V. 3) Gott oder Christum sprechen: „Ich werde es meinen zwei Zeugen geben, daß sie weissagen werden 1260 Tage, in Säcke gehüllt“. Im grobwollenen, engen, sackartigen Trauergewand werden sie dastehen, nicht trotzig kühn, aber in entschlossenem, gefaßten Ernst, einsam und doch so, daß einer am andern seinen Halt hat (vergl. Luk. 10, 1).
Was und wie sie reden sollen, wird ihnen von oben gegeben werden (Matth. 10, 19.20), und sie werden die 3½ Jahre der letzten und tiefsten Bedrängnis der Gemeinde hindurch Tag für Tag ihre Stimme erheben zum Zeugnis unter den Feinden. Darum ist nicht einfach wiederholt „42 Monate“, sondern diese sind in 42 x 30 Tage, d.i. 1260 Tage zerlegt. Sie werden alttestamentlichen Vorbildern verglichen, deren Gestalten den Lesern aus Sacharja 4 bekannt waren. Sie sind „die zwei Ölbäume“, die das Öl des Geistes des Herrn lebendig und persönlich in sich tragen, und eben darum verlöscht ihr Licht nicht; sie sind „2 Leuchter“, wie Fackeln, „die da scheinen an einem dunkeln Ort, bis der Tag anbreche“ (2. Petr. 1, 19). So stehen sie als Knechte vor ihrem Herrn mitten unter ihren Feinden, wie einst Elia vor Ahab, wie Mose vor Pharao stand (1. Kön. 18, 2. Mose 5, 1). Ihr Herr aber ist und bleibt der Herr der Erde.
Quelle: Christian Römer, Die Offenbarung des Johannes, in Bibelstunden erläutert (Vierzehnte Bibelstunde: Die zwei Zeugen – Die siebente Posaune)
Weblinks und Verweise
Römer, Christian Fr.: Vierzehnte Bibelstunde – Offenbarung 11, 3-18: Die zwei Zeugen
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Zorn, Willy: Offenbarung 11, 1-14. Aufbau, Gliederung und Auslegung (Beginn des Auslegungsteils: 17:20 min)