Unsre Zeit ist kurz (Hiller/Störl)

Die Zeit ist kurz. Das Wesen dieser Welt vergeht.
(1. Kor. 7, 29.31)

Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz. Weiter ist das die Meinung: Die da Weiber haben, daß sie seien, als hätten sie keine; und die da weinten, als weinten sie nicht; und die sich freuen, als freuten sie sich nicht; und die da kaufen, als besäßen sie es nicht; und die diese Welt gebrauchen, daß sie dieselbe nicht mißbrauchen. Denn das Wesen dieser Welt vergeht.

1) Unsre Zeit ist kurz,
Und die Welt am Sturz;
Alles geht dahin!
Mich soll in der Wüsten
Dahin nur gelüsten,
Wo ich ewig bin!

2) Jetzund leb ich so,
Trauernd oder froh
Als wär ich es nicht.
Mein Herz ist im Leide
Und auch in der Freude
Über sich gericht’t.

3) Hab ich in der Welt
Güter oder Geld,
Soll es also sein,
Daß mich doch von deme
Nichts gefangen nehme,
Denn es ist nicht mein.

4) Ob ich jetzund auch
Dieser Welt gebrauch‘
Brauch‘ ich sie zur Not,
Nicht dem Geist zum Schaden.
Außer Gottes Gnaden
Bleibt mir nichts im Tod.

5) Nur um dies allein
Soll die Sorge sein,
Was mir nicht vergeht,
Was im Sturz der Erden
Erst gebaut soll werden
Und dann ewig steht.

6) Denn dort lebt man so
Daß man ewig froh,
Ewig reich verbleibt;
Man besitzt’s in Stille;
Da ist alle Fülle,
Die kein Mensch beschreibt.

7) Jesu, ziehe Du
Dir allein mich zu,
Von den Sorgen fern
Und mit Dir verbunden,
Und wenn’s überwunden:
Ewig bei dem Herrn!

Liedtext: Philipp Friedrich Hiller (1699-1769)
Weise: „Meine Kraft ist hin“. Dölker I 77.

Quellen:

Liedtext: Hiller, Philipp Friedrich, Geistliches Liederkästlein zum Lobe Gottes, Zweiter Teil, zum 7. Februar, Stuttgart 1833

Melodie: Christoph Dölker und Wilhelm Dölker, Geistliche Lieder mit Melodieen zur gemeinschaftlichen Erbauung, unter Mitwirkung von Instituts-Vorsteher Benzinger in Stuttgart gesammelt und für gemischten Chor eingerichtet; 4. vermehrte Auflage, Stuttgart 1873