Bewahre meinen Geist vor sinnlichen Gedanken,
Vor eiteln Lüsten mein Gemüth,
Laß, Gott, im Guten nie, mich nie im Glauben wanken;
Auch dann nicht, wann kein Mensch mich sieht.
Auch dann nicht, wann man meiner lacht,
und mir die Tugend bitter macht.
Auch dann nicht, wenn ich Herzgeliebte
Durch reine Tugenden betrübte.
Laß mich das Gute stets gleich gut,
Was bös‘ ist, immer böse finden;
Und gieb mir Redlichkeit und Muth
Die schönste Lust zu überwinden!
Die Tugend ist allein doch schön!
Hilf mir mit unbewegtem Schritte
Auf ihrem Pfade weiter gehn,
Und wenn ich noch so vieles litte,
Doch niemal, niemal stille stehn!
Du kennst, mein Schöpfer, ja
Des besten Herzens Schwäche.
Du weißt, wie ich so oft schon fiel.
Wie oft ich mein Gelübde breche,
Zurücke geh von meinem Ziel.
Doch Du, Du kannst die Seele stärken
Und Muth sprichst Du den Schwachen ein;
Läßt oft zu großen Heldenwerken
Ein Herz voll Einfalt mächtig sein!
O laß mich Deinen Beistand merken,
Und sprich zu meinem Flehen: Ja!
Laß mich nicht fallen, nicht verzagen,
Bin ich dem Netz der Sünde nah.
Laß Deinen Geist zu meinem sagen:
„Sei stark und redlich, Ich bin da!“
Die sanfte Stimme laß mich hören,
Ach weiche, Jesus, nicht von mir!
Ganz wende sich mein Herz zu Dir,
Und hüte sich, Dich zu entehren,
Der Du allgegenwärtig bist,
und siehst, was tief verborgen ist
und allen einst machst offenbar,
Was hier der Welt verborgen war.
O laß mein Herz ganz redlich sein,
Stets lieben Dich, und Dich allein!
Bewahre mich vor Sünden!
O stärke meinen Glaub‘ an Dich
und laß, o mein Erlöser, mich
Stets Deine Lieb‘ empfinden:
Und nur auf Dich, mein Vorbild, sehn!
Den Weg nur, den Du gingest, gehn,
Und stets mich Deiner freuen;
Gedenken stets in stiller Ruh:
Mein Herr und Heiland sieht mir zu;
Wenn ich ihm glaub‘ und Gutes thu‘
Wird’s niemal‘ mich gereuen!
Quelle:
Christliches Handbuch in Gebeten und Liedern; gesammelt von Dr. C. Grüneisen.
Stuttgart und Tübingen, J.G. Cottascher Verlag, 1846, S. 153f. Buchdruckerei der J.G. Cotta’schen Buchhandlung in Stuttgart. [Digitalisat]