I. Predigt über das erste Kapitel des Propheten Jona (Herm. Fr. Kohlbrügge)

1 Es geschah das Wort des HERRN zu Jona, dem Sohn Amitthais, und sprach: 2 Mache dich auf und gehe in die große Stadt Ninive und predige wider sie! denn ihre Bosheit ist heraufgekommen vor mich. 3 Aber Jona machte sich auf und floh vor dem HERRN und wollte gen Tharsis und kam hinab gen Japho. Und da er ein Schiff fand, das gen Tharsis wollte fahren, gab er Fährgeld und trat hinein, daß er mit ihnen gen Tharsis führe vor dem HERRN.

4 Da ließ der HERR einen großen Wind aufs Meer kommen, und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, daß man meinte, das Schiff würde zerbrechen. 5 Und die Schiffsleute fürchteten sich und schrieen, ein jeglicher zu seinem Gott, und warfen das Gerät, das im Schiff war, ins Meer, daß es leichter würde. Aber Jona war hinunter in das Schiff gestiegen, lag und schlief. 6 Da trat zu ihm der Schiffsherr und sprach zu ihm: Was schläfst du? Stehe auf, rufe deinen Gott an! ob vielleicht Gott an uns gedenken wollte, daß wir nicht verdürben.

7 Und einer sprach zum andern: Kommt, wir wollen losen, daß wir erfahren, um welches willen es uns so übel gehe. Und da sie losten traf’s Jona. 8 Da sprachen sie zu ihm: Sage uns, warum geht es uns so übel? was ist dein Gewerbe, und wo kommst du her? Aus welchem Lande bist du, und von welchem Volk bist du? 9 Er sprach zu ihnen: Ich bin ein Hebräer und fürchte den HERRN, den Gott des Himmels, welcher gemacht hat das Meer und das Trockene.

10 Da fürchteten sich die Leute sehr und sprachen zu ihm: Warum hast du denn solches getan? denn sie wußten, daß er vor dem HERRN floh; denn er hatte es ihnen gesagt.

11 Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir denn mit dir tun, daß uns das Meer still werde? Denn das Meer fuhr ungestüm. 12 Er sprach zu ihnen: Nehmt mich und werft mich ins Meer, so wird euch das Meer still werden. Denn ich weiß, daß solch groß Ungewitter über euch kommt um meinetwillen. 13 Und die Leute trieben, daß sie wieder zu Lande kämen; aber sie konnten nicht, denn das Meer fuhr ungestüm wider sie. 14Da riefen sie zu dem HERRN und sprachen: Ach HERR, laß uns nicht verderben um dieses Mannes Seele willen und rechne uns nicht zu unschuldig Blut! denn du, HERR, tust, wie dir’s gefällt.

15 Und sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer; das stand das Meer still von seinem Wüten. 16 Und die Leute fürchteten den HERR sehr und taten dem HERRN Opfer und Gelübde.

2:1 Aber der HERR verschaffte einen großen Fisch, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte.

Eine lehrreiche Geschichte haben wir vor uns, welche uns folgende Wahrheiten kund macht:

  • Wir wollen nie, was und wie Gott will. (V. 1. 2.)
  • Statt seinen Willen zu tun, entfernen wir uns so weit von ihm, als unsere Füße uns nur tragen können, und bezahlen lieber Fährgeld, uns auf’s weite Meer zu machen. (V. 3.)
  • Der Herr weiß uns aber wohl zu finden und schlägt mit seinem Ungewitter hinter uns drein. (V. 4.)
  • Wir verkriechen uns aber dann um so mehr, schlafen und schnarchen, als ob nichts um uns vorfiele. (V. 5.)
  • Alles was uns umgibt, läßt uns aber keine Ruhe und wir müssen dran. (V. 6-8.)
  • Kommt’s mit uns auf die Spitze, so wird es offenbar vor der Welt, wes Geistes Kinder wir sind. (V. 9.)
  • Kommt’s aber mit uns auf die Spitze, so schonen wir uns selbst nicht, so wir wahrlich des Herrn sind, sondern lassen uns über Bord werfen. (V. 10-15.)
  • Lassen wir uns über Bord werfen, so gibt’s freilich eine Höllenfahrt, aber unten sind Arme ewiger Liebe, die uns auffangen. (Kap. 2, V. 1.)

I. Wir wollen nie, was und wie Gott will.

„An der Gnade seid ihr errettet, nicht aus Werken, auf daß sich niemand rühme”. Wer will diese Wahrheit verstehen, wenn er sie auch noch so hoch hält. Gottes Wille ist es, daß wir ihm glauben, aber welche Mühe und Arbeit hatte Gott mit Abraham, bevor er ihn soweit hatte, daß er es anerkannte: du bist wahrhaftig, und ich ein Lügner; du in allen deinen Aussagen allein gerecht, und ich ein Gottloser. Dasselbe sehen wir bei unserm Propheten wieder. Ein Prophet war er, ein Knecht des Herrn, das wissen wir auch aus 2. Könige 14, V. 25, wo es von dem Jerobeam, dem Sohne Joas‘ heißt: „Er aber brachte wieder herzu die Grenze Israel von Hemath an bis an’s Meer, das im blachen Felde liegt, nach dem Wort des Herrn, des Gottes Israels, das er geredet hatte durch seinen Knecht Jona, den Sohn Amithai, den Propheten, der von Gath-Hepher war”.

Wiewohl er nun ein Prophet und Knecht Gottes war, so wollte er doch nicht wie Gott wollte. Sein Name war Jona, d. i. Taube, seines Vaters Name war Amithai, d. i. Wahrhaftig. Aber dieser Jona wollte, bevor es darum ging nicht glauben, daß er sich davon machen würde, wo er zu predigen hatte, und wollte es nicht verstehen, daß der Name seines Vaters in den Himmeln „Wahrhaftig” heißt, der das auch tut, wozu er sein Wort sendet, und sein Wort durch den darstellen wird, den er sich dazu erwählt. Er meinte, Gott würde das doch nicht tun, was er durch ihn wollte gepredigt haben; er dachte aber nicht, von wie gewaltiger Wirkung die Predigt ist in der Hand des Herrn, er dachte nicht an das Wort und dessen Macht. Er dachte: was ich, Jonas, bin und sage, das soll gelten; und weil ich wohl weiß, daß dies nicht gelten wird, darum mache ich mich davon und will nicht predigen. Gottes Wort an ihn war aber: „Mache dich auf und gehe in die große Stadt Ninive und predige darinnen; denn ihre Bosheit ist heraufgekommen vor mich”. – Der Herr wollte diese Predigt, um durch Jonas Wort Ninive zur Buße zu leiten und sodann zu erretten. Jona aber wollte, was der Teufel auch wollte, er wollte wohl predigen: Ninive, du bist verdammt, – aber dann sollte Ninive auch verdammt bleiben. –

Ihr werdet wohl oft gedacht haben, dieser Jona war doch ein verkehrter Missionar. Aber Petrus, der Jahrhunderte später am Hafen derselben Stadt wohnte, wo Jona an Bord ging, war zuerst eben so wenig willig, zu dem Hauptmann Cornelio zu gehen, und nachdem er wirklich dahingekommen, mußte er sich vor allen Gläubigen dieses Schrittes wegen rechtfertigen, wobei er sich nicht mal zu helfen wußte mit des Herrn Wort: „Gehet hin in alle Welt”, sondern er rechtfertigte sich damit, daß Gott ihn ein Gesicht hatte sehen lassen.

Aber die Hand in den eigenen Busen, meine Geliebten! Ich halte euch die große Frage vor: Wollen wir unsrer selbst und unseres Nächsten Seligkeit oder Verderben? Glauben wir wahrlich, daß alles abhängt von der Predigt des Wortes, oder lehnen wir uns mit unsrer Eigenliebe und mit unseren Geschichten gegen Gottes Wort und Regiment auf? Zu dem Werke, wozu Jona berufen wurde, seid ihr freilich in der Weise nicht berufen, aber: „Gehe in die große Stadt Ninive des eignen Herzens und predige, denn die Bosheit dieser Stadt ist heraufgekommen vor mich!” – Wollt ihr das nicht als einen Scherz hinnehmen, sondern als Gottes Wort an euch selbst? Wollt ihr solche Predigt euch selbst vorhalten, auf daß ihr, wo es doch Gott ist, der das Wollen und Vollbringen in uns wirkt, eurer selbst Seligkeit schaffet, und der große König „Ich” in dem Herzen sich mit allen seinen Untertanen in Staub und Asche lege; – oder denkt ihr nicht vielmehr: Gott ist gnädig und gut, er tut doch nicht, was er drohet, ich bin doch gerettet, ich brauche mir selbst nichts mehr zu predigen?

Untersuchet euch selbst. Aber was mich die Erfahrung gelehrt, das sollt auch ihr wissen: Gottes Wille ist es, daß wir durch das Wort von Buße und Glaube selig werden, und dieses Wort wollen wir nicht; wir wollen nicht, daß Gnade allein herrsche, weil wir dabei untergehen, und solch ein Untergang unsrer selbst scheuen wir. Das ist es, daß wir nie wollen, so wie und was Gott will, obschon wir tagtäglich beten: „Dein Wille geschehe“.

II. Statt Gottes Willen zu tun, entfernen wir uns vielmehr so weit von Gott, als unsere Füße uns nur tragen können; wir bezahlen lieber Fährgeld und machen uns auf’s weite Meer.

So tat Jona, er machte sich auf, nicht um Gottes Willen zu tun, sondern er floh vor dem Herrn und wollte auf’s Meer; obschon in seiner Jugend er wohl in der Schule mag gelernt haben, was David ausspricht im 139. Psalm: „Wo soll ich hingehen vor deinem Geist? Und wo soll ich hinfliehen vor deinem Angesicht? Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde mich doch deine Hand daselbst führen, und deine Rechte mich halten”.

Erst macht er zwei, drei Tagesreisen, um in die Hafenstadt Joppe zu kommen, wo er am sichersten ein Schiff meinte finden zu können, und als er ein Schiff gefunden hat, das nach fernen Küsten wollte, machte er sich sofort an Bord. Wohin er wolle, das wußte er zwar so genau nicht zu sagen; er wollte aber nach dem fernsten Lande, wohin dazumal die Schiffe nur jemand tragen konnten, wie wenn etwa heute jemand nach Amerika oder Indien wollte; er möchte von Ninive so ferne sein, wie von dem Aufgang der Sonne ihr Niedergang ist. Als aber die Schiffsleute ihn genauer fragen mochten, welche Stadt und Gegend sein Ziel sei, was ihn dorthin treibe oder was er da suche, da wußte er nichts zu sagen; – auf’s Meer, in das jenseitige Land der fernen Küsten will ich, das kann er allein antworten und muß sich darüber zum Besten halten lassen, und läßt es sich gefallen ein Reisegeld zu bezahlen, im Verhältnis zu dem ganzen Wege, welchen das Schiff auf dem Meere zurücklegen mochte, und weil er nicht weiß was er sagen soll, predigt er’s den Schiffsleuten vor, daß der Mensch nie Gottes Willen tun kann oder will, sondern stets davon das Umgekehrte will, und führt sich endlich selbst zum Beweise an, weil sie ihm wohl nicht haben glauben mögen. Denn der natürliche Mensch glaubt von sich, wenn er nur erst den rechten Willen Gottes wüßte, so würde er denselben auf der Stelle tun, mit Drangebung seiner selbst und aller seiner Habe. –

Ein sonderbarer Prophet, dieser Jona – da sitzt er zwischen den Ruderbänken, predigt den Schiffsleuten von menschlicher Ohnmacht zum Guten und meint doch so mächtig zu sein, daß er sich Gottes Willen wird entziehen können. Er hat dazu vielleicht seine ganze Barschaft dem Schiffskapitän gegeben. Aber die Hand in den eigenen Busen, das ist es was ich sage: Gehet in das große Ninive des Herzens und prediget: deine Bosheit ist hinaufgekommen vor den Herrn. Ein jeder sehe, ob er dieses fertig bringt. Jona mußte predigen: Ninive, du bist verdammt vor Gott, und dann mußte er es Gott überlassen, was aus Ninive werden möchte. Er wollte aber lieber den Buchstaben seiner Predigt, als die Wirkung der Predigt: die Offenbarung des Erbarmens Gottes. So ziehen wir auch den Buchstaben vor und haben nicht Acht auf den Geist der Gnade. Gottes Gnade ist ja doch für mich da, denkt man; aber die Anwendung auf mich selbst zu machen, daß ich mir selbst es predige, du bist verloren mit allem deinem Werk, da wollen wir nicht dran. Wir wollen Gott nicht gerecht sein lassen, nicht von uns selbst glauben, daß wir Lügner und Gottlose sind, – wir wollen nicht mit dem Worte auf uns selbst losgehn, daß uns unsere Ungerechtigkeit aufgedeckt werde, auf daß wahrlich durch das Wort die Gnade komme, und Gnade Gnade bleibe. Da gehen wir auch lieber so weit als unsere Füße uns tragen können, auf daß nicht die Gnade durch’s Wort herrsche, und wir uns dem Worte unterwerfen, dasselbe allein hochachten und nicht unsere Gedanken; da machen wir uns auch auf’s weite Meer und fliehen vor dem Herrn, wie Adam, da der Herr rief: Adam, wo bist du? Lieber auf’s weite Meer des Zweifelns, des Zagens, des Unglaubens, lieber auf’s Meer der Welt, uns zu entziehen dem gnädigen Willen Gottes, ja wir bezahlen Fährgeld, setzen dran alles was wir haben, nur um eignen Willen und unser eignes Reich zu behaupten, helfen den Schiffsleuten rudern, als müßten wir davon leben, predigen andern von Gottes Willen und Gnade, ganz richtig, aber aus einem bösen Gewissen, denn wir glauben, und tun nicht darnach.

III. Der Herr weiß uns aber wohl zu finden, und schlägt mit seinem Ungewitter hinter uns drein.

Wollen wir dem Ninive des Herzens nicht predigen: deine Bosheit ist hinaufgekommen vor Gott, „tue Buße und nimm deine Zuflucht zu der Gnade”; wollen wir uns dem Worte nicht ergeben und es dem Worte überlassen, daß dasselbe bei uns die Gnade verherrliche, so mögen wir es immerhin machen wie Jona; will Gott sein Wort durch uns geehret wissen, sein Wort allein, so wird es wohl in allerlei Beziehung bei uns wahr werden, wenn wir uns auf’s weite Meer der Welt und der Werke gemacht und dazu tüchtiges Fährgeld bezahlt haben; „da ließ der Herr einen großen Wind auf’s Meer kommen, und erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, daß man meinte, das Schiff möchte zerbrechen”.

Hat Gott einen dazu erschaffen, daß er seinen Ruhm verkünde, so mag ein solcher sich mit Adam hinter die Bäume machen und mit Jona sich ein Schiff suchen und sich auf die Ruderbänke setzen, um nur schnell von dem Lande weg und auf’s Meer zu kommen, er wird wohl erfahren, daß der Herr auch bei ihm das Wort wahr machen wird, was er zu Paulus sagt: Es wird dir schwer werden wider den Stachel zu löcken. – Die Lehre und Predigt, daß es eitel Gnade ist und Erbarmen, möchten wir gerne halten und lehren, aber wir scheuen das Mittel, durch welches solche Gnade kommt, nämlich das Wort von Buße und Gnade, und tun nicht darnach. Denn wo dieses Wort kommt, da geht der Mensch mit seiner Anmaßung, Stolz und Eigenliebe, mit seinem Werk und seiner Frömmigkeit zu Grunde, – und das wollen wir nicht. Darum begeben wir uns auf die großen Wasser der Selbstheiligung und der toten Werke, und je tiefer wir hinein kommen, um so lieber ist es uns, und wir machen uns immer ferner von Gott in unsrer Selbstbehauptung. Da haben wir aber eine schlechte Fahrt auf unserm Ruderschiffe. Gott weiß wohl einen Sturm und Ungewitter auf unser Meer zu werfen, so daß es bald offenbar wird, daß von allem, worin wir uns geborgen haben, kein Stück an dem andern bleiben wird. Es dient aber dazu der Sturm und das Ungewitter von allerlei Sünden und Leidenschaft, die Gewissensbisse, das innerliche Gefühl des Zornes Gottes, des Abseins von ihm, die innerliche mächtige Bestrafung, daß wir uns mit erhobenem Schild gegen Gott auflehnen. Dazu dienen auch die äußerlichen Leiden, allerlei Kreuz, Trübsal und Not, Kummer, Verlegenheit und Sorgen allerlei Art; denn damit sucht Gott uns auf, damit er uns unsere Wege, welche nicht die seinen sind, verderbe, uns derselben überdrüssig mache und uns endlich in den Weg hinein bekomme, da wir zuletzt es in Wahrheit bekennen: Gnade ist Gnade, uns lediglich daran halten und darnach tun. –

IV. Wo aber der Herr mit seinem Ungewitter drein schlägt, da verkriechen wir uns um so mehr, schlafen und schnarchen, als ob nichts um uns vorfiele.

Es sieht bei dem ersten Anblick eigentümlich genug aus, daß Jona während des Sturmes schlief. Denn so lesen wir von ihm: „Jona war hinunter in das Schiff gestiegen, lag und schlief”. Sobald der Sturm sich erhob und die Wellen anfingen über Bord zu schlagen, da stieg er hinunter. Sein Gewissen sagte es ihm wohl alsbald, Gott hat auch das Meer gemacht, so gut wie das Trockne, und er ist dir nach, weil du vor ihm fliehst. Aber anstatt zu dem Herrn zu schreien, ließ er die Not die Not sein, und verkroch sich unter das Verdeck, als wäre er daselbst sicher. Er hatte nicht mal Herz für das Lärmen und Schreien der Schiffsleute, daß diese zu ihrem Gott schrieen und das köstliche Geräte in das Meer warfen, er legte sich hin, schlief und schnarchte, als könnte er mit dem Schiff nicht versinken; er hatte nicht mal darüber Gedanken, daß die armen Schiffsleute sich so abplagten, um das Schiff am Treiben zu halten, er lag mitten in der Not als auf einem Ruhebette, und hätte Gott es zugelassen, er wäre schlafend versunken und erstickt in den Wellen. Die Schiffsleute werfen ihr Bestes über Bord, – und er wähnt sich unten im Schiff geborgen; die Schiffsleute wachen und beten, – und er scheint der Verstockung fast nahe und läßt den Teufel auf sich reiten, daß er ihn bezaubere mit einem tiefen Schlaf. Er ist müde von dem Streit wider Gott, von dem Ungehorsam, von den Gefühlen, daß er es mit Gott aufgenommen hat wider Gottes Willen zu kämpfen, er ist müde von seinem Laufen und Wollen wider Gottes Willen und Wege, – er kommt aber nicht zu Gott mit seiner Verkehrtheit, sondern das Gericht macht ihn schläfrig, und er hat sich so verkrochen in sein Fleisch, daß er von dem Sturme nicht mal was vernimmt, sondern schläft und schnarcht, als sei er doch geborgen.

Davon sollen wir lernen, welche Leute wir eigentlich sind, wenn wir die Anwendung des Wortes der Gnade auf uns selbst zu machen und uns unter das Wort zu beugen haben. Wir wollen nicht hinein in das Ninive des Herzens, demselben die Verlorenheit zu predigen, auf daß wir durch das Wort von Buße und Gnade errettet seien, – und wo wir dann vor Gott fliehen, da fragen wir nicht darnach, wo wir werden hinkommen. Schlägt nun Gott mit seinem großen Winde und Ungewitter auf unser Meer, da lassen wir die Not die Not sein; es mögen dann selbst unsere Liebsten ihr Äußerstes tun um das Schiff noch zu retten, sie mögen alles dafür aufopfern, schreien, rufen und beten, und hart sich abplagen um nur sich selbst noch zu retten, – wir verkriechen uns in das Loch unserer Frömmigkeit, mit bösem Gewissen, geben Gott den Bettelstab, bekümmern uns wenig um unseren Nächsten, schlafen und schnarchen in aller Sicherheit des Gesetzes und seiner Werke, und tun als wüßten wir es nicht, daß Gott den ganzen Sturm der Widerwärtigkeit auf uns hat losbrechen lassen, auf daß wir Gottes Gnade endlich schalten und walten lassen über das Ninive unseres Herzens, über welches wir aus Liebe zu unsrem Ich und unsren Behauptungen die Gnade Gottes nicht wollen kommen lassen.

V. Aber wie wir uns verkrochen haben mögen, auf daß Gottes gnädiger Wille uns nicht beikomme: alles was uns umgibt, läßt uns keine Ruhe, so daß wir am Ende dran müssen.

Der Schiffsherr stieg am Ende auch hinunter in das Schiff, der Heide muß den Propheten wecken. Was schläfst du, spricht er gewiß ziemlich barsch zu ihm. „Stehe auf, rufe deinen Gott an, ob vielleicht Gott an uns gedenken möchte, daß wir nicht verdürben.” Das mag nun dem Jona nicht sehr angenehm gewesen sein, daß er aus seinem Schlafe aufgeweckt wurde, und daß er nicht allein die ganze Not hat sehen und hören müssen, sondern auch von einem Heidenkind so bestraft wurde, daß er schlief und nicht zu Gott um Errettung schrie. So geht’s uns, wenn wir nicht wollen, daß die Gnade ganz und allein bei uns herrsche; da mögen wir uns verkrochen haben und hart schlafen, so hat aber Gott wohl manchen Schiffsherrn, der es versteht uns die Wahrheit zu predigen, daß es uns aufgedeckt werde, welche Leute wir denn eigentlich sind, und ob wir da mit dem Hund auf den Stein beißen mögen, so wird doch Gott der Steine genug haben, welche uns endlich treffen, daß wir nicht mehr aufkommen können. Trösten wir uns mit der Gnade, ohne daß wir wissen wollen in welchem Verderben das Ninive unseres Herzens steckt, und ohne daß wir uns von solchem Verderben bekehren wollen, so hat Gott der Herr wohl allererst einen tüchtigen Schiffsherrn an seinem Gesetz, daß es uns endlich gehe wie der Apostel Paulus schreibt: Ich wüßte nicht von der Lust, wo nicht das Gesetz gesagt hätte: Laß dich nicht gelüsten. Dazu erweckt Gott denn auch allerlei Leute aus unserer Umgebung, mit denen wir auf demselben Schiffe fahren, oder mit denen wir gemeinsame Sache gemacht und ihnen Fährgeld bezahlt haben, um in ihrer Gesellschaft uns von Gott fern zu halten, er erweckt auch solche die uns am nächsten und am liebsten sind, Freund und Feind, und ob wir solche als Teufel schelten mögen, weil sie uns keine Ruhe lassen: – sie werden uns wohl aufschütteln und wach machen, daß unsre Schuld und Verdrehtheit, indem wir bei allem Sprechen von der Gnade doch die Gnade nicht wollen schalten und walten lassen durch’s Wort des Herrn, uns am Ende in’s Angesicht schlage. So erging es dem Petrus auch in dem Hofe von Kaiphas, da ihm auch keine Ruhe gelassen wurde; und so müssen wir, ob wir wollen oder nicht wollen, endlich d’ran. Die Schiffsleute ahnten es wohl bald, um welches willen es ihnen so übel erging, darum sprach einer zum andern: Kommt wir wollen losen, daß wir erfahren um welches willen es uns so übel gehe! Das gab ihnen Gott ins Herz, und da sie losten, traf es Jona. Da stand nun dieser heilige Prophet als der einzige Sünder vor dem Himmel und vor den Heiden auf dem Verdeck: – an ihm die Schuld! Und sie wurde bei ihm genau gesucht: „Sage uns, warum gehet es uns so übel? Was ist dein Gewerbe? Und wo kommst du her? Aus welchem Lande bist du? Und von welchem Volk bist du?” Also genau sucht es Gott bei uns durch sein Gesetz, durch allerlei Umstände, durch Menschen welche wir sonst als Heiden betrachten möchten, und läßt nicht ab, findet und zwingt den Sünder zum Bekenntnis, läßt ihn offenbar werden und wohl mal nackt dastehen vor der ganzen Welt, – und es muß der Mensch dran und zu Grunde gehen mit seiner Heiligkeit, denn bei allem Rühmen der Gnade will er dennoch über das gottlose Ninive seines Herzens die Gnade nicht kommen lassen durch das Wort.

VI. Kommt’s mit uns auf die Spitze, so wird es offenbar vor der Welt, wes Geistes Kinder wir sind.

Müssen wir es vor dem Himmel und vor den Heiden bekennen, daß wir nicht haben losziehen wollen auf das gottlose Ninive unseres Herzens, damit es errettet sei durch das Wort; stehen wir da als Schuldner Angesichts des Himmels und der Hölle, als Schuldner darum, weil wir uns gesträubt wider das Wort von Gnade, daß wir dasselbe nicht gegen uns wollten gelten lassen, auf daß Gnade allein Gnade sei und bleibe; hat uns diese Ungerechtigkeit gefunden: so werden wir, wenn wir eines bösen Geistes Kinder sind, alsbald zusammenbrechen, es ist mit allem Mut und allem Leben dahin, wir lassen die Welt fromm und ihren Gott den rechten Gott sein, und verleugnen unseren Gott und seine Gnade, – sind wir aber des Heiligen Geistes Kinder, so lassen wir bei allem dem Gotte seine Ehre und handhaben diese Ehre Angesichts alles Fleisches mitten in unsrer Verlorenheit. Obschon uns unsere Ungerechtigkeit gefunden hat, und wir als Sünder dastehen, so lassen wir dem Fleische und den Götzen doch gar keinen Ruhm, als stecke in dem einen Fleische mehr Gerechtigkeit als in dem anderen, oder als könnten die Götzen helfen. Darum antwortet Jona, angesichts seiner Sünden, Angesichts der Heiden, Angesichts des Todes und Angesichts Gottes, vor dem er schuldbewußt dastand: „Ich bin ein Hebräer und fürchte den Herrn Gott vom Himmel, welcher gemacht hat das Meer und das Trockne”. Wenn er sagt: „Ich bin ein Hebräer”, so sagt er fast dasselbige als: ich bin heilig, ich bin von dem Herrn erwählt, ich bin übergegangen aus dem Tode in das ewige Leben. Wenn er sagt: „Ich fürchte den Herrn”, so gibt er zu verstehen, daß es ihm vor Tod und Teufel, auch vor seiner eignen Verkehrtheit und vor dem den Rachen aufsperrenden Abgrund nicht bange ist, sondern daß er allein den Herrn fürchtet, liebt, ehrt und ihm dienet, wenn er auch nur das Widerspiel aufzuweisen hat. Und wenn er hinzufügt: „Welcher gemacht hat das Meer und das Trockene”, so behauptet er damit seines Gottes Ehre vor den Heiden und predigt ihnen, daß ihnen ihre Götzen nichts nützen, weil der Herr allein alles in seiner Hand hat. –

Was sollen wir von Jona lernen, was will der Heilige Geist mit diesem Bekenntnisse die Gemeinde lehren? Dieses, daß wir von Gottes Gerechtigkeit predigen und uns den Mund nicht sollen stopfen lassen, eben dann wenn der Teufel uns mit unsrer Ungerechtigkeit in’s Angesicht schlägt; eben dann wenn Gesetz, Himmel und Erde, Freund und Feind uns als den Sünder festgenommen haben, und wir wie gebannt an dem Rande des Abgrundes stehen. Wenn ich mich heilig fühle, habe ich gut predigen: ich bin ein Hebräer und fürchte den Herrn; wenn ich aber dastehe: ein armer Sünder, ein solcher, der Gottes Gnade und Gottes Willen widerstrebt hat, dann geht’s eben drum, daß ich mit diesem Bekenntnisse Sünde und Abgründe zerhaue und den Heiden ihre Götzen nicht lasse. Denn obwohl an mir die Schuld liegt, so liegt sie doch nicht an meinem Gott; darum soll Er gepriesen bleiben und sollen auch seine Gnade und Macht gepriesen bleiben, – und ich mag zu Grunde gegangen sein. Da werde ich denn wohl ein Hebräer sein und bleiben. Daran erkennt man die Kinder Gottes: – wohl wollen sie wissen, daß sie Buben sind, aber ihr Vater soll ihr Vater bleiben.

VII. Kommt’s aber mit uns auf die Spitze, so schonen wir uns selbst nicht, wenn wir wahrlich des Herrn sind, sondern lassen uns über Bord werfen.

Die Schiffsleute haben Jonas freimütiges Bekenntnis vernommen. Sie staunen – und fragen: warum hast du denn solches getan. Sie machen es wie der König Abimelech, der auch den Abraham fragte, obschon er von ihm wußte, daß er ein Prophet sei: warum hast du uns solches getan. Aber Jona rückt ihnen nichts vor. Hätten sie aber sich doch selbst darüber Vorwürfe machen sollen: Warum haben wir ihn mitgenommen. Als sie aber noch in dem Hafen waren, dachten sie: was gehet es uns an, ob er wider den Herrn sündigt und vor ihm flieht; das hatte ihnen ja Jona doch gesagt. Sie dachten aber: wir bekommen ein gutes Fährgeld, – das Übrige mache er aus mit seinem Gott. Wie denn die Werkheiligen, die von der Welt sind, es immerdar machen, und wenn dann die Not an den Mann kommt, so soll der Heilige Gottes in allen Stücken allein der Sündenbock sein, ihr Geiz aber soll ungestraft bleiben. So wollen denn die Schiffsleute sich des Jona entledigen. Was sollen wir denn mit dir tun, fragen sie ihn, daß uns das Meer stille werde. Denn das Meer wollte nicht still werden, sondern fuhr ungestüm, und die Windsbraut erhob sich mit solcher Gewalt, daß Mastbaum, Ruderbank und alles Gebinde krachten. Und da antwortete nun der Prophet Jona, der so eben gesagt: „Ich bin ein Hebräer und fürchte Gott”, die ewig denkwürdigen Worte: „Nehmet mich und werfet mich in das Meer, so wird euch das Meer still werden”. Wie! will Jona einen Selbstmord an sich begehen lassen, um so der allgegenwärtigen Hand Gottes dennoch zu entkommen? Mitnichten, meine Geliebten! Er tat es aber, weil er keine Schuld bei den Leuten suchte, sondern bei sich die Schuld bekannte, damit er sie, die er um seinetwillen in so großer Angst und Not sah, dieser Not überhöbe und sie errettete durch Drangebung seiner selbst. Jona machte es wie David, der als der Engel des Herrn siebzig Tausend mit Pestilenz niedergeworfen hatte, ausrief: „Bin ich es nicht, der das Volk zählen ließ? Ich bin es, der gesündigt und das Übel getan hat; diese Schafe aber, was haben sie getan? Herr mein Gott, laß deine Hand wider mich und meines Vaters Haus und nicht wider dein Volk sein, sie zu plagen”.

Nicht daß er Selbstmord gesucht; nicht um Gottes Hand desto sicherer zu entkommen, sondern um die Leute zu erretten, sprach Jona es aus: „Werfet mich in’s Meer“, denn er glaubte aus alter Erfahrung, daß er zurecht kommen würde in Gottes Schoß, welch ein armer Sünder er auch wäre. Daran werden am Ende die Kinder Gottes offenbar, wie verschieden sie sind von den Werkheiligen der Welt, daß sie nämlich, wenn es mit ihnen auf die Spitze kommt, ihre Schuld nicht verhehlen, ihre Ungerechtigkeit nicht festhalten, sondern mit ihrer Schuld und Sünde einkommen vor Gott und Menschen; sie geben sich selbst d’ran mit alle dem was sie sind, erwarten und haben, und lassen sich über Bord werfen, auf daß Gott und der Nächste von ihnen keine Last haben. Dagegen die Gleißner, sie brechen nie über sich selbst den Stab, rühmen das Evangelium beständig, weil sie wohl müssen, aber vor Gott und Menschen lassen sie ihr gottloses Ninive stehen bleiben; sie kommen nie ein mit ihrer Schuld, wenn sie auch tausendmal über ihrer Ungerechtigkeit sind zu Schanden geworden; sie bleiben die Männer im Schiffe, fangen an mit Barmherzigkeit, wollen Liebe beweisen und noch erretten, wie es die Schiffsleute auch machten, die noch erst mit viel Rudern das Land erreichen wollten; sodann aber, da es ihnen nicht gelang, statt zu sagen: „So kommen wir mit dir um, denn wir haben auch gesündigt, daß wir den Herrn verachtet, den Götzen gedient und Fährgeld von dir genommen haben; – schreie du zu dem Herrn, daß er dich und uns errette, wir wollen es mit dir wagen” – so wurden sie mit einemmal fromm; sie beteten zu dem rechten Gott, er wolle ihnen gnädig sein, daß sie den Jona über Bord warfen und dem Tode preis gaben, sie müßten sich ergeben in Gottes Wege und Willen, denn die Schuld läge ja doch an Jona; – und mit diesem Gebetlein werfen dann die Gleißner Christum über Bord, daß sie in dem Schiffe bleiben mögen und Ruhe haben vor der sie verfolgenden Windsbraut.

VIII. Lassen wir uns aber über Bord werfen, so gibt’s freilich eine Höllenfahrt, aber unten sind Arme ewiger Liebe, die uns auffangen.

Versteht es wohl, Jona ist nicht selbst über Bord gesprungen, er hat nicht sich selbst in’s Meer gestürzt, er hat sich von den Leuten hinein werfen lassen und hat Gott geglaubt, daß er ihn auch in den tobenden Wellen wieder auffangen könnte, wenn er Lust an ihm hätte. Aber welch ein Unterschied zwischen Mensch und Menschen! Die Schiffsleute fürchteten den Herrn, weil sie einen Mord begangen; taten dem Herrn Opfer und Gelübde, daß er sie nicht strafen und heimsuchen möchte, weil sie zu ihrer Selbsterhaltung seinen Propheten in die Tiefe des Meeres geworfen hatten: – und sie bleiben auf ihrem Schiff und treiben bald auf dem spiegelglatten Meere mit vollem Glücke dahin, um schnell ihren Götzen wieder zu dienen, und vor wie nach Fährgeld zu bekommen, bis sie der Tod und das Verderben auf ewig erhascht. – Und Jona, – der sich drangegeben für Anderer Heil, er ist bald von den Wellen verschlungen und hinuntergesunken auf die Tiefe des Meeres. Kein menschliches Auge sieht ihn mehr, Schilf bedeckt sein Haupt; – Gott aber sieht ihn. Welch eine Höllenfahrt war das für den Jona; aber vergeblich hat er nicht geglaubt, denn da unten sind Arme ewiger Liebe; und ob sie auch in gräßlicher Gestalt erscheinen, – denn der Herr verschaffte einen großen Fisch, Jona zu verschlingen, – so waren doch eben das die Arme Gottes, die ihn auffingen, und es wurde gerade diese Höllenfahrt, dieses Verschlungenwerden durch ein Ungeheuer des Meeres – seine Errettung von dem Angesichte Gottes.

Was sollen wir daraus lernen? Dieses, meine Geliebten! Wo Gesetz und Sünde hinter uns her sind, und Gott mit seinem mächtigen Wind der Bestrafung und mit seinem Ungewitter auf uns eindringt, daß wir von allen Seiten heimgesucht werden, und nun auch die Menschen sich gegen uns aufmachen, so daß unsere Ungerechtigkeit, weil wir uns unter das Wort von Gnade nicht haben beugen wollen, von allen Seiten genau gesucht wird und wir dran müssen: – so sollen wir an Jonas Exempel belehrt sein, daß wir in solcher Lage unsrer selbst nicht schonen, nicht unsere Ungerechtigkeit und Verdrehtheit behaupten wollen, wodurch wir uns selbst und die Unsern nur um so mehr in’s Unglück stürzen, sondern daß wir alsdann Gotte und seinem Gesetze und der Sünde getrost Recht geben, und uns selbst auf- und drangeben mit allen unsern Werken und Frömmigkeit. Muß es denn da auch heißen: Ja, so habe ich aber nichts mehr, so versinke ich in den Abgrund und in die Hölle, so sollen wir solches Versinken in unsre Verlorenheit, solches Hineingeworfensein in unser Verderben gar nicht scheuen, auf daß Gott und sein Gesetz, sein Recht und seine Wahrheit mögen bleiben und bestehen. Ein solches Verdammen und Wegwerfen seiner selbst, welch eine Höllenfahrt es auch sei, wird seine herrliche Frucht tragen. Denn der Herr wird da eine Errettung uns verschafft haben. Freilich hat diese Errettung anfangs ein schaudererregendes und grausames Ansehen, aber eben darin werden wir das finden, worin wir für die Ewigkeit zu der rechten Erkenntnis Gottes und seines Christi gelangen werden. –

Was für Jona das Seeungeheuer war, welches ihn verschlang, das ist für uns der Übergang aus dem Dienst der toten Werke und der Selbstheiligung unter die Herrschaft der Gnade, zu dienen dem lebendigen Gott.

Gräßlich sieht es sich für uns an, wenn wir von dem Schiffe des Selbstheiles und des eignen Wollens und Laufens sollen geworfen werden in das Meer der Gnade; gräßlich sieht es sich für uns an, wenn wir ganz umschlossen und wie verschlungen sind von dem Mittel, worin wir allein zur rechten Selbsterkenntnis und Erkenntnis Gottes gelangen können! Denn da befinden wir uns auch gleich als in dem Bauch eines großen Fisches und sehen weder Licht noch Gott, können uns selbst nicht mal mehr sehen, können keine Glieder mehr bewegen und sind von allen Lebendigen und von allem Leben abgeschnitten; aber eben in solchem Zustande, welcher uns so gräßlich deucht, ist der Herr bei uns mit seinem Himmel und mit seiner vollen Seligkeit.

Darum über Bord mit uns, ins Meer der göttlichen Gnade: – da taucht man wie ein Wunder wieder auf nach drei Tagen und drei Nächten.

Amen.

(Hermann Friedrich Kohlbrügge)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter


Eingestellt am 5. Dezember 2022