Denn das ist Gnade, so Jemand um des Gewissens willen zu Gott das Uebel verträgt und leidet das Unrecht. Denn was ist das für ein Ruhm, so ihr um Missetat willen Streiche leidet? Aber wenn ihr um Wohltat willen leidet und erduldet, das ist Gnade bei Gott. (1. Petri 2, 19+20)
Petrus ermahnt die Knechte, das heißt die Leibeigenen, den Herren mit aller Furcht untertan zu sein, und zwar nicht allein den gütigen und gelinden, sondern auch den wunderlichen. Der Apostel macht keinen Versuch, soziale Verhältnisse von außen her mit Gewalt zu ändern, sondern er will. daß der Christ auch in den schwierigsten Verhältnissen Gott verherrliche durch Demut, Geduld und Leidenswilligkeit, so daß die nicht leichte Stellung eines christlichen Sklaven verklärt wurde durch die Leidensgemeinschaft mit Christo, indem er, wo es nötig war, duldete wie sein Heiland.
Dieser echt himmlische Sinn ist in der heutigen Zeit sehr verschwunden. Unser Geschlecht redet zu sehr nur von Rechten; von Pflichten will es nicht mehr viel wissen. Der Zeitgeist ist ein eigentlicher Feind vom Untertan=Sein, von der Selbstverleugnung, vom Leiden um des Gewissens willen. Selbstherrlichkeit der Menschen ist jetzt das Losungswort. und der törichteste Mensch verlangt nicht selten so viel Einfluß als der weiseste. Dieser Geist ist schnurstracks das Gegenteil vom Geist Jesu Christi, von dem Petrus redet, wenn er sagt: „Das ist Gnade, wenn Jemand um des Gewissens willen, um Wohlhat willen das Uebel verträgt und leidet das Unrecht“.
Leiden um des Gewissens willen vor Gott, heißt leiden, sich dieses und Jenes gefallen lassen, um ein unverletztes, ruhiges Gewissen zu bewahren. Aufbegehren und Ungeduld gibt kein gutes Gewissen, sondern ist ein Zeichen innerer Unruhe. Wandelst und arbeitest du vor Gott und mußt dann leiden, so tröste dich damit, daß du in den Fußstapfen deines Heilandes stehst. Wer das tut, beweist, daß er Gnade von Gott empfangen hat, die ihm Kraft gibt zu dulden. Durch Leiden gehen wir zur Herrlichkeit; das ist Nachfolge Jesu. Sehen wir aber zu, daß wir nicht um Missetat willen leiden!
Gott, Gib mir Gnade, Dich auch durch Unrechtleiden zu verherrlichen. Herr Jesu! Ziehe mich hinein in die Gemeinschaft Deiner Leiden.
Amen.
Quelle:
Betrachtung zum 22. November, in: Suchet in der Schrift – Tägliche Betrachtungen für das ganze Jahr mit Anhang, S. 326. Von E. Schrenk. 2. Auflage, 32. bis 36. Tausend. Kassel. Druck und Verlag von Ernst Röttger, 1892.
Es gibt kaum etwas Schwereres, als ein Unrecht von unseren Mitmenschen ertragen zu müssen. Dabei handelt es sich nicht bloß um einen Verlust oder einen Schmerz; die Ungerechtigkeit und die damit verbundene Demütigung wird schmerzlich fühlbar, und das Rechtsbewußtsein möchte sich geltend machen. Es ist auch nicht ganz leicht, sofort in dem, was uns von Menschenhand geschieht, den Willen Gottes zu erkennen, der es erlaubt, daß wir also geprüft werden, um beweisen zu können, daß wir in der Tat Jesus zu unserem Vorbild genommen haben.
Mein Bruder, möchtest auch du Kraft bekommen, das Unrecht so zu ertragen, wie Jesus es ertrug? So gewöhne dich daran, in allem, was dir geschieht, Gottes Hand und Willen zu erkennen. Es hängt viel mehr davon ab, als du vielleicht denken magst. Ob dir nun großes Unrecht geschieht, oder ob dir im täglichen Leben eine kleine Beleidigung begegnet ist, so halte still, und ehe du deine Gedanken auf die Person richtest, die dir weh getan hat, so bedenke:
„Gott hat es erlaubt, daß ich in diese Not komme, um mich zu prüfen, ob ich Ihn darin verherrlichen werde. Diese Prüfung, sei sie nun groß oder klein, ist von Gott zugelassen, ja, sie ist sein Wille für mich.“
Beuge dich unter diesen Willen Gottes; wenn dadurch deine Seele zur Ruhe gekommen sein wird, so wirst du auch lernen, wie du dich zu benehmen hast. Den Blick abgekehrt von den Menschen und zu Gott gerichtet, da ist es nicht so schwer, Unrecht zu leiden, wie es zuerst scheinen möchte.
Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter
Predigt zur Schriftstelle von Traugott Hahn: Leiden – eine Gnade
Denn dazu seid ihr berufen; sintemal auch Christus gelitten hat für uns und uns ein Vorbild gelassen, daß ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; welcher keine Sünde getan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden; welcher nicht wiederschalt, da er gescholten ward, nicht drohte, da er litt, er stellte es aber dem anheim, der da recht richtet.
(1. Petrus 2, 21-23)
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