2. Korinther 5, 19

Denn Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. (2. Korinther 5, 19)

Das Gesetz ist durch Moses gegeben worden; überdies haben vor und nach seiner Zeit Verheißungen und Vorbilder den Menschen Hoffnung gemacht, daß der Messias in der Welt erscheinen, und die Menschen durch ein Opfer mit Gott versöhnen werde. Die Altväter sind damals im Glauben gestorben, haben aber die Erfüllung dieser Verheißung nicht empfangen, sondern sie von ferne gesehen, und sich derselben vertröstet, Hebr. 11, 13.

Als aber die Zeit des Alten Testaments zu Ende ging, so richtete Gott etwas Neues unter den Menschen auf, und was denn? Nicht ein neues Gesetz, nicht eine reinere Sittenlehre; denn das alte Gesetz war schon vollkommen, und die Sittenlehre, welche in den Schriften Mosis und der Propheten enthalten war, bedurfte keiner Zusätze. Er richtete aber das Wort von der durch Christum geschehenen Versöhnung auf. Dieses war das gute Wort, auf welches Er die Altväter vertröstet hatte, und das Evangelium, welches Er zuvor verheißen hatte, Röm. 1, 1.2.; dieses Wort ist etwas sehr Großes und Wichtiges. Nun kann man predigen: Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit Ihm selber, und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu. Nun sind Botschafter an Christus Statt vorhanden, durch die Gott vermahnet. Ja, diese Botschafter bitten die Menschen an Christus Statt: seid doch versöhnt mit Gott, haltet dafür, daß ihr durch Christum mit Gott versöhnt seid, fasset eine Zuversicht zu Gott, liebet Ihn, und dienet Ihm williglich. Will Jemand wissen, wie uns Gott durch Jesum Christum mit Ihm selber versöhnt habe, so sagt man ihm: Gott hat Den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde (oder zu einem Sündopfer) gemacht, auf daß wir würden in Ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Wir sind also durch Christum mit Gott versöhnt worden, in so fern Er unsere Sünden getragen hat, und ein Sündopfer für uns worden ist, und die unmittelbare Frucht dieser Versöhnung soll diese sein, daß wir in Christo Jesu lauter Gerechtigkeit, und zwar eine Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, werden, folglich bei der Vergebung unserer Sünden ein volles Recht zu allen himmlischen Gütern, ja zu der ewigen Gemeinschaft mit Ihm selbst haben.

Hat nun Gott unter uns das Wort von der geschehenen Versöhnung aufgerichtet, so ist es unrecht, wenn man immer bei dem Gesetz oder bei dem Berg Sinai stehen bleiben, und gleichsam von diesem Berg aus in den Himmel steigen will. Hier ist kein Weg zum Himmel gebahnt. Das Gesetz hat seinen Nutzen, indem es dem Menschen die hohen Forderungen Gottes entdeckt, ihn, weil er sie nicht leisten kann, zum Sünder macht, und ihm die Notwendigkeit zeigt, durch den Glauben an Christum gerecht und selig zu werden. Dieser Glaube selbst aber wird durch das Wort von der Versöhnung erweckt, und hält sich an dieses Wort, an Christum den Erlöser selbst, welcher uns durch dieses Wort vor die Augen gemalt wird. Wie soll ein Mensch, der sich bewußt ist, daß er den gerechten Gott nicht nur durch grobe und mutwillige Sünden beleidigt, sondern auch durch seine besten Werke Seinen hohen und gerechten Forderungen niemals eine vollkommene Genüge geleistet habe – wie soll ein solcher Mensch getröstet und ruhig werden, wenn er nicht weiß und glaubt, daß Christus seine Sünden getragen habe, für dieselben ein Opfer worden sei, und ihn dadurch mit Gott versöhnt habe? Bei diesem Glauben vergeht die alte Knechtschaft unter der Sünde, und es wird Alles neu, V. 17. So lasse denn der große Gott das Wort von der Versöhnung in meiner Seele recht klar und kräftig werden.

(Magnus Friedrich Roos)

Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter


Eingestellt am 15. Dezember 2023