So jemand in das Gefängnis führt, der wird in das Gefängnis gehen; so jemand mit dem Schwert tötet, der muß mit dem Schwert getötet werden. Hier ist Geduld und Glaube der Heiligen. (Offenbarung 13, 10)
Das Tier aus dem Meere, das ein Tier zu sein scheint, aber kein wirkliches Tier ist, weil es redet, lästert, mit sieben Häuptern, seine Klugheit und List anzudeuten, und zehn Hörnern, den Zeichen seiner großen Macht, ist die Macht des Christo feindlichen Weltsinns; das eine tödlich verwundete, aber wieder geheilte Horn ist das römische Papsttum, wie es seit dem elften Jahrhunderte in Europa aufgerichtet worden ist und die Gestalt eines weltlichen Reichs angenommen hat. Die Häupter dieses Reiches tragen Namen der Lästerung: ist es nicht Lästerung, wenn ein sündiger Mensch sich einen Namen beilegt, der Gott allein zukommt nach der Schrift, und sich den allerheiligsten Vater nennt? Es ist gleich einem Pardel [Jagdleopard]: ist die List und Gewandtheit des Papsttums nicht sprichwörtlich geworden? Es hat Bärenfüße: erzählt die Geschichte nicht unzählige Fälle seines räuberischen Sinnes und Verfahrens? Sein Mund war wie eines Löwen Mund: wie stolz, anmaßend, furchtbar war oft die Sprache, die das römische Papsttum seit seiner Entstehung geführt hat! Manchmal schien es tot im Laufe der Zeiten, von der weltlichen Macht bis auf den Tod verwundet; aber nicht lange, war es wieder lebendiger und wirksamer als je (V. 3.). Nach jeder Niederlage stieg es wieder neu in der Vergötterung der Menschen (V. 4.). Weltbekannt sind die großsprecherischen Worte, die die Päpste zu allen Zeiten geführt haben (V. 5.); buchstäblich eingetroffen ist die dreifache Lästerung (V. 6.) unseres Textes gegen Gott, dessen Name der Papst mißbrauchte zu seinen unheiligen Befehlen, Anmaßungen und Bannsprüchen, gegen Gottes Hütte, den Himmel, indem der Papst sich die Gewalt zuschrieb, denselben für die Menschen zu öffnen oder zu verschließen, und gegen die im Himmel wohnen, indem der Papst viele wahre Heilige als Ketzer verdammte und zum Feuertode verurteilte, viele unheilige Menschen dagegen, die aber seine Macht vermehrten, unter die Heiligen zählte. Wie viel unschuldiges Blut hat im Laufe der Jahrhunderte die römische Kirche vergossen! (V. 7.) In Italien und Spanien allein wird die Zahl der durch die Inquisition gemordeten Wahrheitszeugen berechnet auf zwölf Millionen Menschen. Und wo nur Menschen auf dem Erdboden wohnten, (V. 7.) oder Zugang zu neuen Ländern und Nationen sich öffnete, da war das Papsttum gleich geschäftig, sein Ansehen auszubreiten und seine Satzungen einzuführen, die Evangelischen zu verdrängen und die neubekehrten Heiden ihnen wieder zu entreißen. Nie hat ein weltliches Reich eine solche Ausdehnung seiner Macht beansprucht und verlangt unter allen Sprachen, Geschlechtern und Heiden, als der römische Stuhl. Namentlich wurde durch die Jesuiten die päpstliche Macht immer weiter ausgebreitet oder erneuert. Freilich gab es auch in den dunkelsten Zeiten lebendige Glieder der unsichtbaren Kirche, deren Namen geschrieben sind im Buche des Lammes, welche die römische Kirche dann in’s Gefängniß warf und tötete; aber – „wer Ohren hat zu hören, der höre!“ (V. 9.) d.h. dies verdient die größte Aufmerksamkeit! – mit weltlichen Waffen ist gegen sie nichts auszurichten (V. 10.), nicht die Macht des Schwertes führt in geistlichen Dingen zum Siege, sondern die Macht des Geistes allein. Die Waffe der Gläubigen ist Dulden und Glauben. Selig, wer zu dieser kleinen Heerde der Duldenden und Gläubigen gehört! Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwindet. Amen.
Johann Friedrich Wilhelm Arndt (1802-1881)
Quelle: Glaubensstimme – Die Archive der Väter
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