Micha 6, 8+16

Denn man hält die Weise Omris und alle Werke des Hauses Ahab und folgt ihrem Rat. Darum will ich dich zur Wüste machen und ihre Einwohner, daß man sie anpfeifen soll; und ihr sollt meines Volkes Schmach tragen.
(Micha 6, 16)

Wenn der Prophet von Gott dem HErrn in diesem Kapitel geheißen wird, sowohl die Berge zu schelten, als auch die Hügel Seine Stimme hören zu lassen, so werden mit den Bergen die Großen und Gewaltigen unter dem damaligen Israel, mit den Hügeln aber die Geringeren gemeinet. Es will also der HErr sagen, der Prophet solle nicht nur wider den gemeinen Mann predigen – und nicht nur dessen Sünden strafen, sondern solle auch wider der Großen Sünden eifern.

Was aber der Prophet Micha sowohl Großen als Kleinen unter seinem Volk dazumal predigen sollte, das war dieses: Er sollte ihnen vorerst vorhalten und zu Gemüte führen, was doch der HErr, ihr Gott, ihnen getan, und womit Er sie beleidigt, und ob Er ihnen nicht vielmehr je und je alles Gute erzeiget habe? Warum sie Ihm denn nun für alle solche Seine Wohltaten von ihrer Seite so viel Böses vergälten – und mit ihren Sünden, die dazumal unter ihnen im Schwange gingen, Ihn so heftig beleidigten?

Und allerdings hatten die Israeliten nicht Ursache, sich gegen den HErrn also zu bezeigen; wie denn auch kein anderer Sünder dessen jemals rechtmäßige Ursache haben kann. Denn der Wohltaten Gottes sind auch gegen alle andern Menschen so unzählig viele, daß er demnach zu einem jedweden unter uns wohl sagen kann: „Was Hab Ich doch auch dir, o Mensch, ja, was Hab Ich doch auch dir getan? Und womit habe Ich doch auch dich beleidigt?“

Dafür aber sollten wir Ihn ja billig von ganzem Herzen lieben – und Ihm dankbar sein, ferne aber von uns sein lassen, daß wir Ihn so schwer mit Sünden beleidigen sollten, da Er uns doch so wenig zu Leid tut.

Allein – mußte Er Sich mit solchem Undank weiland von den Israeliten für alles Gute, das Er ihnen getan hatte, gelohnet sehen, – so wird Ihm leider auch von den meisten andern Menschen für Seine ihnen erzeigten Wohlthaten nicht besser gedankt. Es ist aber aus unserm Kapitel zu sehen, wie wehe dieses Gott tut, und wie Er dafür strafen wolle, wenn man nicht Buße tut – und Ihn, den HErrn, dadurch beizeit wieder versöhnt.

Solche Buße aber uns auch zu lehren, muß der Prophet Micha dem damaligen Israel in diesem Kapitel andernteils auch dies predigen, daß zu solcher Buße nicht genug sei, sich nur etwa mit äußerlichen, leiblichen Gebärden vor Gott zu demütigen – oder Ihm nur allerlei Opfer von Kälbern, Widdern und Oel zu bringen. Nein! Denn an dem allen habe Er, der HErr, wenn man es dabei allein bleiben lasse, keinen Gefallen, sollte man gleich dessen noch so viel machen, ja sollte Ihm gleich jemand nicht nur Vieh, sondern auch seine eigenen Kinder zum Opfer schlachten wollen.

Was hingegen gefällt denn Ihm, dem HErrn, besser?

„Siehe, es ist dir gesagt, Mensch,“ heißt es, „was gut ist, und was der HErr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten, und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Micha 6, 8) –

Würden nun die Israeliten das anfangen zu tun, alsdann läßt ihnen der HErr verheißen, daß Er sich mit ihnen wieder versöhnen – und ihnen wieder gnädig sein wolle. Wofern sie hingegen in ihren Sünden noch länger fortfahren würden, unter denen sonderlich Wucher und Schinderei, Betrug und Uebervorteilung, falsche Wage und Gewicht namhaft gemacht werden, so mußte ihnen der Prophet drohen, daß der HErr in solchem Fall anfangen wolle, sie zu plagen – und sie um ihrer Sünden willen gänzlich wüste zu machen, daß sie also ihres mit Unrecht zusammengescharrten Gutes wenig froh werden sollen. Und dawider sollen ihnen alle ihre Opfer und Brandopfer nichts helfen – und solche Strafen nicht hintertreiben – noch von ihnen abwenden können. Damit ist aber auch uns gesagt, daß wir unsere Buße, wenn wir Gott wieder versöhnen wollen, nicht nur in allerlei leiblichen und äußerlichen Uebungen bestehen lassen, sondern vor allem auch fein Gottes Wort halten, Liebe üben – und vor Ihm, dem HErrn, demüthig sein sollen; wozu Er uns demnach auch Seines heiligen Geistes Gnade verleihen wolle – um des rechten Versöhnopfers für unsere und der ganzen Welt Sünde, unseres HErrn Jesu Christi, willen. Amen.

Dreiundfünfzigste Woche.

(Veit Dieterich)