Römer 3, 23 (Emil Dönges)

Denn es ist hier kein Unterschied: sie sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten. (Römer 3, 23)

Von unseren gewaltigsten Feinden wollen wir miteinander reden. Sie wohnen nicht im Osten, noch im Westen unseres Volkes und Landes. Sie sind auch nicht nur unsere Feinde; denn sie fragen nicht nach Grenzpfählen und Landesfarben. Sie sind Feinde jedes Volkes und jeder Nation; und alle Menschen sind von ihnen bedroht, auch wenn sie abgeschlossen wohnen auf einer entlegenen Insel im weiten Ozean.

So sind die Feinde, von denen geredet werden soll, wohl eine verheerende Krankheit und Seuche? Auch nicht. meine Leser; sie sind verderblicher  und gewaltiger als Grippe und Pest und Cholera: sie heißen Sünde, Satan, Welt und Tod.

Staunst du, mein Leser, wenn du von diesen Feinden hörst? Glaubst du nicht mit uns, daß diese in der Tat  g e w a l t i g e  Feinde sind? Oder zweifelst du gar an ihrem Dasein und ihrer Furchtbarkeit und siehst doch täglich ihr Zerstörungswerk? O, daß so viele Menschen  b l i n d  sind über ihre Feinde!  Und ach, daß so viele den Weg nicht kennen, um ihnen zu entrinnen, um von ihrer Macht  f r e i  zu werden und über sie den Sieg davonzutragen!

Die Sünde

Wer könnte leugnen, daß der erste der genannten Feinde, die  S ü n d e,  auf dem Plane ist? Jeder sieht, was sie anrichtet, wie sie schon äußerlich der Menschen Verderben ist. Was stiften z.B. Trunksucht, Unkeuschheitssünde, Jähzorn, Neid, Betrug, Geldgier und tausend andere Uebel in der Welt für Elend an!

Man besuche die Familien, gehe in die Gefängnisse und Krankenhäuser und höre und sehe die Erschlagenen dieses Feindes! Du sagst: „Aber es ist doch nicht immer so, daß die, welche am meisten leiden oder überhaupt leiden, auch in besonderer Weise Sünder seien! Wie oft sind gottlose Menschen gesund und stark!“ – Du hast recht. So sind ja auch nicht alle Verbrecher schon gefangen und hinter Schloß und Riegel. Aber du gibst zu, die Sünde ist in der Welt als ein gewaltiger Feind, der ringsum große Verheerungen anrichtet. Und nun behaupten wir noch dies: Die Sünde wohnt und wirkt in allen Menschen, auch wenn sie nicht in offenbaren Lastern und Verbrechen leben.

Ja, mein Leser, Hand aufs Herz! Weißt du nicht, daß auch in  d e i n e m  Herzen und Leben die Sünde sich schon kundgetan? Oder ist noch nie in deinem Herzen ein Gedanke oder Wusch aufgestiegen, der  s ü n d i g  war, der gar vielleicht, wenn du ihn ausgeführt hättest, dich und andere in Herzeleid oder ins tiefste Unglück gestürzt hätte? ―

Du sagst: „Das gebe ich zu, aber bin ich denn auch dann ein Sünder, wenn ich den bösen Gedanken unterdrücke und nicht ausführe?“ – Ja, vor Gott! Gott sieht auch das Herz an. – Gewiß war es gut und richtig, daß du den sündigen Gedanken und Wunsch nicht ausgeführt hast, es würde deine Schuld und Verdammlichkeit vor Gott vermehrt haben, aber du siehst doch, daß die Sünde, dieser gewaltige Feind, in deinem  H e r z e n  wohnt. Wie ernst ist dies! Bist du also rein vor Gott? – Gewiß nicht!

Die Heilige Schrift oder Bibel, welche Gottes Wort ist und uns weise macht zur Seligkeit, sagt dies auch in den klarsten Worten, daß das menschliche Herz vor Gott sündhaft und unrein und böse ist. So lesen wir: „Das Dichten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend an“ (1. Mose 8, 21). – „Arglistig ist das Herz, und verderbt ist es; wer kann es erkennen? (Jeremia 17, 9). Und Jesus Christus, der Sohn Gottes, der Herzenskündiger und Weltenrichter, sagt: „Von innen, aus dem Herzen der Menschen, gehen hervor die schlechten Gedanken: Ehebruch, Hurerei, Mord, Dieberei, Geiz, Bosheit, List, Ausschweifung, Schalksauge (Arglist, Neid und Mißgunst), Lästerung, Hoffart und Torheit (oder Leichtfertigkeit). Alle diese Dinge gehen von innen heraus und verunreinigen den Menschen“ (Mark. 7, 21-23).

Der Mensch, ein Schuldner vor Gott.

Aber die Sünde  w o h n t  nicht nur in jedem Menschen, wie die bösen Gedanken und Neigungen, die in seinem Herzen aufsteigen, es beweisen, sie bringt ihn auch – o, wer merkt wie oft! – zur bösen Tat und Schuld. Ja, wer weiß,  w i e  o f t  er täglich fehlt und sündigt? – Die H. Schrift sagt uns denn auch klar genug:  „A l l e  haben gesündigt“ (Römer 3, 23). Und schon zuvor: „Da ist nicht ein Gerechter, auch nicht einer; …alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist nicht, der Gutes tue, auch nicht  e i n e r !“

Ja, der mächtige Feind, die Sünde, hat uns alle, alle überwunden, hat alle Menschenkinder, reich und arm, gelehrt und ungelehrt, auf der ganzen Erde zu Sündern und Missetätern gemacht und hat uns alle als Schuldner vor Gott hingestellt! – Ist die Sünde nicht ein gewaltiger Feind? ―

Wenn aber alle Menschen durch die Sünde, die in ihren Herzen wohnt und in ihren Gliedern wirkt, vor Gott unrein und schuldig geworden sind, wird Gott da nicht wenigstens die geringen Sünden übersehen und die weniger Schuldigen freisprechen? Wird er nicht etwa nur die groben Sünden bestrafen und nur die großen Sünder ins Gericht und in die Verdammnis bringen? ―

Ach, teurer Leser, du denkst menschlich und urteilst nicht nach Gottes vollkommener Gerechtigkeit und Heiligkeit, wenn du also urteilst. Gottes Wort unterscheidet nicht zwischen sogenannten feinen und groben Sünden. Es sagt uns: „Die Seele, welche sündigt, – ob grob oder fein – die soll sterben“ (Hesekiel 18, 4). Und wiederum: „Es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt!“ (Röm. 3, 22.23). – „Wer irgend das ganze Gesetz halten, aber in einem straucheln wird, ist aller Gebote schuldig geworden. Denn der da sprach: ‚Du sollst nicht ehebrechen‘, sprach auch: ‚Du sollst nicht töten;‘ wenn du nun nicht ehebrichst, aber tötest, so bist du ein Gesetzes-Übertreter geworden“ (Jakobus 2, 10.11).

Wenn dem aber so ist, wer wird dem heiligen Gerichte Gottes entrinnen? – Teurer Leser, aus eigener Kraft und Würdigkeit niemand,  n i e m a n d! – „Die ganze Welt ist dem Gericht Gottes verfallen“ (Römer 3, 19).

Aber Gott sei Dank. Er fand in Seiner Gnade und Weisheit einen Weg zur

Rettung!

Quelle:

Emil Dönges: Gewaltige Feinde und ein völliger Sieg über sie. Traktat Nr. 211, 2. Auflage. Verlag Geschw. Dönges, Dillenburg [Download im pdf-Format bei Martin Arhelger]

Eingestellt am 25. August 2022