Enneagramm

Das Enneagramm (von altgriechisch ἐννέα, ennea, „neun“, und γράμμα, gramma, „das Geschriebene“) bezeichnet ein neunspitziges esoterisches Symbol, das als grafisches Strukturmodell neun als grundsätzlich angenommene „Qualitäten“ unterscheiden, ordnen und miteinander in Beziehung setzen soll. Der nachfolgende Artikel geht auf das Modell und seine Anwendung als Typenlehre zur Beschreibung verschiedener Persönlichkeitsstrukturen ein.

Geschichte

Die Wurzeln des Enneagramms sind unbekannt. Manche Vertreter von Lehren, die das Enneagramm verwenden, gehen von einem antiken Ursprung aus, wobei es über den Kulturkreis verschiedene Spekulationen gibt. Vermutungen zufolge wurde das Enneagramm vom Sufismus (islamische Mystik) überliefert. Manche Vertreter sehen etwa in den „Hauptlastern“ (Todsünden) der Wüstenväter oder den Entwicklungsstufen bei Evagrius Ponticus, einem christlichen Mystiker des 4. Jahrhunderts, Parallelen zu den Ansätzen des Enneagramms. Solche Parallelen können als Vorstufen des Enneagramms betrachtet werden; einen Nachweis, dass es als Typensystem verwendet wurde, gibt es nicht, auch taugen sie nicht als „Nachweis“ christlicher Wurzeln (vgl. Lit. 5,The Enneagramm Has No Christian Origins).

Die heutige Form des Enneagramms wurde von dem armenischen Sufi-Mystiker Georges I. Gurdjieff entwickelt; er stellte es 1916 zunächst einigen Schülern, insbesondere P. D. Ouspensky, vor. Es ist auch das Jahr der ersten belegten Verwendung des Begriffs „Enneagramm“. Gurdjieff habe das System auf seinen zahlreichen Reisen gefunden oder entwickelt; genauere Quellen können nicht rekonstruiert werden. Dieses System verknüpft, im Rahmen der von ihnen vorgestellten Lehre des Vierten Weges, das darin dargelegte Oktavgesetz (auch als Gesetz der Sieben bezeichnet) mit dem Gesetz der Drei, der Triade. Hierbei wird das Enneagramm auch als ein prozessorientiertes Werkzeug zur Selbstentwicklung beschrieben, nicht aber als Symbolisierung verschiedener Persönlichkeitstypen. Die Verwendung des Symbols als Persönlichkeitsenneagramm wurde erstmals in den 1960er Jahren von Oscar Ichazo eingeführt.

Geschichte des Symbols

Das Symbol wurde zwar 1916 von Georges I. Gurdjieff eingeführt, doch gibt es begründete Vermutungen, dass Gurdjieff hierfür von Ramon Llull und Athanasius Kircher beeinflusst wurde. Gurdjieff behauptete, das unregelmäßige Sechseck im Kloster einer Sufi-Bruderschaft im Zusammenhang mit Tempeltänzen entdeckt zu haben.

Gurdjieffs Symbol wurde von verschiedenen Autoren aufgegriffen und zu dem heute bekannten Modell der psychologisch-spirituellen Persönlichkeitstypisierung entwickelt.

Quelle (auszugsweise): Wikipedia (DE)  (Autorenliste beim Artikel)

Kritik

Der Theologe Thomas Körbel nennt das Enneagramm ein „Beispiel für parareligiöse Spiritualität“.

Die Gültigkeit des Enneagramms läßt sich wissenschaftlich nicht nachweisen. Die ZEIT-Beilage „Christ und Welt“, Ausgabe 02/2013, zitiert in einem Artikel („Die Neunmalklugen“, in Anspielung auf die Neunspitzigkeit des Enneagramm-Symbols) den emeritierten Religionspsychologen und -pädagogen an der Hochschule für Philosophie München Berhard Grom wie folgt:

„In einem seiner Aufsätze vergleicht er das Enneagramm mit Astrologie und anerkannten Methoden der Psychologie: Zwar lege das Enneagramm im Gegensatz zur Astrologie die Typen nicht aufgrund willkürlicher Sternkonstellationen fest. Für wissenschaftlich hält Grom das Enneagramm jedoch trotzdem nicht: ‚Die neun Typen lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen‘ – so könne ‚aggressives Durchsetzungsvermögen‘ sowohl die Acht als auch die Drei kennzeichnen. Und wenn man Ergebnisse psychologischer Tests einbeziehe, hätten Leute mit denselben Merkmalen nicht zwangsläufig denselben Enneagramm-Typ, schreibt Grom“ [5].

Angesichts zahlreicher Enneagramm-Tagungen in kirchlichen Einkehr- und Bildungshäusern wurden von Seiten der Kurienbehörden „esoterisch-okkulte Abwege katholischer Ordensleute“ beklagt (www.katholisches.info/2012/09/27, Archivkopie). In dem Bericht heißt es:

„Zwei römische Dikasterien, der Päpstliche Kulturrat und der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog haben mit dem gemeinsamen Dokument: Jesus Christus, der Spender lebendigen Wassers. Überlegungen zu New Age aus christlicher Sicht [3], vom 3. Februar 2003 die auch den verschiedenen Enneagramm-Lehren zugrundeliegende Charakteranalyse verworfen und warnen ausdrücklich vor dem Gebrauch dieser esoterischen ‚Hilfsmittel‘, die von verschiedenen Gruppen kostenlos auch im Internet angeboten werden.“

In dem Dokument, auf das hier verwiesen wird, heißt es:

„Der Gnostizismus hat den Bereich des Christentums nie völlig verlassen. Statt dessen hat er immer Seite an Seite mit dem Christentum bestanden, manchmal in Gestalt einer philosophischen Bewegung, häufiger aber, indem er den Charakter einer Religion oder Scheinreligion annahm, die in dezidiertem oder gar erklärtem Widerspruch zu allem steht, was zum Wesen des Christlichen gehört.“ Ein Beispiel dafür ist das Enneagramm mit seinen neun Typen zur Charakteranalyse, das, wenn es als Mittel zum geistlichen Wachstum gebraucht wird, eine Vieldeutigkeit in Lehre und Leben des christlichen Glaubens zur Folge hat.“ [3]

Leider beteiligen sich auch evangelische Geistliche an der Propagierung einer „christlichen Einfärbung“ des Ennegramms. Klaus Schreber schreibt im „Handbuch Orientierung“ dazu:

„Auch mit einer vermeintlich christlichen Einfärbung ist und bleibt das Enneagramm eine esoterische Lehre. Besonders deutlich wird dies im Enneagramm-Buch von Rohr und Ebert, in dem eine äußerst kritikwürdige Umdeutung biblischer Begriffe im Sinne des esoterischen Denkrahmens des Enneagramms stattfindet. Unter dem Mantel frommen Vokabulars vermittelt ihr Buch ein unbiblisches Sündenverständnis, bei dem die Sünde des Menschen auf ein rein psychologisches Problem reduziert wird. Folglich ist die Erlösung des Menschen ein rein innerweltlicher Akt, bestehend aus psychologischer Veränderung und geistlicher Reifung. Das Enneagramm verspricht dem Menschen einen Weg der Selbsterlösung. Damit wird unausgesprochen der biblische Sühnetod Christi zur Erlösung des Menschen verneint.“

Aus biblischer Sicht ist das Enneagramm als okkulte, unbiblische Erlösungslehre abzulehnen [4]. Von liberalen Theologen werden die Gefahren dieser mystischokkulten Verführung leider häufig nicht erkannt und die Methode sogar in der Bildungs- und Seelsorgearbeit eingesetzt [2]. Die Weitergabe der Enneagramm-Lehren in Workshops ist häufig eingebunden in die Praktizierung fernöstlicher, esoterischer und mystischer Meditations- und Versenkungstechniken, die zur Ausschaltung und Auslöschung des eigenen Ichs führen sollen. In Enneagramm-Workshops setzt sich der Teilnehmer einem Geist aus, der nicht von Gott kommt. Der Kritiker Klaus Schreber kommt zu dem Fazit, daß das Enneagramm aus drei gravierenden Gründen abzulehnen ist:

  1. Es entstammt einem okkulten Hintergrund und enthält eine esoterische Lehre der Selbsterlösung.
  2. Seine Gültigkeit lässt sich wissenschaftlich nicht nachweisen.
  3. Die Theologie hinter dem Enneagramm ist ganz eindeutig unbiblisch und muss als Irrlehre bezeichnet werden.

Siehe dazu Lit. [4].

Belegstellen aus der Heiligen Schrift (Lutherübersetzung)

Denn wenn der, welcher [zu euch] kommt, einen anderen Jesus verkündigt, den wir nicht verkündigt haben, oder wenn ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, so habt ihr das gut ertragen. (2. Kor. 11, 4)

Habt acht, daß euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß. (Kol. 2, 8)

Predige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen; überführe, tadle, ermahne mit aller Geduld und Belehrung! Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich nach ihren eigenen Lüsten Lehrer anhäufen werden, weil sie empfindliche Ohren haben; und sie werden ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln [Mythen] zuwenden. Du aber bleibe nüchtern in allen Dingen, erleide das Ungemach, tue das Werk eines Evangelisten, richte deinen Dienst völlig aus! (2. Tim. 4, 2-5)

Der Geist aber sagt ausdrücklich, daß in späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen und sich irreführenden Geistern und Lehren der Dämonen zuwenden werden (1. Tim. 4, 1)

Literaturhinweise (kritisch)

[1] Klaus Schreber: Das Enneagramm – Ein Heilsweg?

LOGOS Aufklärung/Lichtzeichen Verlag / ISBN 978-3-933828-18-7

Aus dem Inhalt: Das Enneagramm ist eine Typenlehre, die den Menschen in neun Persönlichkeitstypen unterteilt. Für viele seiner Vertreter ist das Enneagramm außerdem ein Heilsweg. Wo liegen seine Wurzeln? Und wie verhält sich das Enneagramm zum christlichen Glauben?

[2] Utsch, Michael: Zur Deutungsvielfalt des Enneagramms [pdf]. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), Materialdienst, 9/2006, S. 351–355.

[3] Päpstlicher Rat für die Kultur/Päpstlicher Rat für den Interreligiösen Dialog: Jesus Christus, der Spender lebendigen Wassers. Überlegungen zu New Age aus christlicher Sicht – [Download der Archivfassung des Dokumentes]

[4] Handbuch Orientierung: Enneagramm (Artikel von Klaus Schreber, dem Verfasser eines Aufklärungsbuches über das Enneagramm, siehe obige Buchbeschreibung)

[5] Montenegro, Marcia: The Enneagramm Has No Christian Origins. Englischsprachiger Artikel bei CANA (Christian Answers for the New Age)

[6] Montenegro, Marcia: Enneagramm Profile. Englischsprachiger Artikel (pdf) bei watchman.org

Erstellt am 14.04.2018 * Letzte Änderung am: 13.01.2023 (überarbeitet)

Quelle:

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