Gebet eines christlichen Vaters (einer christlichen Mutter)

Gott, Schöpfer und Vater aller Menschen! Deine allmächtige Güte hat auch die vernünftigen Geschöpfe, die durch die engsten Bande des Blutes mit mir verbunden sind, ins Leben gerufen. Deine Liebe hat sie mir geschenkt, und meinem Herzen den stärksten Trieb der Liebe gegen sie eingepflanzt. Du hast ihr geistiges und leibliches, ihr zeitliches und ewiges Wohl meiner Sorge anvertraut. Du machst mich zu deinem Werkzeug, diese Kinder, die nach deinem Ebenbilde geschaffen und dir und deinem Sohn Jesu Christo durch die heilige Taufe geweiht sind, zu deinem Preise für die Erde und für den Himmel zu erziehen.

Du selbst bist der allein weise Vater und Erzieher deiner Menschen. Was vermag ich schwacher und kurzsichtiger Mensch ohne deine Kraft und Weisheit! Ich kann nur pflanzen und begießen; du, du allein mußt das Gedeihen geben. Ach so gib mir neue Treue, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit in Erfüllung meines elterlichen Berufs und segne meine redliche Bemühung, meine Kinder zu deinem Wohlgefallen zu bilden. Gib mir den Geist der Weisheit und Einsicht, um zu wählen was gut und heilsam ist. Lehre mich in Geduld eine Saat in die Herzen meiner Kinder ausstreuen, die für ein ewiges Leben reift. Mache gut durch deine alles vermögende Gnade alle Fehler und Versäumnisse bei dem großen und wichtigen Geschäfte der Erziehung. Bewahre mich davor, daß ich denen, für deren Seele ich wachen soll, durch Leichtsinn und Unvorsichtigkeit ein Aergerniß gebe. Nimm sie in deine treue Obhut und Leitung. Wache über ihre durch das teure Blut deines Sohnes erkauften Seelen, schütze sie vor Verführung der Welt und ihres eigenen Herzens. Wende alles von ihnen ab, was ihrem Leben und ihrer Gesundheit Gefahr bringen möchte. Laß sie Gnade vor dir und vor den Menschen finden. Bilde sie zu nützlichen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft und zu künftigen Bürgern des Himmels. Heilige sie durch deinen Geist und mache sie dir zum Eigentum. Leite mit deiner treuen Vaterhand ihren ganzen Lebensgang und alle ihre Schicksale und laß ihnen alle Freude und Traurigkeit, die ihnen im Leben widerfährt, zu ihrem wahren Besten dienen. Bereite durch deine erziehende Gnade mich und meine Kinder so für die Ewigkeit, daß ich einst mit Freudigkeit vor deinem himmlischen Thron anbeten und ausrufen möge:

Siehe Herr, hie bin ich und die du mir gegeben hast! – Amen.

Quelle:

Gesangbuch für die evangelische Kirche in Württemberg, S. 179f. Verlag & Comptoir des neuen evangelischen Gesangbuches. Stuttgart 1842.

1) Es betet in stiller Kammer
der Vater für seinen Sohn,
sein Herz ist erfüllt mit Jammer
und ringt vor dem Gnadenthron:
„O Herr, lass doch Frieden finden
mein Kind in des Lammes Blut!
O sieh den Verirrten, Blinden,
und nimm ihn in Deine Hut!“

2) Es flehet auf ihren Knien
ein betendes Mütterlein:
„Du, Heiland, allein kannst ziehen
mein Kind aus den Wüstenei’n.
O, eile in Hirtentreue
dem irrenden Schäflein nach,
bist endlich in tiefer Reue
es findet, was ihm gebrach.“

3) Wenn Vater und Mutter senden
zum Himmel solch heiß‘ Gebet,
willst du dich nicht selber wenden,
dort hin, wo der Friede weht?
O komm zu des Heilands Wunden,
o kehre zu Gott zurück!
Im Kreuze kannst du gesunden,
im Kreuz ist das wahre Glück.

Liedtext: W. K.
Melodie: Michael Zikely (1847-1929)

Du aber, wenn du betest, so gehe in deine Kammer und schließe deine Türe und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist, so wird dein Vater, der im Verborgenen sieht, dir vergelten. (Matth. 6, 6)

Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. (Jakobus 5, 16b)

Eingestellt am 17. April 2021