Hebräer 12, 8

Seid ihr aber ohne Züchtigung, welcher sind alle teilhaftig geworden, so seid ihr Bastarde und nicht Kinder. (Hebräer 12, 8 LUT)

Textbibel: Wenn ihr ohne Zucht seid, an welcher sie alle Teil gehabt, so seid ihr ja unecht und keine Söhne.

Neubekehrte sollten diese Worte immer wieder lesen, erwägen, beherzigen. Sie geben über vieles Licht und Aufschluß. Finden nicht manche deiner Herzensfragen hier ihre Lösung?

Noch sind wir nicht am Ziele, wenn wir uns zum Herrn bekehrt haben. Das vergessen wir gar leicht. Der Herr will aber Sein angefangenes Werk nicht liegen lassen. Die Vollendung der Seinen bietet Schwierigkeiten, aber sie muß allen Ernstes ins Auge gefaßt werden. Auch hierfür sind wir Ihm zu Dank verbunden. Auf den wunden Fleck legt der große Arzt Seinen Finger. Er will uns aufmerksam machen auf das, was noch erlangt werden soll. Die Reinigung unseres Wesens ist aber mit Schmerzen und Demütigungen verbunden.

Die Bewährung erfordert anhaltenden Fleiß und große Treue. Das Überwinden geht fort bis zum letzten Atemzuge und kann sich ohne heiße Kämpfe und schwere Proben nicht vollziehen. Es handelt sich eben nicht um ein Schablonenchristentum, es muß alles durchgekämpft und das Göttliche durch Glaubenstreue immer tieferes Eigentum unseres Wesens und Charakters und Geistes werden. O, wie viel wird hierin gefehlt! Neubekehrte werden nicht selten in den Wahn eingewiegt, als ob ihnen Gott alles nur so mitteilen und eingießen könnte. Wie ganz anders aber gestaltet sich die Wirklichkeit!

Wandle im Licht, nimm jede Züchtigung dankbar an. Sobald wir widersprechen und widerstreben, öffnen wir uns der bösen Geisterwelt und verschließen uns dem Herrn. Es kann ohne Züchtigung nicht abgehen. Genügen aber Winke, so greift der Vater nicht zur Rute. Höre des Geistes zurechtweisende Stimme!

(Markus Hauser)

Ob es schon, wie Salomo Pred. 9, 2. sagt, nach dem äußerlichen Ansehen dem Gerechten wie dem Gottlosen geht, so ist doch nach einer andern Seite das Leiden der Gerechten von dem Leiden der Gottlosen sehr unterschieden. Jene werden als Kinder gezüchtiget, tragen ihr Kreuz, das sie auf sich nehmen, und leiden mit Christo; diese aber haben ihre Plagen, und werden im eigentlichen Verstand gerichtet und gestraft, wiewohl der Zweck Gottes hiebei, so lange die Gnadenzeit währet, ihre Bekehrung ist.

Paulus schrieb an die Hebräer: „Wenn ihr die Züchtigung erduldet, so erbeut [erbietet] Sich euch Gott als Kindern“. Dasjenige also, was Kinder Gottes leiden, ist Züchtigung. Wie ein Vater bei der Erziehung seiner Kinder Schläge braucht, damit sie sich bessern, also braucht der himmlische Vater bei Seinen Kindern auch Schläge, damit sie sich bessern. Derjenige Mensch kennt sich selber nicht, der sich einbildet, die Worte Gottes würden ihn ohne Schläge oder Züchtigung zum Ziel der Vollkommenheit bringen, denn im Stand der Unschuld wäre dieses möglich gewesen, die verderbte Natur aber macht die Züchtigung nötig.

Wie aber? möchte man sagen, können Schmerzen fromm machen? Können Leiden für sich selbst die Seele bessern? Nein, sondern sie sind nur ein Mittel, die Seele aufzuwecken und auf die Worte Gottes aufmerksam zu machen. Sie sind ein Zaum, den Menschen von Ausschweifungen, von schädlichem Genuß eitler Dinge, und von befleckendem Umgang mit Weltmenschen zurückzuziehen. Sie sind ein äußerlicher Antrieb zum Gebet, und ein Wermut, den Gott auf das Wesen dieser Welt streut, das der Mensch sonst allzu lieb hat, über das er aber alsdann gern hinüber sieht, um ein Vaterland, in welchem kein Leiden ist, zu erblicken.

Die Seele wird also unter dem Leiden in eine Verfassung gesetzt, bei welcher ihr der Heilige Geist durch’s Wort besser als sonst beikommen und diejenige kräftige Wahrheit beibringen kann, welche von der Sünde frei macht. Deswegen hat Petrus, 1. Petr. 1, 6.7., an die auserwählten Fremdlinge schreiben können:

„Ihr seid traurig in mancherlei Anfechtungen, auf daß euer Glaube rechtschaffen und viel köstlicher erfunden werde, denn das vergängliche Gold, das durch’s Feuer bewährt wird“.

Paulus aber sagt Röm. 5, 3-5 „Wir rühmen uns auch der Trübsale, dieweil wir wissen, daß Trübsal Geduld bringt, Geduld aber bringt Bewährung, Bewährung aber bringt Hoffnung, Hoffnung aber läßt nicht zu Schanden werden“; 2. Kor. 4, 17.18 aber steigt er in seiner Rede hoch empor und sagt: „Unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare“.

Wenn man diesen Nutzen der Trübsal einsieht und empfindet, so kann man glauben, daß Sich Gott, wenn Er die heilsbegierigen Menschen züchtigt, gegen sie erbiete oder erzeige, wie ein Vater gegen Kinder, die er lieb hat, und dieser Glaube stärkt die Seele, die Züchtigungen zu erdulden oder geduldig zu ertragen.

Züchtige mich, HErr, doch mit Maßen und nicht in Deinem Grimm, daß Du mich nicht aufreibest. (Jeremia 10, 24)

(Magnus Friedrich Roos)


Eingestellt am 4. Oktober 2023