So zieht nun an, als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten: herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; (Kol. 3, 12)
Daß wir es uns doch sagen lassen, daß wir diese Kleider nicht anhaben! Daß wir es uns doch sagen lassen, daß, wenn wir sie auch gestern anhatten, wir uns darauf doch nicht verlassen können! Daß wir doch ja die Predigt nicht nur als Predigt hören ohne Anwendung auf uns selbst. Denn wo das nicht ist, beweist man, daß man unter Gesetz ist, daß in Wahrheit Gottes Gesetz nicht geehrt wird, daß man bei aller Erkenntnis des Evangeliums doch ohne heiligen Geist – und also tot ist.
Wo man beginnt, die Predigt des Wortes nicht mehr an sich selbst anzuwenden, da muß eine Magerkeit in der Seele eintreten; das geistliche Leben, das Leben mit Gott, das Achtgeben auf das eigene Herz und was daraus hervorgeht, nimmt ab. Indem dieses abnimmt, nimmt auch die Erkenntnis und das Gefühl von Sünde ab; es nimmt ab, daß man zur Quelle geht, sich zu reinigen von seinen Sünden; man sieht alles und ist doch blind; man verliert seine Kleider, wagt sich hinein in den Hochzeitssaal vor den König und ist nicht eingedenk, daß er fragen wird: Freund, wie bist du hereingekommen und hast doch kein hochzeitlich Kleid an? Das muß einen beklommenen, ängstlichen Tod zur Folge haben, denn man hat auf alles achtgegeben, hat alles geglaubt, aber man hat nicht für sich selbst darauf achtgegeben, daß hier ein Apostel vor uns tritt und spricht:
Ziehet an! Habt angezogen!
So kleide meine Seele ganz
in deinen reinen Schmuck und Glanz
und rein’ge mein Gewissen.
Uns hat ja deines Blutes Kraft,
die alles rein und heilig schafft,
der Sündenlast entrissen.
Amen!
(Hermann Friedrich Kohlbrügge)