Apostelgeschichte 13, 5-8 (Alfred Christlieb)

Und da sie in die Stadt Salamis kamen, verkündigten sie das Wort Gottes in der Juden Schulen; sie hatten aber auch Johannes zum Diener. Und da sie die Insel durchzogen bis zu der Stadt Paphos, fanden sie einen Zauberer und falschen Propheten, einen Juden, der hieß Bar-Jesus;
der war bei Sergius Paulus, dem Landvogt, einem verständigen Mann. Der rief zu sich Barnabas und Saulus und begehrte, das Wort Gottes zu hören. Da widerstand ihnen der Zauberer Elymas (denn also wird sein Name gedeutet) und trachtete, daß er den Landvogt vom Glauben wendete. (Apostelgeschichte 13, 5-8 LUT)

Ein dreifacher Demütigungsweg der ersten Missionare.

Erster Demütigungsweg: Das Ausbleiben auffällig großer Erfolge am Anfang der Missionsreise.

_ Wenn ein Taucher in Meerestiefe hinabsteigen will, so wird vorher nicht nur für
Luftzufluß gesorgt, sondern auch sein Gleichgewicht gesichert durch Anlegung eines
Bleigewichts an seine Sohlen. —

_ Alle, die im Reiche Gottes mithelfen, brauchen nicht nur himmlische Zuflüsse von oben, sondern auch »Gewichtsteine«, allerlei Anfechtungen und Leiden, damit ihr inneres
Gleichgewicht erhalten wird und sie vor falschem Höhenflug bewahrt bleiben.
Das sehen wir auch bei den ersten Missionaren. Wenn wir nichts anderes als die Herrlichkeit ihrer Siegesmacht anschauen würden, so könnten wir versucht sein, an einen
alsbaldigen, schnellen und leichten Sieg über das ganze Heidentum zu glauben. Um aber
nüchtern zu bleiben, müssen wir nicht allein das, was sie mit Mut und Zuversicht erfüllte,
sondern auch das andere, was sie unten in der Demut hielt, betrachten, nämlich ihre
Schwierigkeiten, Hindernisse und Widerwärtigkeiten (Apostelgeschichte 9, 16; 2. Korinther 11, 23 – 33).

Eine erste Demütigung lag in der Unscheinbarkeit der Anfangserfolge. Bei der ersten
Wortverkündigung in Salamis fehlt jede Angabe über einen Erfolg des Wortes. Daraus
dürfen wir den Schluß ziehen, daß die allererste Tätigkeit der Apostel noch nicht von
auffallendem Erfolg begleitet wurde. Wäre die Frucht jener Wortverkündigung eine große
Erweckung (wie V. 44 – 49) gewesen, so würde dies von Lukas erwähnt worden sein. Aber
erst an späteren Stationen wird von solcher erkennbaren, großen Frucht der Arbeit
berichtet. Erst in Paphos kommt ein Landpfleger zum Glauben, und erst in Pisidien
entsteht eine große Geistesbewegung.

Unsere menschliche Ungeduld möchte in der Reichsgottesarbeit am liebsten immer
sofort große Scharen von Bekehrungen sehen. Danken wir der Erziehungsweisheit Gottes,
daß er das Erleben göttlicher Wirkungen auf die richtige Stunde verspart und uns
zunächst zur Demut erzieht (Lukas 21, 19; Ebräer 10, 36).

Zweiter Demütigungsweg: Das Fortgehen des Dieners Johannes Markus.

Eine zweite Demütigung und Schwierigkeit war für die ersten Missionare die Enttäuschung, die sie im allerengsten Kreise an einem Mitarbeiter und Diener erlebten.
Sie hatten bei ihrer Ausreise Johannes Markus mitgenommen, der ein Gehilfe in ihrem
Missionswerk, wenn auch in untergeordneter, dienender Stellung sein sollte. Die innere
Stellung dieses Mithelfers muß so gewesen sein, daß beide Gottesknechte durch ihn eine
Förderung der Missionsarbeit erhoffen durften. Sonst hätten sie ihn gewiß nicht
mitgenommen. Aber welch traurige Erfahrung mußten sie mit ihm machen! In Perge
verließ er sie und kehrte in seine Heimat zurück!

Eine solche Enttäuschung in der allernächsten Umgebung, durch einen gläubigen
Gehilfen verursacht, ist eine besonders schmerzliche Unannehmlichkeit (Psalm 78, 9).

Mancher ist durch derartige Fälle schon verbittert und verärgert worden. Laßt uns beachten, dass zwischen der Bekehrung des Sergius Paulus und der großen Erweckung in Antiochien (V. 44ff.), zwischen diesen zwei lieblichen, erhebenden Erlebnissen diese peinliche Erfahrung mit Johannes Markus in der Mitte liegt! Wie sorgt doch Gott für Demütigungen auf dem Wege (2. Timotheus 4,10.16; Psalm 118, 21; 119, 71.75; 88, 19)!

Dritter Demütigungsweg: Die Gegenarbeit des Elymas.

_ Ein dritter Gewichtstein war für die Apostel das Zusammentreffen mit einem Menschen,
welcher ihrer Missionsarbeit geradezu feindlich und hindernd in den Weg trat. Der
Zauberer Elymas gab sich jede erdenkliche Mühe, die Segenswirkung des Wortes Gottes
zunichte zu machen.

_ Wie können doch solche Elymasleute das Herz eines Knechtes Gottes mit Druck
belasten, bis endlich der Sieg über sie durch göttliche Macht herbeigeführt wird! Solche
Hemmungen mußte Paulus manchmal erleben. Er, der von so vielen dankbar verehrt und
geschätzt wurde, hatte auch einen Alexander, den Schmied, der ihm viel Böses erwies (2.
Timotheus 4, 14) und einen Demetrius, der eine ganze Stadt gegen die Missionsarbeit in Aufruhr brachte (Apg. 19,23ff.). Laßt uns auch solche Demütigungen auf dem Wege willig
ertragen! (2. Timotheus 3, 8.9; Psalm 120, 57; 52, 36; 2. Samuel 23, 6.7).

Alfred Christlieb (1866-1934)

Quelle:

P. Alfred Christlieb, Der Apostel Paulus, S. 83 – 85.
Druck und Verlag: Adolf Reuter, Wiehl (Bez. Köln), 1936.
Mit einem Vorwort von Karl Stegemann.

weiter zu Apostelgeschichte 13, 7 – 12: Der erste Erfolg der Missionare.


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Eingestellt am 29. Januar 2025