Apostelgeschichte 9, 1+2 und 22, 4 (Christlieb)

Philippus ward gefunden zu Asdod und predigte das Evangelium. (Apg. 8, 40)

Saulus aber schnaubte noch mit Drohen und Morden wider die Jünger des HERRN und ging zum Hohenpriester und bat ihn um Briefe gen Damaskus an die Schulen, auf daß, so er etliche dieses Weges fände, Männer und Weiber, er sie gebunden führte gen Jerusalem. (Apg. 9, 1+2)

und habe diesen Weg verfolgt bis an den Tod. Ich band sie und überantwortete sie ins Gefängnis, Männer und Weiber; (Apg. 22, 4)

In unserem Text sehen wir zwei Personen, die bemüht sind, ihre Mitmenschen auf einen anderen Weg zu bringen. Laßt uns beide vergleichen. –

Da ist der irrende Saulus. Er ist fest davon überzeugt, daß die Christen auf dem Irrweg sind. Er ist entschlossen, sie mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zum väterlichen Gesetz zurückzuführen. Daß dieses Tun aus dem eigenen menschlichen Geist fließt, ist schnell zu erkennen. Er ist voll Ärger und Zorn. Er schnaubt und droht. Er scheut nicht einmal zurück vor Blutvergießen. Er wendet fleischliche Gewaltmittel an, wie ungeistliche Menschen sie zu allen Zeiten als Hauptwaffe im Kampf gegen Gottes Reich anzuwenden pflegen. – Schauen wir daneben die Arbeit des Philippus an. Auch er sucht Menschen auf einen anderen Weg zu bringen. Aber er droht und schnaubt nicht wie Saulus. Er holt nicht Waffen aus des Teufels Rüstkammer. Er hat die wirksamste Waffe, die es gibt – das Evangelium, die frohe Kunde von dem Heiland. Und nun beobachtet die beiden Arbeiter: den einen, im stillen Geist des Friedens beglaubigt von Gott; den anderen, im wilden Zorn und Grimm, wütend darüber, daß nicht alle Leute seine Überzeugung teilen. – Wem gleichen wir? – – Und nun – ein Wunder! Der Mann voll schnaubender Wut arbeitet bald darauf im gleichen Friedensgeist wie Philippus. Was war geschehen? Gott hatte ihm Licht gegeben darüber, daß er auf dem Irrweg war. Gedemütigt, zerbrochen und begnadigt war er ein Eigentum Jesu geworden. Und wie er selber durch die unverdiente Güte Gottes überwunden war, so arbeitete er jetzt in der Kraft eben dieser Gnade, die ihn umgewandelt hatte. – Möge Gott noch viele solche Arbeiter wecken wie Philippus und Paulus waren.

Quelle: CLV AndachtenApostelgeschichte 9, 1

Die Christenverfolgung durch Saulus.

Unser Text zeigt uns das Toben des Saulus gegen die Gemeinde Jesu. Wir wollen seinen
Kampf gegen die Christen näher ansehen, indem wir 1. den Verfolger, 2. die Verfolgten, 3. die Verfolgung betrachten.

1. Der Verfolger

Mit einem eigentümlichen Ausdruck wird uns das Bild des verfolgenden Saulus
gezeichnet. Er „schnaubte noch mit Drohen und Morden wider die Jünger des Herrn“. Dies Wort erinnert an die Art und Weise eines Raubtieres. Wenn es sein Opfer sieht, so
schnaubt es bisweilen in glühendem Eifer, um dann im Sprung sich auf dasselbe zu
stürzen. Ähnlich war Saulus von einem feurigen Eifer erfüllt, sich gegen die Christen in den Kampf zu werfen. Er glich einem Raubtier, das von einem kaum zu bändigenden Blutdurst erfüllt ist. Welch ein furchtbares Bild!

Man erzählt von der Frau eines armen Trinkers: Als ihr sinnlos betrunkener Mann
heimkehrte, kam sie auf den Gedanken, ihn gerade jetzt photographieren zu lassen.
Nachher zeigte sie dem nüchtern gewordenen Mann das Bild. Die Folge war, daß er sich
entsetzt von dem Laster abwandte und Hilfe dagegen suchte.

Das Bild dieses raubtierartigen Saulus könnte vielen ehrbaren Namenchristen, die aber
von Haß und Abneigung gegen die Gläubigen erfüllt sind, zurechthelfen. Wie abscheulich
macht uns doch der Haß gegen das Volk des Herrn! (Psalm 109, 16)

2. Die Verfolgten

Nicht gegen eine besondere Art und Richtung von Christen wandte sich der Haß des
Saulus. Sein Verfolgungseifer erstreckte sich auf alle, die Jesus anhingen und an ihn
glaubten („wider die Jünger des Herrn“). Er machte keinen Unterschied zwischen ihnen.
Auch die besten und lautersten fanden keine Gnade bei ihm. Wenn sie noch so behutsam
wandelten, wenn sie sich noch so treu und vorsichtig im Leben bewiesen, wenn sie noch
so liebevoll und freundlich gegen andere auftraten, alles half nichts. Er haßte nun einmal
die ganze Gesellschaft.

Ein Christenfeind sagte einmal im Blick auf die Gläubigen: „Von dem ganzen Geschmeiß
will ich nichts wissen.“  So stand auch Saulus. Weder der liebevolle Johannes, noch der
feurige Petrus, noch irgendein Jünger galten etwas bei ihm.

Wie blind macht doch der teuflische Hass gegen die Jünger Jesu! Wie nimmt er jede
Klarheit und Gerechtigkeit im Urteil über sie hinweg! (Psalm 35, 20; 2. Timotheus 3, 12)

3. Die Verfolgung

In der großen Christenverfolgung (Kapitel 8) wird eine Anzahl von Jüngern bis nach
Damaskus gekommen sein, so daß auch dort eine Christengemeinde vorhanden war.
Gegen diese richtete sich Paulus. In seinem Eifer wartete er nicht, bis seine vorgesetzte
Behörde, der Hohe Rat, ihm einen Auftrag übertrug. Er drängte sich selbst vor. („Er ging zum Hohenpriester und bat ihn um Vollmachtsbriefe“, Apg .9, 2)

Hier wollen wir auf einen wichtigen Unterschied zwischen der späteren richtigen Arbeit
des Paulus und seiner falschen Tätigkeit vor seiner Bekehrung achten. Der bekehrte Paulus konnte trotz all seines natürlichen Feuereifers in der Stille warten, bis ihm ein Auftrag auch durch Menschen zuteil wurde. Er blieb in der Verborgenheit in Tarsus, bis Barnabas ihn in die Arbeit nach Antiochien rief (Kap. 11, 25.26). Er drängte sich nicht selbst vor. Hier aber tat er selbst, was er konnte, um nach Damaskus gesandt zu werden. Er konnte nicht sagen, daß diese Aufgabe ihm ohne eigenes Zutun zugefallen sei.

Ein derartiger Eifer stammt aus dem eigenen Geist. Hüten wir uns vor demselben, zumal
er auch später im Gnadenstand leicht zum Vorschein kommt! Die rechte Art erkennt man
an der Geduld, die auf Gottes Weisung und brüderliche Berufung warten kann. Die falsche
Art merkt man an der Ungeduld, die sich vordrängt und etwas Besonderes leisten will,
ohne gerufen zu sein.

(Alfred Christlieb)

Quelle: P. Alfred Christlieb, Der Apostel Paulus, S. 13-15.
Druck und Verlag: Adolf Reuter, Wiehl (Bez. Köln), 1936.

Bildnachweis: Galerie christlicher Männer und Frauen / Glaubensstimme

Zitierte Schriftstellen

Darum daß er so gar keine Barmherzigkeit hatte, sondern verfolgte den Elenden und Armen und Betrübten, daß er ihn tötete. (Psalm 109, 16)

Denn sie trachten Schaden zu tun und suchen falsche Anklagen gegen die Stillen im Lande. (Psalm 35, 20)

Barnabas aber zog aus gen Tarsus, Saulus wieder zu suchen; 26 und da er ihn fand, führte er ihn gen Antiochien. Und sie blieben bei der Gemeinde ein ganzes Jahr und lehrten viel Volks; daher die Jünger am ersten zu Antiochien Christen genannt wurden. (Apg. 11, 25.26)


Übersicht: Apostelgeschichte 9

Eingestellt am 22. Oktober 2024 – Letzte Überarbeitung am 23. Oktober 2024