Hebräer 10, 10 (Stockmayer)

In diesem Willen sind wir geheiligt auf einmal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi. (Hebräer 10, 10)

Es ist wichtig, sich darüber klar zu werden, daß wir schon mit der Rechtfertigung auf den Boden der Heiligung gestellt sind. Daß wir geheiligt sind durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi, sagt schon Hebr. 10, 10. Was heißt das aber, Gott geheiligt sein?

Mit seinem „Hier bin ich“ heiligt der Sohn sich, weiht sich dem Vater. Und auf die Erde herabgekommen, ist sein ganzes Leben ein sich Gott heiligen. Wie das? Indem er nie etwas aus sich selber tat, allezeit und für alles des Vaters Wink und Wort erwartete, nur redete, was er vom Vater hörte, nur tat, was er den Vater tun sah. So lebte er Schritt für Schritt ein Leben der Heiligung bis ans Kreuz, daß durch seinen gebrochenen Leib ein neuer und lebendiger Weg geschaffen werde, und solche wie du und ich nicht mehr unser eigenes, sondern ein heiliges, von Gott ausgehendes Leben leben können.

So können wir verstehen, was Röm. 6, 6 sagt: „mit Christus gekreuzigt“„Aus ihm seid ihr in Christus“ (1. Kor. 1, 30); in Christus können wir nicht sein, ohne mit ihm gekreuzigt zu sein. Durch unendliche Liebe hat er sich mit der Menschheit in Eins zusammengeschlossen, bis unter ihren Fluch hinunter. „Er wurde zur Sünde gemacht“ für uns, daß wir „Gottes Gerechtigkeit“ würden „in Ihm“ (2. Kor. 5, 21). Was wäre über uns gekommen, wo nicht seine Person und sein Kreuz Schirm und Schild für uns und die ganze Welt geworden wäre! So sind wir denn nun durch sein Opfer ein für alle Mal geheiligt. Manche liebe Christen haben versucht Röm. 6, 13 und Röm. 12, 1 auszuleben, aber es ist ihnen nicht gelungen, weil sie nicht bis auf den Grund des Wortes durchgeschaut haben. Sie verstanden nicht die erste Hälfte von Kap. 10 im Hebräerbrief, sie begannen mit der zweiten Hälfte. Die Grundlage ist und bleibt: Er tat etwas für uns. „Wisset ihr nicht, daß alle, die in Christus sind, in seinen Tod (d. h. in seine Verbannung, in seinen Fluch) hineingetauft sind“, – „damit der Leib der Sünde abgetan sei“? (Röm. 6, 3.6.)

Wir wurden mit ihm (in ihm) gekreuzigt und begraben [durch die Taufe in den Tod], auf daß, gleichwie Christus aus den Toten auferweckt worden ist durch die Herrlichkeit des Vaters, also wir in Neuheit des Lebens wandeln sollen“ (Röm. 6, 4). Denn wenn wir mit ihm verwachsen sind in Gleichheit seines Todes, so werden wir es auch in seiner Auferstehung sein, indem wir dieses wissen, daß unser alter Mensch, – nicht unsre Sünden, sondern das, was wir vor unsrer Bekehrung waren, und nie wieder werden können, – „mitgekreuzigt worden ist“ (V. 4-6). Über unsern alten Menschen ist das ergangen, was über Jericho erging, als die Greise, Männer, Weiber und Kinder ohne Barmherzigkeit vertilgt wurden.

Was wir vor unsrer Bekehrung waren, war so untrennbar und unlösbar von Sünde durchzogen, daß die Person selbst, der ganze Mensch, gekreuzigt werden mußte. Nicht ein Glied Christi, sondern er selbst, der ganze Mensch Jesus, wurde gekreuzigt. Mein „alter Mensch“, nicht ein Prinzip, sondern eine Person ist mit Christus gekreuzigt worden. Zu welchem Zweck?, „daß der Leib der Sünde zerstört, abgetan sei“. Es heißt nicht „das Prinzip der Sünde“, es heißt „der Leib der Sünde“, in der vollen Bedeutung des Wortes. Unser ganzer Leib mit all seinen Gliedern ist ein Leib der Sünde geworden und mußte abgetan werden. Nach Röm. 7, 2. 3 ist meine Person, mein Ich, verbunden mit dem Leibe der Sünde wie ein Weib mit ihrem Manne. Die schmachvollen Bande, die mich an den Leib der Sünde ketten, können aber nur durch den Tod des alten Menschen gelöst werden. Nur durch den Tod ihres Mannes wird das Weib frei, sich mit einem andern zu verbinden. Ist der Leib der Sünde zerstört, so bin ich frei, eines andern zu werden.

Nach vollzogenem Gericht kann ich nun durch den Glauben Gott die Glieder darbieten, die bisher Glieder der Sünde waren und die es wieder werden können, sobald ich zurückgehe und nicht bleibe in Christo. Der Glaube ist keine Einbildung; er repräsentiert die höchsten, einzigen Realitäten. Das, was über unsern Herrn erging, ist Tatsache. Wie sich Christus durch die Macht seiner Liebe wesenhaft mit der Menschheit in Eins zusammenschloß, so schließt mich lebendiger Glaube wesenhaft mit Christus zusammen. So wahr er Mensch wurde und unsre Natur annahm, so wahr bin ich durch den Glauben mit Christus gekreuzigt, erlöst aus schmählicher Knechtschaft, hochheilig dem Herrn durch Opferung seines Leibes.

(Otto Stockmayer)