1. Korinther 11, 19

Es müssen Rotten unter euch sein, auf daß die, so da rechtschaffen sind, offenbar werden unter euch.

Die vielerlei Rotten sollen uns nicht bewegen. Dadurch wird Gold von Schlacken geschieden.

1) Es müssen je auch Rotten sein,
Das macht uns kein Gewirre;
An solchen offenbart sich fein,
Wer recht geh und wer irre.
Die Gnade macht die Seelen fest,
Daß man sich Andre trennen läßt
Und bleibt an JEsu hangen.

2) Das Wort und Christus in dem Wort,
Das soll mein Leitstern bleiben;
Was davon führt, das gehe fort,
Mich soll es nicht abtreiben.
So bleibt mein Herz in seiner Ruh;
Das Wort führt mich dem Sohne zu,
Der Sohn mich zu dem Vater.

3) Nur Er soll mir zur Weisheit sein,
Sonst acht‘ ich keiner Gaben;
Er zur Gerechtigkeit allein,
Die ich vor GOtt kann haben;
Er ein’ig mir zur Heiligung,
Und nach des Worts Versicherung
Er selber zur Erlösung.

4) Nur diese Wahrheit macht mich frei,
Die ist’s, auf die ich sterbe,
Sein Geist lehrt sie und zeugt dabei,
Daß ich mit Christo erbe.
Es schwärmen Rotten her und hin;
Wenn ich auf diesem Felsen bin,
So kann mein Bau nicht fallen.

Liedtext: Philipp Friedrich Hiller (1699-1769)
Melodie: Geistlich Erfurt, 1524 O Gottes Sohn, Herr Jesu Christ„;
Andere Melodie: Nikolaus DeciusAllein Gott in der Höh sei Ehr

Quelle: Hiller, Philipp Friedrich, Pfarrer in Steinheim bei Heidenheim: Geistliches Liederkästlein zum Lobe Gottes, Zweiter Teil, zum 2. September, bei J.B. Müller, Stuttgart 1833

Spaltungen unter den Gläubigen sind schlimm und bereiten viel Not. Und doch ist es falsch, über die Zerrissenheit der Heiligen nur zu klagen. Paulus hat unter dem Parteiwesen in Korinth auch gelitten. Und doch sieht er etwas Gutes und einen Segen darin: Die Rechtschaffenen, die Bewährten werden offenbar. Wo gar keine Spaltungen sind, da laufen die Unechten, die Unbewährten leichter mit und werden schwerer erkannt.

Was tut not in unserer Spaltungszeit? Die Bewährten sollen offenbar werden. Das sind die Leute, die sich nicht ständig hin und her wenden, sondern deren ruhiger, stetiger Gang auffällt. Sie hängen sich nicht an Menschen, sie laufen Menschen nicht nach. Da, wo Tausende auf Menschenfähnlein schwören, halten sie sich nur zu der Fahne Christi. Es gibt Christen, die sind wie ein Wegweiser mit der Inschrift: „Her zu mir!“ Es gibt bewährte Brüder, auf deren Wegweiser steht: „Hin zum Herrn!“

Paulus sagt: „Es muß so kommen, daß Spaltungen eintreten.“ Dann kann die kleine Schar der Treuen und Bewährten sich um so inniger an den Herrn selbst anschmiegen. Welches Licht und welcher Trost gibt doch dieses Wort des Paulus für unsere Zeit!

Man erkennt die Tüchtigkeit eines Kapitäns erst im Sturm und die Geschicklichkeit eines Feldherrn erst in schwieriger Lage mitten in der unruhigen Schlacht. So erkennt man die Bewährten in Christo, wenn in der Gemeinde der Heiligen manches in Not und Unordnung gerät. Dann sieht man sie still, treu und unentwegt dem Lamme nachfolgen.

Damals gab es dort in Korinth Leute, die bei den Liebesmahlen schwelgten und nur das Ihre suchten. Es gab Christen, die einseitig Paulus, Petrus oder Apollos als ihr Parteihaupt herausstellten (1. Kor. 1, 12; 3, 4). Sie alle waren keine Rechtschaffenen. Sie waren keine Christen wie Apelles, den Paulus als einen Bewährten grüßte (Röm. 16, 10). Nicht nur mit dem Munde, sondern mit Wort und Werk und allem Wesen die Losung ausgeben:

„Nur Jesus! Nur Jesus selbst! Nur ihm nach!“ – das heißt rechtschaffen sein, das schafft Bewährung.

Auch so schlimme Dinge wie Spaltungen halten eine Predigt und ermahnen: „Haltet euch nahe an Jesus, laßt euch von eurer eigenen Kraft, von eurem Ruhm und euren Wünschen frei machen!“ Wir wollen diese Predigt hören, und sie kann uns zum Segen werden. Menschen schaffen Spaltungen, und in den Spaltungen schafft der Herr die Bewährung der Rechtschaffenen. Ist das kein Segen?

(Pastor Alfred Christlieb)