Computersucht

Das Spiel mit der Persönlichkeit

Genauere Untersuchungen der Motivationen der Computerpiele-Hersteller selbst zeigen auf, dass es ihnen um sehr viel mehr geht, als nur um Umsätze. Die ungeheuren Summen Geld scheinen eher ein „positiver Nebeneffekt“ zu sein; die Ziele hingegen sind ganz andere. Diese Ziele, Ambitionen und Glaubensvorstellungen der Spiele-Hersteller, deren Produkte ja immerhin die Persönlichkeit der Kinder bzw. Spieler in tiefgehender Weise prägen, sind nicht weniger erschreckend wie das oben angesprochene Gesundheitsrisiko. Hier ein Beispiel:

»Teenager sind eine weisse Leinwand, auf die das Leben seine ganz persönliche Geschichte schreibt […] und am Ende des Spiels hast du deinen Helden, den du genau nach deinen Vorstellungen geschaffen hast […] Mein Traum wäre, daß ‘Fable’ dich mit den verborgenen Seiten von dir selbst konfrontiert, so dass das Spiel am Ende mehr über dich erzählt als über sonst irgend etwas« 

(Peter Molyneux, ‘Schirmherr’ des Projekts ‘Fable’; er gilt als Erfinder der so genannten ‚Göttersimulationen‘)

Es werden immer bessere virtuelle Welten geschaffen. Sie werden grafisch immer realistischer, mit noch besseren und ausgefeilteren Belohnungssystemen, mit noch mehr Prestigegewinn und sozialer Anerkennung in der Spielgemeinschaft. Die Spiele sollen bewusst Suchtpotenziale aktivieren und werden daraufhin optimiert. In der Zigarettenindustrie ist es ähnlich. Das Suchtpotenzial wird gering geredet und bagatellisiert. Die Gefahr, in einen parallelen Cyberspace zu versinken, ist bereits heute vielfach gegeben und wird in Zukunft wahrscheinlich noch zunehmen.

(nach Daniel Plaikner, Computersucht besiegen / externer Link zum Internet Archive)

Religiöse Erfahrungen

Selbst vor Verehrung und Anbetung fremder „Götter“ machen viele dieser „Spiele“ nicht halt, ganz im Gegenteil, sie sind häufig ein wichtiges Kernelement. „World of Warcraft“ ist bei weitem nicht das einzige Online-Game, das solche Kulte ins Spielgeschehen integriert. Selbst einige Religionswissenschaftler sind inzwischen davon überzeugt, dass das Online-Rollenspiel „World of Warcraft“ für einige Benutzer eine religiöse Erfahrung sein kann.

„Antike Götter aus Griechenland, Rom und Ägypten existieren immer noch, nur werden sie heute in einem Umhang repräsentiert.”

Michael Uslan (Filmemacher und Comicbuch-Historiker)

Okkulter Aspekt

Der okkulte Aspekt in solchen Computerspielen liegt offensichtlich auf aktiven magischen Handlungen des Charakters selbst (Zauberei, Magie durch Worte und – weniger offensichtlich – auch Alchemie), während tatsächlich der Spieler selbst sich dem Bann des Spiels kaum noch entziehen kann. Durch gezielte und beständige Schwächung bzw. Deaktivierung der Unterscheidungskraft erfolgt die gezielte Fütterung des Unterbewusstseins mit komplexer okkulter Symbolik, okkulter Gewalt und okkulten Ritualen.

Macht und Gewalt

Viele der Aufgaben (Quests) in Computerspielen beinhalten Gewalt. Einen Großteil des Spiels verbringt der Spieler im Kampf mit einem vielfältigen und manchmal erschreckendem Sortiment von computergesteuerten Kreaturen (Drachen, „untote“ Kreaturen, Gargoyles, Ghule, Succubus, Elementare, Diebe, uvm.), die grafische Darstellungen von Blut im Kampf inklusive den entsprechenden Sound-Effekten beinhalten. Um bei so vielen monsterartigen Kreaturen den Überblick nicht zu verlieren, ist sogar ein eigener „Monster-Guide“ im Handel erhältlich. Die Benutzer werden gezielt herausgefordert, ihre geheimen Instinkte auszuleben, um am Ende dem eigenen Spiegelbild ins Auge zu blicken.

Magie und Hexerei

Magie und Hexerei sind Bestandteile fast aller Fantasyspiele. So werden schützende Inschriften, magische Kreise, Pentagramme und andere okkulte Zeichen im Sinne eines Schutzzaubers benützt. Die Praktiken der Astralreise, der Nekromantie (Kommunikation mit Toten), der Seelenwanderung, der Beschwörung und Herbeirufung von Dämonen und Teufeln, des Abschwörens (Neutralisieren oder Negieren von Zaubersprüchen und Flüchen), des Hellsehens, Hellhörens und Wahrsagens sind bei diesen Spielen ebenfalls weithin üblich.

Die Spieler wenden sich nicht selten okkulter Literatur zu, um sich die nötigen Kenntnisse im Umgang mit diesen Praktiken zu verschaffen. Obschon zunächst nicht die Absicht besteht, diese Okkultmethoden auch außerhalb des Spiels einzusetzen, kommt es oft zu einer schleichenden Verwischung der Grenzen zwischen Spiel und Realität. Der Forscher Gary North schreibt dazu in einer Abhandlung:

»Nach jahrelangem Studium der Geschichte des Okkultismus und der Abfassung eines Buches zu diesem Thema, nachdem ich Wissenschaftler aus dem Bereich der historischen Forschung zurate gezogen habe, kann ich voller Überzeugung sagen: Diese Spiele sind die wirksamste, am sorgfältigsten ausgeklügelte Einführung in den Okkultismus, die es je gegeben hat.«

(nach Weldon/Bjornstad und North, s. Quellenverzeichnis)

Problematische Faktoren mit hohem Suchtpotenzial

  • Die Vergabe virtueller Belohnungen in Abhängigkeit von der Spielzeit
  • Ein langwieriges Levelsystem, das so angelegt ist, dass die Weiterentwicklung des Spielcharakters ein ausdauerndes und zeitintensives Spielen über einen längeren Zeitraum erfordert
  • Eine großflächige und komplexe Spielwelt, die so angelegt ist, dass die Erkundung und Nutzung der vorhandenen Spieloptionen ein ausdauerndes und zeitintensives Spielen über einen längeren Zeitraum erfordert
  • Spielprinzipien, die dem Nutzer direkte Nachteile einbringen, wenn er nicht regelmäßig die Spielwelt aufsucht
  • Die Vergabe von besonders seltenen und für den Spieler besonders prestigeträchtigen virtuellen Belohnungen
  • Komplexe Aufgabenstellungen, die nur innerhalb einer Spielergemeinschaft gelöst werden können
  • Begünstigung eines starken Verpflichtungscharakters, sodass die Präsenz in der Spielwelt nicht ohne größere innere (z.B. Verantwortungsgefühl gegenüber den Mitspielern, schlechtes Gewissen) oder äußere Widerstände (Mitspieler drohen mit Ausschluss aus der Gemeinschaft) reduziert werden kann

Referenzen und Verweise

Glashüttner, Robert: Ein gefallener Gott? – Bericht über den Entwickler von „God Game“ („Die Presse“, Print-Ausgabe, 21.02.2015)

Goltz, Jane von der: Tiktok – Das grösste soziale Experiment der Geschichte – Tiktok ist wahnsinnig erfolgreich. Online-Artikel vom 8.5.24 im Kanal „Mental Health“ © doccheck.com

North, Gary, in: Remnant Review, 5. Dezember 1980, S. 8. Zitiert nach: Weldon, John, und James Bjornstad, Fantasy – Das Spiel mit dem Feuer. Asslar: Verlag Schulte und Gerth, 1986, S. 62.

Pfeiffer R.: Hochprozentiges für Kinder, Jugendliche und Erwachsene Das Abhängigkeitspotenzial von OnlineRollenspielen und Browserspielen. In: Christoph Möller (Hrsg.): Internet und  Computersucht (S. 129154).

Weldon, John, und James Bjornstad: Fantasy – Das Spiel mit dem Feuer. Asslar: Verlag Schulte und Gerth, 1986, S. 56ff.

Fachverband Medienabhängigkeit e.V.

Game Over

Dennis K. – Ein Gamer. Ein Neustart. Do YOU want to restart?

YES or NO? Win or lose – irgendwann ist jedes Spiel aus.

Auch dein Leben hat mal ein Ende. Aber hast du eigentlich gewusst, dass es nach dem Tod ein weiteres Level gibt? Ein viel besseres! Dieses musst du aber in diesem Leben aktivieren …

Dieses Heft ist die Geschichte eines ehemaligen Zockers, der in der Welt der Spiele zuhause war, aber darin keinen inneren Frieden fand.

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Eingestellt am 9. Mai 2024