Rudolf Lorenz Josef Steiner wurde 1861 in Kraljevec, einer damals in Österreich, heute in Kroatien gelegenen Stadt geboren [1]. Er war das erste Kind des Bahnvorstehers Johann Steiner (* 1829) und dessen Frau Franziska. Später kamen noch zwei Geschwister dazu, Leopoldine und Gustav. Durch den Beruf des Vaters bedingt mußte die Familie öfters umziehen; so kamen die Steiners 1863 von Mödling nach Pottschach in Niederösterreich.
Erstkontakt mit der jenseitigen Welt (1868)
Als knapp achtjähriger Knabe hielt sich Rudolf öfters im Wartesaal des Pottschacher Bahnhofs auf. In einem Vortrag und in einem Brief berichtet Steiner später über ein dort erlebtes Vorkommnis, das seinen künftigen Lebensgang „leitmotivartig bestimmen“ sollte, wie es sein Biograph Gerhard Wehr formuliert.
Steiner beschreibt das Erlebnis in seinem 1913 gehaltenen Vortrag “Skizze eines Lebensabrisses” folgendermaßen:
„Und als er (Rudolf Steiner meint sich damit selbst) so dasaß, tat sich die Tür auf; er mußte es natürlich finden, daß eine Persönlichkeit, eine Frauenspersönlichkeit, zur Türe hereintrat, die er früher nie gesehen hatte, die aber einem Familiengliede außerordentlich ähnlich sah. Die Frauenspersönlichkeit ging zur Türe herein, ging bis in die Mitte der Stube, machte Gebärden und sprach auch Worte, die etwa in der folgenden Weise wiedergegeben werden können: ‚Versuche jetzt und später, so viel du kannst, für mich zu tun!‘ Dann war sie noch eine Weile anwesend unter Gebärden, die nicht mehr aus der Seele verschwinden können, wenn man sie gesehen hat, ging zum Ofen hin und verschwand in den Ofen hinein…”
Es stellte sich bald heraus, daß zu derselben Zeit, als dem Jungen diese Frauengestalt erschienen war, ein sehr nahestehendes Familienmitglied sich selbst den Tod gegeben hatte. Rudolf hatte diese Verwandte jedoch nie zuvor gesehen, und auch nie sonderlich viel von ihr gehört. Das Ereignis machte auf ihn einen großen Eindruck, denn es war jeder Zweifel ausgeschlossen, daß es sich um den „Besuch“ des Geistes jener durch Suizid zu Tode gekommenen Person gehandelt haben mußte. Sie war an den Knaben mit dem Anliegen herangetreten, etwas für sie in der nächsten Zeit nach dem Tode zu tun.
Rudolf Steiner schreibt weiter darüber:
„Nun, wer so etwas in seiner frühen Kindheit erlebt und es nach seiner Seelenanlage zu verstehen suchen muß, der weiß von einem solchen Ereignisse an – wenn er es eben mit Bewußtsein erlebt -, wie man in den geistigen Welten lebt… Und der Knabe (also er selbst) lebte etwa von jenem Zeitpunkte ab mit den Geistern der Natur, die ja in einer solchen Gegend ganz besonders zu beobachten sind, mit den schaffenden Wesenheiten hinter den Dingen, in derselben Weise, wie er die äußere Welt auf sich wirken ließ“ (Briefe 1, 1948, I Off.).
Dieses Erlebnis war seine Initiation in den hellseherischen Zugang zu den geistigen Welten.
Seine hohe geistige „Begabung“ tritt bereits als Jugendlicher in Erscheinung; mit 14 Jahren las er die Werke Kants; sein Abitur bestand er 1879 mit Auszeichnung. Steiner nahm noch im selben Jahr ein Studium für das Lehramt an Realschulen auf, und zwar an der Technischen Hochschule in Wien, mit den Fächern Chemie, Physik, Mineralogie, Zoologie, Botanik, Biologie, Geologie und Mechanik. Daneben hört er Vorlesungen in Geschichte und Literaturwissenschaft. Von 1881 an bekam er weitere Impulse durch das Studium der Werke Darwins und Hegels. Auch in Steiners Weltschau spielt der Evolutionsgedanke eine große Rolle.
Die Begegnung mit dem Mystiker und Medium Felix Koguzki
Abermals sollte Steiner eine bedeutsame Begegnung haben, die ihm noch tiefere Einblicke in die geistige Welt vermittelte. 1880, während seiner Studienzeit, fuhr er regelmäßig mit der Bahn von Inzersdorf nach Wien. Es begann die geistige Auseinandersetzung mit dem Kräutersammler und Okkultisten Felix Koguzki aus dem Dorf Trumau. Rudolf Steiner nannte den wahren Namen in seinen Schriften nicht; erst die Nachforschung seines Schülers Emil Bock deckte die Identität des Mannes auf (Bock, 1967). Steiner berichtet:
„Da geschah es, daß ich mit einem einfachen Manne aus dem Volke bekannt wurde. Er fuhr jede Woche mit demselben Eisenbahnzuge nach Wien, den ich auch benützte. Er sammelte auf dem Lande Heilkräuter und verkaufte sie in Wien an Apotheken. Wir wurden Freunde. Mit ihm konnte man über die geistige Welt sprechen wie mit jemand, der Erfahrung darin hatte… […] Er offenbarte sich so, als ob er als Persönlichkeit nur das Sprachorgan wäre für einen Geistesinhalt, der aus verborgenen Welten heraus sprechen wollte… […] Aber man konnte, wenn man selbst die Anschauung einer geistigen Welt hatte, in diese durch einen Andern, in ihr ganz Feststehenden, tiefe Einblicke tun… […] Mir blieb dieser Mann, auch als das Leben mich wieder von ihm weggeführt hatte, seelennahe. Man findet ihn in meinen Mysteriendramen in der Gestalt des Felix Balde.“ (Lit.: GA 28, S 46ff)
Gerhard Wehr berichtet über Koguzki: «Die wenigen Bücher, über die er verfügt, handeln vornehmlich von ‚Haus- und Heilmitteln für Menschen und Vieh‘, auf natürlicher und sympathetischer Grundlage. Der zu Heilzwecken angewandte ‚animalische Magnetismus‘ nach Franz Anton Mesmer spielt darin eine ebenso große Rolle wie die Praktiken der sogenannten Besprechung oder der Herstellung von wirkkräftigen Amuletten» (Wehr 1993, 44).
Gründung einer Esoterischen Schule
Eine Esoterische Schule (abgekürzt ES) wurde von Rudolf Steiner ab 1904 – ausgehend von Deutschland – für einen engen esoterischen Schülerkreis aufgebaut. Bis 1907 war die ES der von H.P. Blavatsky [eine Okkultistin und Spiritistin] 1888 begründeten „Esoteric School of Theosophy„ in London angeschlossen. Der okkulten Tradition folgend, wurde sie noch als Geheimschule geführt, von deren Existenz zunächst nur diejenigen wussten, die zur Teilnahme persönlich eingeladen worden waren. Die Bindung an die Londoner Schule wurde auf dem Münchner Kongress der Theosophischen Gesellschaft mit dem vollen Einverständnis von Annie Besant, die nach dem Tod Blavatskys 1891 gemeinsam mit William Quan Judge die Leitung übernommen hatte, gelöst. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs löste Steiner die Esoterische Schule auf; eine Neukonstituierung fand erst im Rahmen der Weihnachtstagung 1923/24 in Form der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft statt; die nicht mehr zeitgemäße Geheimhaltung wurde dabei völlig aufgegeben. (Quelle: AnthroWiki, Liz. CC BY-SA 3.0)
Steiner als Begründer der Anthroposophie
Rudolf Steiner begründete die Anthroposophie, eine heute weltweit bekannte spirituelle und esoterische Weltanschauung bzw. der dazu gehörende Ausbildungs- und geistige Erkenntnisweg. Die Anthroposophie versucht, Elemente des deutschen Idealismus, der Weltanschauung Goethes, der Gnosis, fernöstlicher Lehren sowie der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zu Steiners Zeit miteinander zu verbinden.
Die dabei von Rudolf Steiner betriebene „wissenschaftliche“ Erforschung der geistigen Welt (mit dem Versuch und der Praxis, in die übersinnliche Welt einzudringen) zeigt den okkult–spiritistischen Charakter der Anthroposophie, der auch aus folgendem Zitat Steiners deutlich ersichtlich wird:
„Unter Anthroposophie verstehe ich eine wissenschaftliche Erforschung der geistigen Welt, welche die Einseitigkeiten einer bloßen Natur-Erkenntnis ebenso wie diejenigen der gewöhnlichen Mystik durchschaut und die, bevor sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt einzudringen, in der erkennenden Seele erst die im gewöhnlichen Bewusstsein und in der gewöhnlichen Wissenschaft noch nicht tätigen Kräfte entwickelt, welche ein solches Eindringen ermöglichen.“
Sitz der 1912/13 entstandenen Anthroposophischen Gesellschaft ist bis heute Dornach in der Schweiz, wo 1913 die Grundsteinlegung für ein von Steiner entworfenes Gemeinschaftsgebäude erfolgte, welches Steiner Goetheanum nannte. Nach einer Brandstiftung an diesem ersten Gebäude, welches ganz aus Holz bestand, wurde ab 1925 das heute noch bestehende zweite Goetheanum errichtet. Steiner erlebte dessen Vollendung nicht mehr.
Okkulter Hintergrund der Anthroposophie
»Die Lehren, die Rudolf Steiner seinen Anhängern übermittelt, stellen in ihrer Gesamtheit das umfassendste und eigenartigste System okkulter Wissenschaft dar, das je geschaffen wurde. Griechische, insbesondere pythagoreische und neuplatonische Mystik, indische Theosophie, jüdische Kabbala, christliche Gnosis, Manichäismus, mittelalterliche Astrologie und Alchemie, die Geheimlehren der Rosenkreuzer, die Symbolik der Freimaurer, die theosophischen und okkulten Elemente in der Philosophie Schellings, alles Mystische bei Goethe und noch vieles andere wurde hier verwendet und zu einer seltsamen Einheit verbunden.«
Dies schreibt nicht ein christlicher Kritiker, sondern der Philosoph Hans Leisegang in seinem Buch „Geheimwissenschaften“ [11].
Im Jahre 1904 erschien die erste Ausgabe einer theosophischen Zeitschrift mit dem bezeichnenden Namen „Lucifer-Gnosis“, wobei Rudolf Steiner als Herausgeber und Redakteur fungierte. Zu Beginn überwogen in der Zeitschrift noch theosophische Themen; nach und nach aber brachte er die Inhalte auf die Terminologie seiner späteren anthroposophischen Lehre.
Aus Steiners Vorstellungen entwickelte sich auch ein Zweig der Alternativmedizin: Obwohl Steiner kein Mediziner war, hat er zusammen mit der niederländischen Ärztin Dr. Ita Wegman die Grundlage für ein anthroposophisches Krankheitsverständnis und Heilmittelfindung entwickelt. Nach anthroposophischer Auffassung spiegeln die vier Wesensglieder des Menschen (physischer Leib, Lebensorganisation, seelische Empfindungsorganisation und geistige Ich-Organisation) die „verwandtschaftliche Beziehung zwischen Natur und Mensch“ wider. [Lit. 6].
Für die Beziehung zum persönlichen Gott, die dem Menschen in Jesus Christus angeboten wird, ist dabei kein Platz. Diagnose und Therapie sind bei diesen Heilmethoden durchdrungen von einer esoterischen, d.h. durchgängig okkulten Weltanschauung. Folgende Stelle aus Steiners und Wegmans gemeinsamem Werk „Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst“ belegt dies eindrücklich:
„Eine 26jährige, labile Patientin klagt über Rückenschmerzen. Als «Diagnose» ergibt sich ein Ungleichgewicht der verschiedenen Leiber: «Die übermäßige Eigentätigkeit des Astralleibes bewirkt, daß zu wenig Kräfte von diesem in den physischen Leib und Ätherleib überströmen.» Als «Therapie» wird eine Dämpfung des „Astralleibes“ empfohlen: «Die übermäßige Eigentätigkeit des Astralleibes läßt sich bekämpfen durch kleinste Dosen von Blei, innerlich genommen. Blei zieht den Astralleib zusammen und weckt in ihm die Kräfte, durch die er sich stärker mit dem physischen Leib und dem Ätherleib verbindet“ [Lit. 2, 7]
Steiners Wirken und Werk ist durch und durch antichristlich. Er schreibt im Geist der „alten Schlange“:
„Es ist allein des Menschen würdig, daß er selbst die Wahrheit suche, daß ihn weder Erfahrung noch Offenbarung leite. Wenn das einmal durchgreifend erkannt sein wird, dann haben die Offenbarungsreligionen abgewirtschaftet. Der Mensch wird dann gar nicht mehr wollen, daß sich Gott ihm offenbare oder Segen spende. Er wird durch eigenes Denken erkennen, durch eigene Kraft sein Glück begründen wollen. Ob irgendeine höhere Macht unsere Geschicke zum Guten oder Bösen lenkt, das geht uns nichts an; wir haben uns selbst die Bahn vorzuzeichnen, die wir zu wandeln haben. Die erhabenste Gottesidee bleibt doch immer die, welche annimmt, daß Gott sich nach Schöpfung des Menschen ganz von der Welt zurückgezogen und den letzteren ganz sich selbst überlassen habe.“ [Lit. 8]
An anderer Stelle zitierte Steiner zustimmend ein Zitat des Stirner-Biographen John Henry Mackay, in dem es hieß [Lit. 9]:
Ich glaubte nie an einen Gott da droben,
Den Lügner oder Toren nur uns geben.
Ich sterbe – und ich wüßte nichts zu loben
Vielleicht nur Eins – daß wir nur einmal leben.
Schriftstellen:
Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben,sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist. (1. Mose 3, 4.5)
Wenn er [Satan] Lügen redet, so spricht er aus dem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge. (Joh. 8, 44)
Es soll niemand unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen läßt oder Wahrsagerei, Hellseherei, geheime Künste oder Zauberei treibt oder Bannungen oder Geisterbeschwörungen oder Zeichendeuterei vornimmt oder die Toten befragt. Denn wer das tut, der ist dem Herrn ein Greuel. (5. Mose 18,10-12)
Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. (Epheser 5, 11)
Der Geist aber sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten einige von dem Glauben abfallen werden und verführerischen Geistern und teuflischen Lehren anhängen (1. Timotheus 4, 1)
Seine Bürger aber waren ihm feind und schickten eine Botschaft ihm nach und ließen sagen: Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche! (Lukas 19, 14)
Quellenverzeichnis und weiterführende Informationen:
[1] Donji Kraljevec: Geburtshaus von Rudolf Steiner
[2] Gassmann, Lothar: Rudolf Steiner und die Anthroposophie – Erkenntnisweg in den Abgrund. TELOS-Bücher ; 2821 : Reihe: Leben – Werk – Wirkung. ISBN: 3856663045
[2a] Gassmann, Lothar:, Rudolf Steiner und die Anthroposophie – eine kritische Biographie. Hänssler-Paperback 2002 ; ISBN 3-7751-3677-0 [Download als pdf]
[3] Vortrag von Dr. theol. Lothar Gassmann: Rudolf Steiners Leben (DWG Radio)
[4] Gassmann, Lothar, Anthroposophie: Lehre über die Bibel, Gott, Christus und Erlösung [Download als pdf]
[5] Bierl, Peter: Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik [pdf-Datei des Artikels bei sektenwatch.de]
[6] Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, 5. Aufl., Bd. 2, S. 752 (Springer-Verlag, Heidelberg 1991)
[7] Steiner/Wegmann: Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst (701, 100f)
[8] Rudolf Steiner: Goethes Naturwissenschaftliche Schriften, Band VI: Goethes Erkenntnis-Art, S. 124
[9] Coiplet, Sylvain: Anarchismus und soziale Dreigliederung – Ein Vergleich, Institut für Soziale Dreigliederung 4/2000 [pdf-Datei des Artikels]
[10] Bierl, Peter: „Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister – Rudolf Steiner und die Waldorfpädagogik“ (Konkret Literatur Verlag, München 2005).
[11] Leisegang, Hans: Geheimwissenschaften. Gotha-Stuttgart, 1924, S. 27
[12] Die Waldorfschulen und ihr weltanschaulicher Hintergrund, in: Begegnung und Gespräch, Ausg. 91, Januar 1992 [pdf-Datei des Artikels]
[13] Gratenau, Christiane: Von Rudolf Steiner zu Jesus Christus – meine Auseinandersetzung mit der Anthroposophie. Brunnen-Verlag, 1995. ISBN 9783765523540
[14] Plock, Wilfried: Anthroposophie – Rudolf Steiners Intellektuellen-Sekte? – Eine Kurzdarstellung mit Beurteilung aus biblischer Sicht [pdf-Datei bei sermon-online.de]
[15] Anthroposophie – Informationsflyer AG 1068 der Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen (AG Welt) [pdf-Datei]
siehe auch: Anthroposophie; Akasha-Chronik; Christengemeinschaft ; Rosenkreuzer