25. Stärkung. (1. Samuel 30, 6)

David stärkte sich in dem Herrn, seinem Gott.
(1. Sam. 30, 6)

Abzuscheiden und bei Christo zu sein – das wäre Allen, welche Dich, o Jesu, erkannt haben und durch Dich mit Gott versöhnt sind, viel besser, Phil. 1, 23. Die Stadt, in der Du Selbst bist (Hebr. 11, 16) und in der kein Tod und kein Leid mehr ist (Offb. 21, 4), war die Sehnsucht unserer Väter und ist das Verlangen aller Deiner Kinder.

O wär ich da! O ständ‘ ich schon,
Ach, süßer Gott, vor Deinem Thron
Und trüge meine Palmen !

Wie Du aber Selbst auf dem Wege vom Bache getrunken und darnach das Haupt emporgehoben hast (Ps. 110, 7), so gib mir, o Jesu, daß ich mich, wie David, bis zum Eingange in das ewige Leben, in Dir stärke. David bedurfte der Stärkung; Saul war gegen ihn und David dachte nicht anders, als er werde der Tage einem Saul in die Hände fallen (1. Sam. 27, 1); in Ziklag im fremden Lande hatte er eine Zuflucht gefunden (1. Sam. 27, 6), aber als David das Vertrauen der Fürsten verloren hatte (1. Sam. 29), verbrannten sie Ziklag. David hob seine Stimme auf und weinte, er war sehr geängstigt, das Volk wollte ihn steinigen (1. Sam. 30, 1–6).

Und nun kommt der bitterste Zweifel in Davids Seele: wenn Alle gegen dich stehen und Alles wider dich ist, ist das nicht ein deutliches Zeichen, daß Gott Selbst gegen dich ist? Armer, armer David! – David aber stärkte sich in dem Herrn seinem Gott.

O mein Gott, das laß mir widerfahren, daß ich mich in Dir, Du starker Gott Israels (1. Mose 33, 20) stärken kann. Habt Glauben an Gott – so sprichst Du, mein Heiland, Mark. 11, 22. Das kann mir nicht schaden, daß ich in meinem Leben inne werde, daß hier nichts ist als Angst und Not – denn es ist die Wahrheit – und je weiter ich meinen Fuß setze, je tiefer setze ich ihn ins Jammertal (Ps. 84, 7); aber in Dir, Du starker Gott, ist kein Jammer und keine Not. Du bist der lebendige Gott – alle meine Tage waren auf Dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und derselben keiner da war, Ps. 139, 16. Der Du meine Haare auf meinem Haupte gezählt hast (Matth. 10, 30), wie solltest Du nicht die Not meines Herzens sehen ? Der Du alle Dinge weißt, wie sollte Dir irgend etwas in meinem Leben und Gewissen verborgen sein? Du Auge sonder Schlummer, vergib es mir, wenn ich an Dir zweifelte.

Aber ob nicht ein bodenloser Abgrund mich von Dir trennt und bannt ? David konnte Dir auf tausend nicht eins antworten – ich auch nicht. Du, Herr, bist heilig und wie bin ich gewiß, daß mich nicht Dein Zorn verderben will? Diesen Abgrund alles Elends hast Du geschlossen, o Jesu, Du wunderbarer Heiland, der Du mit zweifelloser Gewißheit genannt bist das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt,  Joh. 1, 29.

All Sünd‘ hast Du getragen,
Sonst müßten wir verzagen.

Aber nun verzagen wir nicht. Ich weiß es, daß Du mir von Gott gegeben bist und daß Deine Gnade ebenso sehr eine freie, als eine alle Sünde bedeckende und tilgende ist. Deine Ehre, mein Heiland, ist über alle meine Erkenntniß und all mein Lob erhaben.

Du sprachst zur rechten Stunde:
Sieh, Ich komm mit Meinem Leib,
Daß im Volk von Deinem Bunde
Keiner mehr Dein Schuldner bleib‘.

Laß mich Deine Herrlichkeit – ich meine Deines Leidens Größe, Kraft und Gültigkeit sehen! O laß mir’s nimmer aus dem Sinn kommen, daß Dein Blut im Himmel besser redet denn Abels Blut und auf Erden mein Gewissen reinigt, Hebr. 12, 24 u. 9, 14.  Zu Deinem Gedächtniß und zu Deiner Anbetung laß mich in Brot und Wein inne werden, daß Du mich mit Gott versöhnet hast in Deinem Leibe durch das Kreuz, Ephes. 2, 16. Das wird mir das Herz erfreuen und den Mund fröhlich machen. Und wenn David nachgehends sein Haupt erhob und Amalek schlug (1 Sam. 30, 17), so werde ich durch Gottes Kraft im Glauben
des Sohnes Gottes leben, und getrost sein allezeit (2. Kor. 5, 6). Und endlich werde ich Dich sehen, Jesu, mein Leben und mich mit unaussprechlicher Freude freuen, 1. Petri 1, 8.

Bewahre mein Gebeine,
Bis ich vor Dir erscheine.
Und gib mir, daß ich glänze,
Wie Lilien im Lenze.

Quelle:

Stille halbe Stunden, S. 89ff. Von Th. Schmalenbach. Gütersloh, Druck und Verlag von C. Bertelsmann. 1877.
Bayerische Staatsbibliothek, urn:nbn:debvb:12-bsb11354794-3
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