Erstes Kapitel: Widerstand des Anti-Bekehrungsvereins.

Nicht lange nach meiner Bekehrung* gab ich meine Stellung als Militärarzt der Vereinigten Staaten auf, um in einer unsrer großen Städte eine Mission zur Bekehrung meiner israelitischen Brüder zu eröffnen.

*) Anmerkung. Wir verweisen unsre Leser auf: „Der sterbende Tambour“, eine Erzählung, die erst vor kurzem in unserm Verlag erschienen ist. Dieselbe enthält die wunderbare Geschichte dieses Mannes, der in großem Segen unter den Israeliten der Vereinigten Staaten wirkt.

Vom ersten Anfang dieser meiner Arbeit an hatte ich mit großem Widerstande zu kämpfen. Manche, die zuvor meine besten Freunde gewesen, wurden jetzt meine bittersten Feinde. Unter diesen war Moses Bamberg, mein ehemaliger Schulkamerad und Freund, ebenfalls aus meiner Geburtsstadt gebürtig.

Sobald er gehört, daß ich eine Judenmission angefangen, überredete er seinen Sohn Joseph, eine entgegengesetzte ins Leben zu rufen. Während die Widersacher unsre Mission mit dem Namen: „Bekehrungsgeschäft“ bezeichneten, nannten sie die ihrige: Anti=Bekehrungsverein. Abend auf Abend kamen junge Juden in großer Zahl, um unsre Versammlungen zu stören und drohten, innerhalb 3 Monate das ganze Werk zu vernichten, ja, fse vergaßen sich so weit, daß sie die Drohung aussprachen, sie wollten keine Kosten scheuen, damit ich mit Schande aus der Stadt vertrieben werde.

Meine Antwort war: „Liebe Brüder, wenn dies  m e i n  Werk ist, werden zur Zerstörung desselben keine drei Tage nötig sein, aber mit Gottes Hilfe werde ich euch beweisen, daß es das Werk Christi ist. Mag ich auch allein stehen, dessen bin ich gewiß, daß mit meinem Herrn Christo ich den 125 000 Juden dieser Stadt gegenüber in der Majorität bin“.

Während der ersten drei Wochen wagte ich kaum, beim Beten die Augen zu schließen, denn die Juden kamen mit verfaulten Äpfeln und Kartoffeln, bereit mich mit denselben zu werfen, sobald ich es tat. Ich pflegte deshalb mit weitgeöffneten Augen zum Gebet niederzuknieen.

Einmal, es war an einem Freitag Abend, stürzten sie den Ofen um, zerbrachen das Klavier, welches im Lokale stand, und beschimpften eine Dame, welche bekannte, durch unsre Mission den Heiland gefunden zu haben. Der Sohn meines ehemaligen Freumdes Bamberg sprang auf einen Stuhl und rief in einem spöttischen Tone: „Wir kennen dich“, und auf die erwähnte Dame weisend: „Wieviel hat dieser Bursche dir für dein Bekehrungsbefenntnis bezahlt?“ – Dieselbe Frage wurde an jeden anwesenden Israeliten, an jede Israelitin, von denen sie dasselbe Bekenntnis vernommen, gerichtet. An diesem selben Abend verfolgten mich ungefähr fünfzehn des Anti=Bekehrungsvereins auf dem Wege nach meiner Wohnung. Einer schlug mich mit seinem Stock auf Kopf und Arm, Joseph Bamberg aber warf mich auf die Straße, trat mich, indem er schrie: „Jetzt predige deinen Jesus!“ mit Füßen und verwundete mich dermaßen, daß ich sechs Tage lang das Zimmer hüten mußte.

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Quelle:

Lebens=Erfahrungen des Evangelisten Dr. M. L. Roßvally,
Verfasser des  „S t e r b e n d e n  T a m b o u r“

Hamburg, Druck und Verlag von J.G. Oncken Nachfolger (Phil. Bickel), 1891.
[Digitalisat]

Eingestellt am 20. März 2023