Jeremia 1, 1-3

Dies sind die Reden Jeremia’s, des Sohnes Hilkias, aus den Priestern zu Anathoth im Lande Benjamin, zu welchem geschah das Wort des HERRN zur Zeit Josias, des Sohnes Amons, des Königs in Juda, im dreizehnten Jahr seines Königreichs, und hernach zur Zeit des Königs in Juda, Jojakims, des Sohnes Josias, bis ans Ende des elften Jahres Zedekias, des Sohnes Josias, des Königs in Juda, bis auf die Gefangenschaft Jerusalems im fünften Monat. (Jeremia 1, 1-3)

Es war Jeremías Rettung, daß der Prophet in ihm nicht dem Menschen Jeremía erlag. So sehr er auch als Glied seines Volkes bis zum letzten Augenblick die stille Hoffnung auf Rettung nicht aufgab: Gottes Offenbarung stand ihm höher und fester als seine Wünsche. Denn Heil für sein Volk könne letzthin nicht in seinen völkischen Wünschen, sondern im Handeln Gottes liegen. Dieser Einstellung entsprechend vermehrten sich aber seine Leiden.

Als er während der eingetretenen politischen Atempause Jerusalem verließ und zu seinem Heimatdorf Anathoth ging, legte man es ihm als Hochverrat aus und warf ihn in den Kerker. Aber auch Leiden hoben in ihm nicht Gottes Wort auf, und Jerusalems feindliches Vorgehen gegen Gottes Propheten hob nicht Jerusalems und des Volkes Gericht auf. Gòtt ließ sich innerhalb der Geschichte nie durch Feindschaft in sein souveränes Walten hineinregieren. Des Propheten Kerker wurde zum Symbol, wie schnell Jerusalem mit seiner Festung selbst zum Kerker für König und Volk werden würde.

Die Chaldäer kehrten sehr bald wieder, und es begann der schreckliche Schluß des Dramas. Zedekia suchte Trost und Hoffnung beim Propheten, den er geheim aus seinem Kerker befreien und als Gefangenen in seinen Wadithof bringen ließ. Als er wiederum zur Preisgabe des Widerstandes und zum offenen Übergang zu den Chaldäern riet, da antwortete ihm die herrschende Partei damit, daß sie ihn in eine Schlammgrube werfen ließ, in der er elendiglich umkommen sollte. Des Propheten letzte Aufgaben waren aber noch nicht gelöst, und ein Kuschite Ebedmelek rettete ihn mit Zustimmung des Königs Zedekia und brachte ihn wiederum ins Wadithaus

Jerusalem stand bereits vor seinem Zusammenbruch.

Auch den Rat, den der Prophet in einer letzten Unterredung dem Könige gab, führte Zedekia nicht aus. Im August 586 erlag die Stadt dem Ansturm des Feindes. Auch der Versuch einer Flucht rettete den König und viele Edle der Stadt nicht mehr vor dem Untergang. Sie wurden gefangengenommen und empfingen in Ribla ihr furchtbares Urteil. Nebukadnezar fand in Gedalja einen ihm ergebenen Statthalter und setzte ihn über Judäa ein. Jeremia legte er die freie Wahl vor, entweder als freier Bürger mit nach Babel zu gehen oder im Lande bei seinen Volksgenossen zu bleiben.

Jeremia blieb und teilte freiwillig die Leiden seines Volkes, die hinfort noch mehr mit der Abhängigkeit des Landes von Babels Herrschaft verbunden waren. Größer waren jedoch für ihn die inneren Leiden, die sich aus dem ferneren Verhalten seines gerichteten Volkes ergaben. Die Leidenschaften aller zurückgebliebenen Parteien erwachten; keine fand den Mut zur aufrichtigen Beugung unter das eingetretene Gericht, eine beschuldigte die andere an dem bisherigen Verlauf der Geschichte.

Und die Aufregung entlud sich, indem man Gedalja als Statthalter beseitigte. Was man jetzt von Babel aus zu erwarten hatte, war jedem klar. Rettung konnte jetzt nur noch in einer allgemeinen Flucht nach Ägypten liegen. Man fragte den Propheten um Rat. Er zog sich zurück und betete um Klarheit. Gottes Antwort war, daß auch in der Flucht nach Ägypten keine letzte Rettung liegen werde. Aber die Flucht war nicht mehr aufzuhalten. Auch Jeremia wird mit seinem Freunde Baruch wider seinen Willen mitgeschleppt.

(Jakob Kroeker)

Quelle:

Das lebendige Wort. Eine Einführung in die göttlichen Gedankengänge und Lebensprinzipien des Alten Testaments – Band 7 (Autor: Jakob Kroeker): Jeremia Der Prophet tiefster Innerlichkeit und schwerster Seelenführung.


Eingestellt am 28. November 2023