Kann man auch einem Riesen den Raub nehmen? oder kann man dem Gerechten [Septuaginta: dem Mächtigen] seine Gefangenen losmachen? Denn so spricht der HERR: Nun sollen die Gefangenen dem Riesen genommen werden und der Raub des Starken los werden; und ich will mit deinen Haderern hadern und deinen Kindern helfen. Und ich will deine Schinder speisen mit ihrem eigenen Fleisch, und sie sollen von ihrem eigenen Blut wie von süßem Wein trunken werden; und alles Fleisch soll erfahren, daß ich bin der HERR, dein Heiland, und dein Erlöser der Mächtige in Jakob.
(Jesaja 49, 24-26)
Der Starke muß seinen Raub hergeben
Die bange Frage ist: Wie soll das alles geschehen? Wie sollen die Wehrlosen dem bis an die Zähne Bewaffneten entfliehen? Ist das nicht alles nur ein schönes, unerreichbares Deckengemälde? Auf diese Zweifelsfragen antwortet Gottes Wort mit stärksten
Ausdrücken. „Ich, ich“. Wieder steht das Personalpronomen mit voller Betonung. In diesem Ich Gottes sind alle Zweifel zerstört, ist jedes „Unmöglich“ vernichtet.
„Ich werde streiten“, und wer will Ihm dann widerstehen? Mit furchtbaren Bildern, die der damaligen Kriegführung nicht fremd gewesen sein mögen, wird des Herrn Sieg über die Peiniger seines Volkes, die auch seine Feinde sind, geschildert.
Das Ziel aber ist: die ganze Menschheit („alles Fleisch“) wird erkennen, daß Jahve Retter und Erlöser seiner Gemeinde ist. Das greift weit über die Zeitgeschichte von damals hinaus. Das Wort weitet sich zu einer eschatologischen Verheißung. Der Blick geht hin
zum Endsieg Jesu: „Aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, daß er damit die Völker schlüge; und er wird regieren mit einem eisernen Zepter; und er tritt die Kelter des Weines des grimmigen Zornes Gottes, des Allmächtigen“ (Offb. 19, 15), lesen wir in der neutestamentlichen Parallele.
Jesus hat das Bild vom Starken, der seinen Raub hergeben muß, für sein eigenes Wirken in Anspruch genommen: „Es kann niemand einem Starken in sein Haus fallen und seinen Hausrat rauben, es sei denn, daß er zuvor den Starken binde und alsdann sein Haus beraube“ (Mark. 3, 27). Er weiß sich angetan mit der Vollmacht Gottes, um dem Gegner zu entwinden, was er mit „groß Macht und viel List“ gefangenhält. Er ist Heiland und Erlöser derer, die zu ihm rufen und ihre Zuflucht zu seinem Namen nehmen.
(Jakob Kroeker: Das lebendige Wort)
Bibelverse: Luther 1912 (bibeltext.com)