Hebräer 10, 36

Geduld aber ist euch not, auf daß ihr den Willen Gottes tut und die Verheißung empfanget. (Hebr. 10, 36)

Was ist denn das: Geduld? Die griechische Sprache, in der das Neue Testament ursprünglich geschrieben ist, hat hier ein feines Wort, das – wörtlich übersetzt – bedeutet: „Darunter-Bleibung“. Da legt uns der Herr irgendeine Last auf. Er weiß schon, warum Er es tut. Er ist der gute Hirte, auch wenn Er uns durch dunkle Täler führt. „Er weiß wohl, was uns nützlich sei …“

Aber unser unverständiges Herz meint es besser zu wissen. Wir halten die auferlegte Last für einen Schaden. Wir wollen sie abschütteln oder drunter weglaufen. „Geduld ist euch not!“ –  „Darunter-Bleiben ist euch not“, sagt der Apostel. Unter der Last bleiben wollen, weil Gott es will –- das dürfen wir lernen in der Schule Jesu. Unser Heiland nämlich ist auch damit versucht worden, dem Kreuz wegzulaufen. Seine eigenen Jünger haben Ihn immer wieder dazu bringen wollen. Aber der Herr Jesus „blieb darunter“. „Er war gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“ Er „blieb darunter“, Er war geduldig bis zum Letzten, als Er schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ Welches Heil ist doch für uns aus diesem Gehorsam und aus dieser „Darunter-Bleibung“ Jesu gekommen!

Meint ihr nicht, es sei für uns heilsam, wenn wir nun selbst Geduld und „Darunter- Bleibung“ lernten? Nur die Herzen, die unter ihren Lasten stille geworden sind, können die „Verheißung des ewigen Lebens“ erlangen. Amen.

(Pastor Wilhelm Busch)

Geduld ist euch vonnöten,
wenn Sorge, Gram und Leid,
und was euch mehr will töten,
euch in das Herze schneid’t.
O auserwählte Zahl!
Soll euch kein Tod nicht töten,
ist euch Geduld vonnöten,
das sag ich noch einmal.

Geduld kommt aus dem Glauben
und hängt an Gottes Wort;
das läßt sie sich nicht rauben,
das ist ihr Heil und Hort,
das ist ihr hoher Wall,
da hält sie sich verborgen,
läßt Gott und Vater sorgen
und fürchtet keinen Fall.

Geduld dient Gott zu Ehren
und läßt sich nimmermehr
von seiner Liebe kehren;
und schlüg’ er noch so sehr,
so ist sie doch bedacht,
sein heil’ge Hand zu loben,
spricht: der im Himmel droben
hat alles wohl gemacht.

Geduld ist meine Bitte,
die ich sehr oft und viel
aus dieser Leibeshütte
zu dir, Herr, schicken will.
Kommt denn der letzte Zug,
so gib durch deine Hände
auch ein geduldig’s Ende,
so hab ich alles g’nug.

(Paul Gerhardt)


Das griechische Wort ὑπομονῆς (Transliteration: hypomonēs) wird meist mit „Geduld“ oder „Ausharren“ übersetzt“. Es kennzeichnet das beständige „Darunterbleiben“ der Gläubigen in schwierigen, schmerzhaften oder anderen unangenehmen oder unverständlichen Situationen. Die Verwendung des Begriffes kann in der Heiligen Schrift  allgemein mit Trübsal in Verbindung gebracht werden. Gleichwohl gibt es kein deutsches Wort, das den Wortsinn exakt wiederzugeben vermag. Es wurde im klassischen Griechenland hauuptsächlich für das Erleiden von Widrigkeiten und Schmerz verwendet, die gegen den Willen eines Menschen über ihn gekommen sind, wie beispielsweise die Schrecken kriegerischer Einwirkungen oder die Eindrücke in Todesnähe.

Die Prüfungen im Glaubensleben bewirken ein standhaftes Ausharren (Jak. 1, 2-4):

Meine lieben Brüder, achtet es für eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallet, und wisset, daß euer Glaube, wenn er rechtschaffen ist, Geduld [hypomonēn] wirkt. Die Geduld  [hypomonē] aber soll festbleiben bis ans Ende, auf daß ihr seid vollkommen und ganz und keinen Mangel habet.

Quellen und Verweise

Anfechtung

hypomonē – die mannhafte Tugend

Predigten zu Hebräer 10, 36

Paul Gerhardt: Geduld ist euch vonnöten


Eingestellt am 22. April 2021