Lukas 21, 28

Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, so seht auf und erhebt eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung naht. (Lukas 21, 28)

Treue Jünger sehen die Welt als eine Gefangenschaft an. Ihnen gilt es: die Erlösung naht!

Was einmal auf die Welt gekommen ist, muß eben durch die Welt. Doch wer das ewige Leben ergriffen hat und vom ewigen Gut ergriffen ist, der ist hier an nichts gebunden.

Wenn das gute Stündlein kommt, so sieht er seinen Hausrat nicht an, auch wenn manche Pracht sein eigen wäre. Je näher mich das einbrechende Alter an das Tor der Ewigkeit bringt, desto mehr schreite ich von den Nebensachen zur Hauptsache, von den Hilfsmitteln und Schmuckwerk zu den Dingen selbst und ihrem Geschmack voran. Je weiter ich mich von dem Lärm der Welt entferne, desto süßer ist es, in meinem Gewissen Gott allein zu genießen, der größer ist als die ganze Welt, auch die gelehrte.

(Johann Albrecht Bengel)

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Der HErr Jesus wurde auf dem Oelberg auf einmal wegen der Zeit der Zerstörung des Tempels zu Jerusalem und wegen des Endes der Welt befragt; denn nachdem Er gesagt hatte, es werde an dem Tempel nicht ein Stein auf dem andern bleiben, der nicht zerbrochen werde, sprachen sie zu Ihm: Sage uns, wann wird das geschehen, und welches wird das Zeichen sein Deiner Zukunft und der Welt Ende? (Matth. 24, 3).

In der Antwort, die teils Matthäus und teils Lukas beschrieben hat, redete der Heiland bald von der Zerstörung des Tempels, bald von dem Ende der Welt und Seiner herrlichen Zukunft, weil die Jünger von beiden gefragt hatten, und weil beide große Begebenheiten eine Aehnlichkeit miteinander haben. Er sagte unter Anderem: Wenn dieses anfängt zu geschehen, so sehet auf, und hebet eure Häupter auf, darum, daß sich eure Erlösung nahet. Deutet man diese Worte auf die Zerstörung des jüdischen Tempels, so haben sie diesen Verstand: Wenn ihr von Kriegen und Empörungen hören, Erdbeben, Pestilenz, Schrecknisse und große Zeichen vom Himmel erleben, und wenn ihr endlich sehen werdet, daß Jerusalem mit einem Heer belagert werde, V. 9.10.11.20., so sehet auf, und hebet eure Häupter auf, darum, daß sich eure Erlösung von den Drangsalen nahet, die euch die trotzigen und mächtigen Juden vorher angetan hatten, und die V. 12.16.17. beschrieben sind. Weil aber die Zerstörung des jüdischen Tempels mit dem Ende der Welt in einer Aehnlichkeit steht, so darf man auch sagen: wenn die Zeichen anfangen zu geschehen, die V. 25.26. beschrieben sind, so sollen die Auserwählten unter den Menschen aufsehen, und ihre Häupter aufheben, weil ihre Erlösung von allem Uebel nahet.

Wunderbar ist’s, daß die schrecklichsten Gerichte Gottes Zeichen einer herannahenden Erlösung sind. Hiebei gibt es nun unterschiedene gerechte und heilige Empfindungen. Jesus weinte, als Er an die Zerstörung Jerusalems und des Tempels gedachte: hernach hieß Er Seine Jünger bei dem Anblick der Vorboten dieser Zerstörung heiter aufschauen. Der Untergang des Pharao und seines Heeres im Schilfmeer gab den Stoff zu einem fröhlichen Gesang, den Mirjam mit den israelitischen Weibern sang. Daß Gott bei der Einnahme des gelobten Landes große Könige geschlagen, und mächtige Könige erwürgt, Sihon der Amoriter König und Og den König zu Basan, wird Ps. 136, 17-20. mit dem Beisatz gepriesen: denn Seine Güte währet ewiglich.

So preiset man im Himmel den HErrn mit Freuden über das Gericht, das Er über das neue Babel, und über andere Feinde Seines Volkes ergehen läßt, s. Off. 17, 3.4; 16, 5; 18, 20; 19, 1.2.3, obschon auf Erden unzählige Menschen dabei zu Grunde gehen. Wer nun aus Liebe zu Christo, dessen Namen auf Erden verklärt zu werden verdient, an einer solchen heitern Freude bei dem Ausbruch Seiner Gerichte Anteil nehmen kann, tut wohl; derjenige tut aber auch wohl, der über den Untergang seiner Mitmenschen Tränen des Mitleidens vergießt, wie Jesus bei dem Anblick der Stadt Jerusalem.

Der Heilige Geist stehe mir in meinen letzten Tagen und Stunden bei, daß, wenn sich an meinem Leibe die Vorboten eines nahen Todes zeigen, ich alsdann heiter aufsehe, und wo nicht mein Haupt, doch meinen Geist erhebe, weil sich meine Erlösung naht.

Amen.

(Magnus Friedrich Roos)


Übersicht Lukas – Evangelium

Eingestellt am 20. August 2024