23. Januar

Wer kann sagen: ich bin rein in meinem Herzen und lauter von meiner Sünde? (Sprüche 20, 9)

Zwar meint der natürliche Mensch, es habe mit der Aufrichtigkeit nicht viel zu sagen, und rühmt sich derselben leicht in allen seinen Werken, da er doch ganz davon entblößt ist. Desto mehr macht aber die Aufrichtigkeit heilsbegierigen Seelen zu schaffen, und es ist ihnen oft sehr bedenklich, sich diese kostbare und wichtige Eigenschaft zuzutrauen, und mit Recht – denn arglistig und betrüglich ist des Menschen Herz, wer kann’s ergründen? – So beschreibt die heilige Schrift das menschliche Herz, woraus, wie Jesus sagt, List, Schalkheit und Schalksauge hervorgeht.

Er braucht drei Wörter, um die nämliche Sache zu bezeichnen, und deutet damit an, wie groß und tief diese Untugend sei, weswegen er auch von einem krummen und verdrehten Geschlecht redet. Den Aufrichtigen aber läßt er es gelingen. Und so kommt es z. B. nicht auf das Maß der Traurigkeit, nicht so sehr auf die Stärke und Zuversicht des Glaubens, auf die Größe der Verleugnung oder die Inbrunst der Liebe, sondern ihre Echtheit an. Wenn es nur echtes Gold ist, das mit Feuer durchläutert ist, und das Feuer vertragen kann, darauf kommt’s an, nicht auf die Größe des Haufens. Zwei Pfennige gelten da mehr, als hundert Groschen.

Mache den Gedanken bange,
Ob das Herz es redlich mein‘,
Ob die Seele an dir hange,
Ob wir scheinen oder sein!
Laß uns deine Wahrheit lieben,
Und damit umgürtet sein,
Uns um dich allein betrüben,
Und in dir allein erfreun!

Andacht aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten, Seite 24. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)

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Eingestellt am 24. Januar 2021 – Letzte Überarbeitung am 23. Januar 2024