Hesekiel 7, 5-27

So spricht der HERR HERR: Siehe, es kommt ein Unglück über das andere! Das Ende kommt, es kommt das Ende, es ist erwacht über dich; siehe, es kommt! (Hesekiel 7, 5.6)

Diese furchtbare Drohung läßt sich nicht in Unterabschnitte zerlegen. Die ganze Rede ist sehr charakteristisch für den Stil des Propheten. Man meint zu merken, wie er selbst unter dem Inhalt seiner Worte leidet. Es will ihm schwer werden, sie auszusprechen. Ganze
Sätze wiederholen sich. Wir würden den Stil des Propheten entstellen, wollten wir etwa solche Wiederholungen streichen. Dieses stoßweise Reden bringt es mit sich, daß gewisse Ausdrücke, die formelhaft wirken, immer wiederkehren. Der Hörer soll nicht zu schnell über das Gehörte hinweggehen. Der furchtbare Ernst der Drohungen soll eingehämmert werden. Darum fallen diese Sätze wie Hammerschläge, die Nägel fest in den Grund schlagen.

„Verderben über Verderben kommt — siehe, es kommt“ — man meint den Schauer zu fühlen, den diese entsetzlichen Bilder dem Hesekiel selbst bereiten, wenn sie sich vor seinem geistigen Auge enthüllten und er stoßweise wiedergibt, was er sieht. Mögen auch
einige Sätzlein in der Übersetzung fraglich bleiben, weil der Text anscheinend verdorben ist (etwa Vers 10 und 23) — das Ganze ist nur zu verständlich. Der Tag des Gerichts naht.

Angstverkäufe werden gemacht in solchen Zeiten drohender Gefahr. Aber Käufer
wie Verkäufer werden keine Freude an ihrem Geschäft haben. Es helfen auch keine Alarmsignale der Wächter oder Rüstungsbefehle der Obrigkeit. Alle Ordnung löst sich auf.

Alle Hände erschlaffen,
alle Knie werden weich,
Gold und Silber
verlieren ihren Wert,
Worauf man gestern traute,
ist heute zum Unrat geworden.

Es wird ihre Seele nicht sättigen, ihre Leiber nicht füllen. Ihre Götterbilder waren aus Edelmetall — nun werden sie zum Raub der Plünderer. Hat Jerusalem Gottes Heiligtum entweiht, so werden nun alle Pseudoheiligtümer und Greuel entweiht. In solchen Stunden letzter Angst sucht man wohl das Heil, den Frieden Gottes (V. 25). Aber nun ist’s zu spät. „Die Gottlosen haben keinen Frieden“, heißt es Jesaja 48, 22. Angstgerüchte steigern nur noch die Aufregung. Wer ähnliche Stunden erlebte, weiß, wie lebensnah diese Schilderung ist.

(Hans Brandenburg: Das lebendige Wort)


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