2. Samuel 11

David’s Ehebruch und Mordanschlag. 2. Sam. Kap. 11.

V. 1 ff. David beschloß, auch die Ammoniter vollends zu verderben und ihre Hauptstadt Rabba einzunehmen. Darum sandte er, als das Jahr um war, „zur Zeit wenn die Könige pflegen auszuziehen“ (im Frühjahr), Joab von neuem aus, um Rabba zu belagern. Er selbst blieb zu Jerusalem, sicher und von seinem Glück berauscht. Diese Untätigkeit gereichte ihm zum Verderben. Eines Abends, als David sich von seinem Mittagsschlaf erhob und auf dem flachen Dach seines Palastes umherging, gewahrte er, wie in einem Haus unten am Berge (vgl. V. 8), in dessen Hof man hinabsehen konnte, ein Weib sich badete. In der Mitte jedes Hauses im Morgenland ist ein rings eingeschlossener, oben unbedeckter Hof gewöhnlich mit einem Wasserbecken versehen. Der Anblick weckte in David die böse Lust, und obgleich man ihm sagte, daß es Bathseba, die Tochter eines seiner Helden (Eliam oder Ammiel, 1. Chron. 3, 5) und das Weib eines andern (2. Sam. 23, 39), des bekehrten Hethiters Uria sei, ließ er sie doch in seinen Palast holen und vollbrachte sein Gelüsten. Bathseba, deren Mann mit Joab im Felde stand, reinigte sich durch eine Waschung, die freilich die Sünde nicht wegnehmen konnte, kehrte in ihr Haus zurück und ließ nach einiger Zeit dem David sagen, daß sie schwanger geworden sei. Das Gesetz bedrohte sie für den Fall, daß ihre Schande offenbar wurde, mit dem Tod, 3. Mos. 20, 10.

David sann auf Mittel, das Geschehene zu verbergen, und ließ Uria aus dem Felde rufen, unter dem Vorwand, von ihm über den Stand des Feldzugs zu hören. In Wahrheit dachte David, daß, wenn Uria nur einmal wieder zu Hause bei seinem Weibe gewesen sei, man keinen Verdacht schöpfen könne. Aber Uria verschmähte in kriegerisch abgehärtetem Sinn alle häusliche Bequemlichkeit und betrat sein Haus gar nicht, obgleich ihn David mehrere Tage hinhielt und sogar zuletzt bei einem Gastmahl trunken machte. Uria, der vielleicht schon auch Verdacht geschöpft hatte, blieb bei seinem Vorsatz, und schlief immer bei des Königs Knechten vor der Türe des Palastes. Da änderte David seinen Plan und beschloß Uria’s Tod. Er schrieb an Joab, in dem er für schändlichen Plan einen bereitwilligen Helfer fand, einen Brief mit dem Auftrag, Uria so zu stellen, daß er fallen müsse. Uria selbst mußte den Brief überbringen, und seine Tapferkeit machte die Ausführung des Planes leicht. Joab stellte ihn an einen gefährlichen Platz; und bei einem Ausfall der Ammoniter wurde er erschlagen. Ebenso schlau richtete Joab die Überbringung der Nachricht an David ein: er ließ durch einen Boten von dem unglücklichen Zusammenstoß berichten und trug ihm, auf wenn etwa des Königs Zorn sich erhebe über die unvorsichtige Annäherung an die Stadtmauer, so solle er ganz gelegentlich bemerken: auch dein Knecht Uria der Hethiter ist tot. Der Bote richtete seinen Auftrag aus, und David ließ scheinbar ebenso ruhig antworten: laß dich diese Sache nicht verdrießen, denn das Schwert frisset so und so; halt an mit deinem Streit wider die Stadt, daß du sie zerstörest. Als Bathseba den Tod ihres Mannes hörte, trug sie Leid um ihn; und nach Verfluß der Trauerzeit (gewöhnlich sieben Tage, vgl Sirach 22, 10) ließ sie David in sein Haus holen, und sie ward sein Weib und gebar ihm einen Sohn. Wie weit sie um den Zusammenhang der Dinge wußte, wie weit überhaupt in David’s Sünde selbst eingewilligt hat, ist in der Erzählung nicht angedeutet; der Hauptschuldige war jedenfalls David, und von ihm heißt es am Schluß; „die Tat gefiel dem Herrn übel, die David tat“. Sie wirft auch wirklich den Schatten auf David’s sonst so glänzendes Lebenbild. David kann hier mit der Unvollkommenheit alttestamentlicher Erkenntnis noch mit der Abstumpfung des sittlichen Gefühls durch die Häufigkeit einer Sünde entschuldigt werden; denn was das erste betrifft, so war im alten Bund schon deutlich genug gesagt: du sollst nicht ehebrechen; und was den damaligen Stand der Sittlichkeit im Volk Israel anbelangt, so bezeugt David’s eigenes Bemühen, seine Sünde zu verbergen, wie sehr das ganze Volk den Ehebruch verabscheute. Aber gerade dies Bemühen, die Sünde zu verdecken, trieb David nur noch weiter hinein und ließ ihn auch zum Mörder werden. Was uns mit David wieder aussöhnt, das sind keine Entschuldigungsgründe, die man für seine Tat anführen könnte, sondern das ist seine Buße, von der uns das nächste Kapitel erzählt.

Anmerkung 1: Aus V. 11 ersieht man, daß auch unter David die Bundeslade manchmal in den Krieg mitgenommen wurde (vgl. 1. Sam 4, 3ff.).

Anmerkung 2: Bathseba heißt 1. Chron. 3, 5 Bathsua [hebr. בַּת־שׁ֫וּעַ Bath-shua]; was wohl nur eine andere Aussprache desselben Namens ist. Ebenso ist V. 21 Jerubbeseth eine andere Form für Jerubbaal oder Gideon; über die V. 21 zum Beispiel angeführte Geschichte Abimelech’s vgl. Richt. 9, 52f.

Quelle:

Handbuch der Bibelerklärung, Erster Band. Das Alte Testament, S. 374f. Mit zwei Karten. Fünfte, umgearbeitete Auflage. Calw und Stuttgart, Verlag der Vereinsbuchhandlung, 1878 [Digitalisat]

Weblinks und Verweise

Bathseba im Bibel-Lexikon (externer Link zu bibelkommentare.de)

Eingestellt am 15. Februar 2022