Psalm 91, 1-3

1 Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, 2 der spricht zu dem HERRN: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe. 3 Denn er errettet dich vom Strick des Jägers und von der schädlichen Pestilenz.

Auslegungen und Betrachtungen:

Vers 1:

Der allmächtige HERR will alle beschützen, die bei Ihm wohnen, sie stehen unter Seiner Fürsorge, wie die Gäste unter dem Schutz des Hausherrn stehen. Im Allerheiligsten waren die Flügel der Cherubim die am deutlichsten sichtbaren Gegenstände, und an sie musste der Psalmist wahrscheinlich denken, als er diesen ersten Vers schrieb. Alle, die mit Gott Gemeinschaft haben, sind bei Ihm in Sicherheit. Sie kann kein Übel erreichen, denn die ausgestreckten Flügel Seiner Macht und Liebe beschützen sie vor allem Schaden. Dieser Schutz besteht immer, sie »bleiben« darunter, und er ist allgenugsam; denn es ist der »Schatten des Allmächtigen«, dessen Allmacht sie sicherlich vor jedem Angriff beschirmen wird. Kein Schutz kann jemals mit der Bewahrung verglichen werden, den der Schatten des HERRN bietet. Der Allmächtige ist selbst dort, wo Sein Schatten ist, und darum werden solche, die in Seinem Schatten wohnen, auch von Ihm bewahrt werden. Gemeinschaft mit Gott bedeutet Sicherheit. Je enger wir uns an den allmächtigen Vater anklammern, umso zuversichtlicher dürfen wir sein. Wer in einer uneinnehmbaren Burg wohnt, vertraut natürlich auf sie. Sollten nicht alle, die in Gott wohnen, völlig gelassen sein und sich in tiefster Seele sicher fühlen? Ach, dass wir so klar entschieden wären wie der Psalmist! Wir haben schon auf Gott vertraut, laßt uns weiter auf Ihn vertrauen! Er hat uns nie im Stich gelassen, warum sollten wir Ihm nun mißtrauen? Auf Menschen zu zählen, ist normal für die gefallene Natur. Weil alle Gründe für den Glauben sprechen, sollten wir unser Vertrauen ohne Zögern oder Schwanken auf den Herrn setzen. Lieber Leser, bitte um die Gnade, sagen zu können: »Ich vertraue auf Ihn.«

Ganz gewiß wird kein noch so schlauer Plan gegen solche gelingen, auf denen Gottes Augen ruhen, um sie zu beschützen. Wir sind töricht und schwach wie arme kleine Vögel und neigen sehr dazu, zu unserem Untergang von listigen Feinden geködert zu werden; doch wenn wir bei Gott wohnen, wird Er aufpassen, daß selbst der schlaueste Verführer uns nicht in die Falle lockt. Er, der Geist ist, kann uns vor bösen Geistern bewahren, Er, der geheimnisvoll ist, kann uns aus geheimen Gefahren retten, und Er, der unsterblich ist, kann uns erlösen, wenn wir sterbenskrank sind. Es gibt die tödliche Seuche des Irrtums; doch sind wir davor sicher, wenn wir in Gemeinschaft mit dem Gott der Wahrheit leben. Es gibt die todbringende Pest der Sünde; doch sie wird uns nicht infizieren, wenn wir nahe bei dem dreimal heiligen Gott bleiben. Auch gibt es die Seuche des Schwachseins, und sogar diesem Elend gegenüber kann unser Glaube immun werden, wenn er von jener erhabenen Art ist, welche in Gott ruht, in ruhiger Gelassenheit ihren Weg geht und alles um der Pflicht willen wagt. Der Glaube macht das Herz froh und bewahrt es dadurch vor Furcht, die in Seuchenzeiten mehr Menschen umbringt als die Epidemie selbst.

Vers 3:

Gott errettet die Seinen in einem doppelten Sinn vom Strick des Jägers. Vom Strick und aus demselben. Er errettet sie vom Strick, Er lässt sie nicht hineingeraten; und wiederum: wenn sie darin gefangen sind, erlöst Er sie daraus. Dem einen ist die erste Verheißung köstlicher; für die andern ist die zweite von größerem Wert. „Er errettet mich vom Strick des Jägers.“

Wie das? Trübsal ist oft das Mittel, wodurch uns Gott errettet. Gott weiß, daß unser Abfall uns schnell ins Verderben stürzt, und darum schickt Er gnädig seine Zuchtrute. Wir fragen: „Herr, warum tust Du das?“ und wissen nicht, daß unsre Trübsal dazu dienen mußte, uns vor größerem Übel zu bewahren. Viele sind so vom Verderben erlöst worden durch Kummer und Kreuz; das verscheuchte die Vögel vom Netz. Ein andermal bewahrt Gott die Seinen vor dem Strick des Jägers, indem Er ihnen geistliche Stärkung gewährt, so daß sie, wenn sie zum Bösen versucht werden, sagen können: „Wie sollte ich ein solch großes Übel tun, und wider Gott sündigen?“ Aber wie ist’s doch etwas so Seliges, daß, wenn der Gläubige in einer bösen Stunde ins Netz fällt, Gott ihn dennoch daraus erlösen will! O Abtrünniger, erschrick, aber verzage nicht! Bist du gleich irre gegangen, so höre dennoch, was dein Erlöser spricht: „Kehret wieder, ihr abtrünnigen Kinder, denn ich bin barmherzig.“ Aber du sprichst, du könnest nicht umkehren, denn du seiest gefangen im Netz. Dann höre diese Verheißung: „Er errettet dich aus dem Strick des Jägers.“ Du wirst dennoch errettet werden aus allem Übel, in das du geraten bist, und ob du gleich nicht aufhören sollst, Buße zu tun über deine Abwege, so will doch, Der dich geliebet hat, dich nicht verlassen noch versäumen. Er nimmt dich mit Ehren an und gibt dir Freude und Wonne, daß auch die Gebeine, die Er zerbrochen hat, sich freuen müssen. Kein Vogel des Paradieses wird umkommen im Strick des Jägers.

(Charles Haddon Spurgeon)

Jesu, hilf siegen, Du Fürste des Lebens!
Sieh‘ wie ich schweb‘ in Gefahren und Not!
Schwach ist mein Wollen, mein Ringen vergebens,
Furchtbar die Macht, die mich täglich bedroht.
Stehst Du mir, Jesu, nicht schützend zur Seite,
Wie kann ich kämpfen und siegen im Streite?

Bibellesezettel von Chr. von Viebahn (externer Link zu wol-blz.net)