09. Januar

Nicht, dass ich es schon ergriffen haben, oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möchte, nachdem ich von Christo Jesu ergriffen bin.

(Philipper 3,12)

Kein echter Christ darf sich mit den ersten Anfängen des Christentums begnügen. Er meint nicht, schon am Ziele zu sein, und alles erkannt und erfahren zu haben, wenn er einige Einsichten in sein Verderben und in das Evangelium empfangen hat. Er wird nicht satt und denkt nicht, ich bin’s nun. Freilich kommt eine anfangende Seele, besonders wenn ihr Bußkampf scharf, und die darauf erfolgte Tröstung und Versicherung von der Vergebung der Sünden recht kräftig und durchbringend war, wohl auf den Gedanken, nun sei sie fertig, welches auch wohl wahr ist. Dennoch sagt der Apostel Paulus: Nicht, daß ich’s schon ergriffen habe. Mit Christo ist ein Licht in die Seele gekommen. Dies Licht soll sie aber mehr und mehr durchleuchten, bis
daß sie ein Licht werde durch den Herrn. Ein Leben ist in die Seele gekommen; dies Leben soll sie mehr und mehr durchdringen, daß auch sie sagen könne: Ich lebe, doch nicht ich, sondern Christus lebet in mir. Die Weisheit ist in ihr, die soll sie mehr und mehr erfüllen, daß es von ihr heißen könne: Ihr wisset alles, denn ihr habt die Salbung von dem, der heilig ist. Die Vollkommenheit ist in ihr, und alle sollen hinan kommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes, und ein vollkommener Mann werden, nach dem Maße des vollkommenen Alters Christi, und zunehmen in allen
Stücken an dem, der das Haupt ist, Christus.

Aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)