Aber Jona machte sich auf und floh vor dem Herrn und wollte aufs Meer und kam hinab gen Japho. (Jona 1, 3)
Statt nach Ninive zu gehen und das Wort Gottes zu predigen, wie ihn Gott geheißen hatte, nahm Jona Mißfallen an dem Auftrag und ging hinab gen Japho [eine Hafenstadt in Israel, heute Jaffa], um Ihm zu entfliehen. Es kommt vor, daß Gottes Knechte vor ihrer Pflicht zurückschrecken. Aber was ist die Folge davon? Was verlor nicht Jona durch sein Betragen? Er verlor die tröstliche Gegenwart und den seligen Genuß der Liebe Gottes. Wenn wir dem Herrn Jesu als echte Gläubige dienen, so ist unser Gott mit uns; und wenn wir gleich die ganze Welt wider uns hätten, was tut’s, wenn nur Gott mit uns ist? Aber den Augenblick, wo wir zurückweichen und unseren eigenen Eingebungen folgen, sind wir ohne Steuermann mitten in einem ungestümen Meer. Dann mögen wir bitterlich klagen und seufzen und ausrufen: „Ach, mein Gott, wo bist Du hingegangen? Wie konnte ich so töricht handeln und aus Deinem Dienst fliehen und also verlieren den herrlichen Glanz von Deinem Angesicht? Das ist ein allzu kostbarer Preis. Laß mich wieder umkehren zu meiner Pflicht, auf daß ich mich wieder freuen könne in Deiner Gegenwart“.
Überdies verlor Jona allen inneren Frieden. Die Sünde zerstört rasch den Frieden und Trost eines Gläubigen. Sie ist der furchtbare Giftbaum, dessen Blätter eine tödliche Flüssigkeit ausschwitzen, dadurch alles Leben der Freude und des Friedens verzehrt wird. Jona verlor alles, worauf er sich sonst um Trost hätte verlassen können. Er konnte sich nicht auf die Verheißung des göttlichen Schutzes berufen, denn er ging nicht in den Wegen Gottes; er durfte nicht sagen: „Herr, siehe, diese Leiden begegnen mir in der Erfüllung meiner Pflicht, darum hilf mir hindurch“.
Er erntete, was seine Taten wert waren. Lieber Christ, handle nicht auch wie Jona, es sei denn dein Verlangen, daß alle Wogen und Wellen eines stürmischen Meeres über dein Haupt ergehen. Du wirst auf dem weiten Wege erfahren, daß es weit schwerer ist, dem Werk und Willen Gottes auszuweichen, als sich ihm schnell und ganz hinzugeben. Jona verlor seine Zeit, denn er mußte auch noch ans Meer reisen. Es wird uns schwer gemacht, mit dem Herrn zu rechten; so wollen wir Ihm denn bald und willig gehorsam sein.
Bild: Charles Haddon Spurgeon (1834-1892)
Nennung der Urheberschaft: Wikimedia Commons, Unknown (Drawings from photographs); The Strand Magazine / Public domain
Eine finstere Gestalt ist es, die heute vor uns tritt, ein Mann, der gewürdigt war, ein Prophet des Höchsten zu sein, der aber wenig von der Art seines Gottes an sich trug und sich seinen Weg durch Ungehorsam erschwerte. Die unendliche Langmut, die der Herr ihm erzeigte, läßt uns hoffen, daß sie ihn endlich überwunden hat.
Er floh vor dem Herrn, hören wir. Welch törichtes Beginnen! Als könnte man dem Allgegenwärtigen entfliehen! – Warum floh er? Und was ist der Grund, der noch heute manche bewegt, solch böse, gefahrbringende Flucht zu versuchen?
Es ist vor allem der Eigensinn, der auf dem von Gott gewiesenen Weg nicht wandeln, sondern den eigenen Plan durchsetzen will. Es ist die Leidensscheu, das Mißtrauen, die verborgene F e i n d s c h a f t gegen Gott. O, wie rauh sind die eigenen Wege, besonders für solche, die wie Jonas zum Hause Gottes gehörten, zum Beispiel für Kinder betender Eltern, oder für Menschen, die einmal in Jesu Nachfolge getreten waren und dann in feinerer oder gröberer Weise vor ihm geflohen sind! –
Sollte solch ein F l ü c h t l i n g diese Zeilen lesen, so sei Jonas ihm ein Prediger des großen Ernstes, aber auch der großen Gnade Gottes.
Halt mich fest, Herr,
an Deiner treuen Hand,
Daß mich nimmer von Dir ziehe
Erdennot noch Erdentand,
Daß ich niemals Dir entfliehe.
Halt mich fest!
Quelle: CLV Andachten – Der Prophet Jona – Jona 1, 3
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