Johannes 12, 48

Wer mich verachtet und nimmt meine Worte nicht auf, der hat schon seinen Richter; das Wort, welches ich geredet habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tage. (Joh. 12, 48 LUT)

Ein schweres Wort aus dem Munde des Herrn, der nicht gekommen ist, daß er die Welt richte, sondern daß er die Welt selig mache. Ein Wort, das uns an jedem Morgen zu einem heiligen Ernste wecken sollte. Es ist uns gesagt, was recht und gut ist, und was der Herr unser Gott von uns fordert“ (Micha 6, 8). Das Wort Gottes, das wir nie ganz austilgen können aus dem Gedächtnis unsres Gewissens, das uns begleitet zu unsrer Arbeit und zu unsrer Ruhe, diese Gottessprüche umfassen gar viel, verlangen ein bußfertiges Herz, einen kindlichen Geist, eine feste Treue und einen willigen Gehorsam.

Es ist eine hohe Aufgabe, die wir übernehmen, wenn wir in die Gemeinschaft mit dem Herrn treten. Wir sollen Allem absagen, Alles verlassen, um Christum zu gewinnen und ihm nachzufolgen. Wir sollen vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel auch vollkommen ist“ (Matthäus 5, 48). Er ruft uns zu: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr euer Gott!“ (3. Mose 19, 2; 1. Petrus 1, 16). Aus eigner Kraft aber vermögen wir nicht, auf dem Wege zum ewigen Leben zu wandeln. Da geht uns denn Christus voran, ermuntert und stärkt unsre Seele, wenn sie matt und müde werden will, hilft uns die Bürde tragen und den Sieg erringen. Darum will ich mich nicht selbst betrügen durch den eitlen Wahn und die törichte Hoffnung, daß der Herr uns schwache Menschenkinder bei all unsrer Sünde und Missetat aus Gnaden seiner Seligkeit teilhaftig machen werde. Nein, ich weiß, Gott läßt seiner Gebote nicht spotten, und was der Mensch sät, das wird er ernten“ (Galater 6, 7). Der Ewige und Alleinselige hat nichts versäumt, nichts unterlassen, um uns selig zu machen. Er hat seinen eingeborenen Sohn in’s Fleisch, in die Armut des Menschenlebens, in den blutigen Tod am Stamme des Kreuzes gegeben; er hat uns teuer erkauft – sollten wir der Sünde dienen? Das sei ferne! Darum will ich wachen und beten, daß ich nicht in Anfechtung falle“ und gegen den Herrn meinen Gott sündige (Matthäus 12, 48). Sein heiliges Gesetz soll wohnen in meinem Herzen und ein Licht sein auf meinen Wegen.

(Christian Wilhelm Spieker)

Quelle: Glaubensstimme – Christliche Texte aus 2000 Jahren

Christian Wilhelm Spieker (eigentlich Spiker; * 7. April 1780 in Brandenburg an der Havel; † 10. Mai 1858 in Frankfurt/Oder) studierte in Halle/Saale; er wurde dort Lehrer an der Lateinischen Schule und dem Pädagogium der Franckeschen Stiftungen, später in Dessau. Von 1809 an wirkte Spieker als Diakon und außerordentlicher Professor der Theologie in Frankfurt/Oder. 1818 wurde er daselbst Superintendent und Oberpfarrer.

Weitere Betrachtung zur Schriftstelle von Aiden Wilson Tozer

Eingestellt am 3. Oktober 2021 – Letzte Überarbeitung am 11. Januar 2022