Fantasiereisen

Phantasie-, Märchen- oder Traumreisen sind imaginative Verfahren. In der Psychotherapie werden sie zum „Aufspüren von innerer Kraft und Weisheit“ oder in der Traumatherapie zur Schaffung eines „sicheren Ortes“ eingesetzt. Als Entspannungsverfahren wirken sie therapeutisch. Sie werden als Geschichten von einem Sprecher erzählt. Ein tiefer Ruhe- und Erholungszustand wird durch eine entspannte Körperposition (z.B. auf dem Rücken liegend mit geschlossenen Augen), die Zuwendung durch den Sprecher sowie die Hinwendung auf die meist als angenehm erlebten Bilder in der eigenen Fantasie erzielt. Durch eine herabgesetzte Muskelspannung kommt es zu einer körperlich-seelischen Entspannung. Der Zuhörer stellt sich innere Bilder zu den Texten vor, in die möglichst viele angenehme Sinneseindrücke eingebaut sind. […] Der Übergang zu Katathymem Bilderleben und zur Oberstufe des Autogenen Trainings und anderen imaginativen therapeutischen Methoden ist fließend (Beschreibung nach Wikipedia, auszugsweise wiedergegeben).

Fantasiereisen sind eine Form der Meditation. Die enge Verwandtschaft zu der okkulten Technik der Astralreisen ist unübersehbar. In der sich besonders auf Kinder beziehenden Abhandlung des evangelischen Theologen Lothar Gassmann: Unsere Kinder im Griff des Zeitgeistes – Was können Eltern tun? findet man eine nähere Beschreibung der verwendeten hypnotischen Techniken sowie auch Hinweise auf die möglichen Gefahren:

Stilleübungen und Fantasiereisen beginnen meist mit Variationen des folgenden „Settings“:

Der Raum wird abgedunkelt, eine Kerze entzündet, meditative Musik eingespielt…

Die Kinder sollen z.B.

  • es sich bequem machen („Mache es Dir bequem…)
  • die Augen schliessen
  • auf den Atem achten / Atmung beruhigen bzw. kontrollieren
  • alle Gedanken und Sorgen loslassen
  • innere Bilder kommen lassen
  • sich vorstellen, ganz woanders zu sein oder ein anderes Wesen zu sein
  • sich auf einen bestimmten Punkt konzentrieren
  • den Körper (durch-) spüren
  • die Muskeln an- und entspannen
  • die Wahrnehmung auf einen Punkt oder Gegenstand konzentrieren / fixieren
  • die Wahrnehmung aller Sinne intensivieren
  • die „Stille hören“
  • bei geschlossenen Augen sehen bzw. wahrnehmen
  • die Aufmerksamkeit von aussen nach innen lenken
  • den Blick leicht nach oben bzw. auf das Dritte Auge, das innere, geistige, spirituelle  Auge zwischen den Augenbrauen richten
  • die „heilige Silbe“ – „OM“ –  oder andere Mantras chanten oder denken
  • durch suggestive Formeln veranlasst werden, sich entspannt, gelöst, warm, wohlig, wohlig – warm, schwer, leicht, schwebend usw. zu fühlen.
  • in eine Kerzenflamme starren oder zur Kerze sprechen

Immer werden die Kinder aufgefordert, innere Bilder oder Abläufe („wie Filmszenen“) zu entwickeln, sie sollen sich irgendetwas vorstellen („Stell Dir vor…“), sie sollen visualisieren oder imaginieren. Visualisierungen und Imaginationen sind der Kern aller „Stilleübungen“ und „Fantasiereisen“.

Meist sollen sich die Kinder vorstellen, woanders zu sein oder etwas anderes zu sein, als sie sind, beispielsweise eine Blume, ein Tier, eine Wolke. Die suggestiven Texte sprechen dabei in der Regel alle Sinne bzw. Sinneskanäle an. Dazu gehören die Augen, das Ohr, die Nase, die Haut.

In der „Fantasie“ (Vorstellung) sollen die Kinder

  • Farben sehen
  • Töne, Geräusche, Stimmen hören
  • schaukeln (wie im Boot, ein Kork auf den Wellen usw. )

Gassmann schreibt weiter:

„Wozu geschieht das Ganze? Nun, manche Lehrerinnen und Lehrer möchten einfach erreichen, daß Ruhe in der Klasse einkehrt. Sie gebrauchen diese Übungen einfach als Hilfe zum Stillwerden. An esoterische Zusammenhänge denken sie dabei nicht. Das Problem ist nur, dass solche Methoden eine Eigendynamik entwickeln können. Sie können der Kontrolle des Lehrers entgleiten. Bei sensiblen Kindern kann es geschehen, dass sie in die Traumwelt abgleiten und sich gar nicht oder sehr schwer aus dem Trancezustand zurückholen lassen. In den letzten Jahren wurden mehrere solcher Fälle bekannt.“

(Quelle: http://www.bible-only.org/german/gassmann/hp2.html)

Der Erziehungswissenschaftler Prof. Reinhard Franzke meint dazu:

„Stilleübungen und Fantasiereisen sollen zunächst das Bewusstsein der Kinder transformieren und ‚Türen‘ öffnen! Die Kinder sollen ‚transzendentale‘ oder ‚geistlich-religiöse Erfahrungen‘ machen, ‚tiefe Bewusstseinsebenen‘ erreichen, ihr Bewusstsein erweitern … Sie sollen Türen zu ‚inneren Welten‘ oder zum ‚Unterbewusstsein‘ öffnen … Zu diesem Zweck sollen die Kinder ‚Stille üben‘, ihr Bewusstsein leermachen: Sie sollen nichts wahrnehmen, nichts hören, nichts sehen, nichts sagen oder flüstern. Sie sollen alles vergessen, alles loslassen, sie sollen ‚zur Mitte‘ kommen, das Bewusstsein auf einen Punkt konzentrieren (Kerzenflamme, Atemrhythmus, einzelne Körperteile), auf ‚heilige‘ Wörter wie z. B. die Silbe „OM“, oder auf Farben, Töne, Klänge, einzelne Chakren (im Bauchbereich), das Dritte Auge oder ‚etwas Schönes‘. Entspannungs-, Wahrnehmungs-, Körper- und Atemübungen sollen tranceartige Bewusstseinszustände induzieren, unterstützt durch gedämpftes Licht, Kerzenschein, meditative Musik und verbale Suggestionen. Dies wird von einigen Autoren sogar offen zugegeben… Fazit: Es besteht der Verdacht, dass Stilleübungen und Fantasiereisen in Wirklichkeit Techniken der Bewusstseinstransformation und Trance-Induktion sind, die tatsächlich Türen öffnen: Türen zu unsichtbaren Welten und Mächten • aber niemals zu inneren Welten, zum Unterbewusstsein oder zu tieferen Bewusstseinsebenen.“

(Quelle: Reinhard Franzke, New-Age-Pädagogik. Wege und Irrwege der modernen Pädagogik, Hannover 2003)

Weitere Hinweise für Eltern findet man in einem empfehlenswerten Flyer der Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen (AG Welt) zum Bestellen oder zum Download im pdf-Format.

Informationsflyer:

Fantasiereisen – Mantras – Mandalas

Die Kinder werden angeleitet, ihre Augen zu schließen und sich vorzustellen eine „Reise nach Irgendwo“ zu machen; eine Reise in ein Land, wo sie gern sein wollen. Auf einer solchen Reise nach innen, die die Seele des Kindes berührt, könne es dann Farben und weltferne Wesen sehen oder wunderbare Töne hören. Alle Sinne sollen – im Einklang mit dem traumhaft Erlebten – in eine Art Schwebezustand gebracht werden…

Schneider, Thomas: Wieso macht man mit Kindern Fantasiereisen? online-Artikel der AG Welt

siehe auch Stichwort: Astralreisen

Bildnachweise:

Mädchen auf Wiese von Jill Wellington auf Pixabay
Flyer:  AG Welt

Literaturhinweise:

Franzke, Prof. Dr. Reinhard: Aktive Imagination

Franzke, Prof. Dr. Reinhard: Fantasiereisen – Fliegen lernen in der Schule? (Anti-Okkultismus-Info 2/2000)

Franzke, Prof. Dr. Reinhard: Visualisierung – Hilfe durch innere Bilder? (Lichtzeichen Verlag, 1999)

Franzke, Prof. Dr. Reinhard: New-Age-Pädagogik. Wege und Irrwege der modernen Pädagogik, Hannover 2003

Reinhard Franzke

Stilleübungen und Fantasiereisen

Moderne Wege der Pädagogik ?

(10. Auflage, 97 S.)

alpha-press, Hannover 1997

ISBN: 978-3-935765-01-5

 

 

Erstellt am 02.09.2019 * Letzte Änderung am: 27.02.2022