26. Dezember (Stephanstag)

Nachdem nun die Kinder Fleisch und Blut haben, ist er es gleichermaßen teilhaftig geworden. (Hebräer 2, 14)

Gott ist worden als unser Einer, damit wir würden als einer aus der Gottheit. Zählen wir nun die Menschen, siehe, so treffen wir unter ihnen Einen, welcher zugleich in der Höhe Gott der Herr ist. – O Wunder ohne Gleichen! O anbetungswürdiges, o segenreiches Wunder, Wurzel alles Heils! Wodurch wurde Gott ein Mensch? Dadurch, dass er unsre wirkliche menschliche Natur aus der gesegneten Jungfrau Maria an sich nahm, wie
durch den Propheten Jesajas war vorher verkündigt worden: „Siehe, eine Jungfrau ist schwanger, und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel.“ Diese unsere menschliche Natur hat er noch in diesem Augenblick, da wir von ihm reden, wiewohl verklärt, an sich. Hienieden war er uns nur in zwei Stücken ungleich. Er hatte nämlich keinen menschlichen Vater, und keine Sünde, wie wir. Sonst wurde er, wie wir auch, müde, hungrig, durstig, schläfrig, traurig, fröhlich, und man sah ihm nichts an, was ihn von andern Menschen unterschieden hätte, wiewohl er Gott war, über alles gelobt
in Ewigkeit.

Und erleuchtete Augen seiner Herrlichkeit sahen eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Wozu ward er Mensch? Zu was für einem hohen und erhabenen Zweck geschah dies über alle Begriffe erhabene Wunder? Wie? Der Ewige fängt an, seine Existenz nach Jahren zu rechnen? Der Unermeßliche wird in ein Maß eingeschränkt? Der Gott der Geister wird mit Händen betastet, mit Augen gesehen? Derjenige, welcher die Freude selbst und ihr Brunnquell ist, weint? Das ewige Leben stirbt? Welche Wunder! Und zu welchem Zweck? Der muß ja groß und herrlich sein. Das ist er auch. Wir erwähnen nur eines vierfachen Zwecks. Durch dies Wunder über alle Wunder bekamen wir ein neues Haupt, einen Bürgen, einen Versöhner und einen Schatz.

O Jesu Christ, Sohn eingebor’n
Deines himmlischen Vaters,
Versöhner derer, die war’n verlor’n,
Du Stiller unsers Haders.
Lamm Gottes, heil’ger Herr und Gott!
Nimm an die Bitt‘ in unsrer Not,
Erbarm dich unser aller!

Andacht aus: Tägliches Manna für Pilger durch die Wüste. Schatzkästlein aus Gottfried Daniel Krummachers Predigten, Seite 361. Neu herausgegeben von J. Haarbeck, Pastor in Elberfeld, im November 1899 (Verlag der Buchhandlung des Erziehungsvereins, Neukirchen, Kreis Mörs)

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