1. Petrus 4, 1

Weil nun Christus im Fleisch für uns gelitten hat, so wappnet euch auch mit demselbigen Sinn; denn wer am Fleisch leidet, der höret auf von Sünden.
(1. Petrus 4, 1)

Betrachtung zum 27. November

Wenn der Apostel vom Leiden Christi im Fleische redet, so denkt er an das gesamte Leiden des Herrn, sowohl das innere, vor Menschen unsichtbare, das mit seinem Leben unter Sündern und unter beständigen Angriffen des Fürsten der Finsternis unzertrennlich zusammenhing, als auch an sein sichtbares Leiden. In allem Leiden steht der Herr vor uns mit beständiger Geduld, ununterbrochenem Gehorsam, ausharrendem Glauben und seliger Hoffnung der Herrlichkeit. Wir sollen uns wappnen mit seinem Sinn zum Leiden am Fleisch. Zwar ist unser Leiden am Fleisch sehr verschieden von seinem Leiden im  Fleisch.

Er litt als der Heilige für unsere Sünden; unser Leiden kann nie stellvertretend sein. Sind wir aber im Glauben mit ihm verbunden, so daß wir uns unter das über Jesum ergangene Gericht am Kreuz gebeugt haben, als von uns verschuldet, so wird in uns sein demütiger Leidenssinn gepflanzt. Mit diesem seinem Leidenssinn gewappnet, ertragen wir dann auch in Geduld Leiden am Fleisch, deren es in seiner Nachfolge und in seinem Dienst genug gibt. Jeder Jünger und Diener des Herrn weiß etwas davon aus Erfahrung. Die aufopfernde Tätigkeit einer Diakonissin, die aufreibende Arbeit so vieler Knechte und Mägde des Herrn, besonders auch in ungesundem Klima unter den Heiden, hinterläßt oft Malzeichen am Leib. Mancher stille, vielleicht unscheinbare Dienst für den Herrn, in dem ein Mensch seine Kraft verzehrt aus Liebe zum Herrn und den Brüdern, ist insofern mit Jesu Leiden am Fleisch verwandt, als er andern zugut geschieht und zur Verherrlichung Gottes dient. Bei uns gibt es aber ein Leiden am Fleisch, das zum Aufhören von Sünden dienen soll, was beim Heiland unmöglich stattfinden konnte. Zwar können auch wir viel leiden am Fleisch, ohne von den Sünden aufzuhören; ja, mancher ist durch Leiden noch mehr in die Sünde hinein gekommen. Stehen wir aber in Gemeinschaft mit Jesu, so gibt es ein Leiden am Fleisch, das eine heilsame Zucht für den inneren Menschen ist, und wesentlich zur Demut und Abkehr von der argen Welt dient, uns also mächtig fördert im inneren Wachstum.

Lieber Herr Jesu! Führe mich ein in Deinen Leidenssinn. und laß mir alles Leiden dazu dienen, daß es mich Dir mehr ähnlich mache.

Amen.

Elias Schrenk
(1831-1913)

Quelle: Suchet in der Schrift Tägliche Betrachtungen für das ganze Jahr mit Anhang, S. 332. Von E. Schrenk. 2. Auflage, 32. bis 36. Tausend. Kassel. Druck und Verlag von Ernst Röttger, 1892.


Eingestellt am 27. Januar 2021 – Letzte Überarbeitung am 3. März 2024