Offenbarung 20, 11-13

Und ich sah einen großen, weißen Stuhl und den, der daraufsaß; vor des Angesicht floh die Erde und der Himmel, und ihnen ward keine Stätte gefunden. Und ich sah die Toten, beide, groß und klein, stehen vor Gott, und Bücher wurden aufgetan. Und ein anderes Buch ward aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken. Und das Meer gab die Toten, die darin waren, und der Tod und die Hölle gaben die Toten, die darin waren; und sie wurden gerichtet, ein jeglicher nach seinen Werken.
(Offenbarung 20, 11-13)

Das dritte Bild ist Fortsetzung und Auseinanderfaltung des zweiten und noch ernster als dieses. Vor dem Thron entfaltet sich eine feierliche Gerichtsszene. Bücher sind aufgeschlagen: Auf der einen Seite viele und große Bücher, auf der anderen nur ein einziges, das in seiner Andersartigkeit die Spannung auf sich lenkt. Als „ein anderes“ bezeichnet es der Seher.

Die vielen Bücher enthalten alles, was wir in diesem Leben getan haben. Sie reden eie drohende Sprache (vgl. Dan. 7, 10, s. unten). Das eine Buch enthält die Namen derer, in deren Leben Jesus etwas tun durfte. Und angstvoll blicken aller Augen auf die vielen Bücher und sehnsüchtig nach dem einen Buch. „Und Bücher wurden geöffnet. Und ein anderes Buch ward geöffnet, welches ist des Lebens. Und die Toten wurden gerichtet nach den Aufzeichnungen in den Büchern, nach ihren Werken“.

Das Bild sagt: Der Ernst jener Stunde besteht nicht in Schlägen und Strafen, die uns drohen, sondern in den Tatsachen selbst, die reden werde, wenn das, was wir aus unserem Leben gemacht haben, und die Augen Gottes sich begegnen.

Was wir längst entflohen meinten, Taten, deren Folgen wir vergaßen. Worte, die nur flüchtig ausgesprochen und verklungen sind. Wünsche und Gedanken, die vielleicht nur auf eine Sekunde den Spiegel unserer Seele trübten – es wird alles aufbehalten sein, aufstehen und anfangen, im Licht der Augen Gottes eine neue Sprache zu reden. Wenn die Zeit mit ihrem wohltätigen Vergehen und Vergessen aufhört, wird das, was wir aus unserer Zeit gemacht haben, nicht vergessen und vergangen sein, sondern sich aufgezeichnet finden wie in Büchern oder Akten. „Und sie wurden gerichtet, ein jeglicher nach seinen Werken“, heißt es zweimal hintereinander, V. 12 und 13.

Vor dem Auge Gottes wird erst in vollem Umfang sichtbar, was die Wirkungen eines Lebens sind. Wir sehen heute von unseren Gedanken, Worten und Taten, das heißt von unseren „Werken“, meist nur den ersten Anfang, nicht aber den Umfang ihrer Wirkung.

Ahnen wir etwas von dem Schaden, den unsere Gedanken anrichten,wie sie die Luft um uns vergiften?Vielleicht stoßen wir eines tages auf die Frücht, die ein verbotener Gedankein unserer Seele getragen hat, mit dem wir vorübergehend spielten und der seine Wurzel in der Tiefe unseres Trieblebens hinabsenkte uns es vergiftete, so daß wir Jahre ringen mußten, um von der Vergiftung freizukommen. Was wissen wir aber davon, wie unsere Gedanken sich auf andere übertragen und was sie in ihnen entzünden?

(Hellmuth Frey: Das Ziel aller Dinge) – Seite 244f.

Querverweise

Und von ihm her ging ein langer feuriger Strahl. Tausend mal tausend dienten ihm, und zehntausend mal zehntausend standen vor ihm. Das Gericht ward gehalten, und die Bücher wurden aufgetan. (Daniel 7, 10)

Ich sage euch aber, daß die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden. (Matthäus 12, 36.37)

Denn es wird geschehen, daß des Menschen Sohn komme in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln; und alsdann wird er einem jeglichen vergelten nach seinen Werken. (Matthäus 16, 27)


Eingestellt am 26. Januar 2024