Friedrich Rittelmeyer (1872-1938)

Friedrich Rittelmeyer (* 5. Oktober 1872 in Dillingen an der Donau; † 23. März 1938 in Hamburg) war ein deutscher evangelischer Pfarrer, Theologe, Anthroposoph und Mitbegründer der Christengemeinschaft.

Leben

Rittelmeyer war der Sohn eines evangelisch-lutherischen Pfarrers und verbrachte seine Kindheit und Jugend im fränkischen Schweinfurt. Bereits früh erkannte er seine Neigung zu den späteren Studienfächern Theologie und Philosophie. Von 1890 an belegte er diese Fächer an der Universität Erlangen, wo er zum Wintersemester 1890/91 der nichtschlagenden Studentenverbindung Uttenruthia im Schwarzburgbund beitrat [1].

Seine bedeutendsten Lehrer waren Adolf von Harnack und Julius Kaftan, später der Würzburger Psychologe Oswald Külpe (1862-1915), der ihn zur 1903 vorgelegten Dissertation über Friedrich Nietzsche anregte.

Von 1895 bis 1902 war Friedrich Rittelmeyer als Stadtvikar an der neugebauten Johannis-Kirche [2] in Würzburg tätig, im Jahre 1903 übernahm er die Stelle des Nachmittagspredigers an der Heilig-Geist-Kirche in Nürnberg. Dort heiratete er am 5. April 1904 Julie Kerler. Mit Christian Geyer (1862–1929), dem Hauptprediger der Sebalduskirche, arbeitete Rittelmeyer eng zusammen. Zwei gemeinsame Predigtbände sind daraus entstanden, die in Bayern Anlaß zu heftigen theologischen Streitgesprächen werden sollten. Von 1910 an gab Rittelmeyer die Zeitschrift »Christentum und Gegenwart« mit heraus.

Ebenfalls im Jahre 1910 führten beide Pfarrer eine Auseinandersetzung mit der bayrischen Kirchenleitung (Oberkonsistorium), der damals Hermann Bezzel als Präsident vorstand, über ihre liberale Interpretation von Bibel und Bekenntnis.

Bezzel trat dabei vehement für das bestehende Bekenntnis der Kirche ein. Er schrieb:

»So lasset uns halten an dem Bekenntnis, für das unsere Väter landesflüchtig, heimatlos, ehrlos, wehrlos geworden sind; an dem Bekenntnis, in dessen Schatten ich dereinst meinen letzten Seufzer aufgeben will. Es ist nicht ein von Theologen ersonnenes Bekenntnis, sondern das Bekenntnis, das die Gemeinde mit ihrem Herzblut erlebt hat und mit ihrem Herzblut vertreten muß.«

»Ich werde mit aller Willigkeit, mit aller Freude und Güte auch dem geringsten, dem einfachsten Vikar begegnen, auch von ihm lernen; aber ich werde nie dazu schweigen, wenn unsere Kirche allmählich ein Sprechsaal würde, in dem die einzelnen theologischen Meinungen hin- und herschwirren – und die Gemeinde steht dabei und leidet.«

Im Jahr 1916 wurde Rittelmeyer an die Neue Kirche (heute: Deutscher Dom) nach Berlin berufen, wo er als Prediger wirkte.

Der Nürnberger Volksschullehrer Michael Bauer hatte Rittelmeyer um 1910 eine erste Begegnung mit Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, vermittelt. Die Begegnung und Auseinandersetzung mit Person und Werk Steiners beschrieb Rittelmeyer in „Meine Lebensbegegnung mit Rudolf Steiner“.

In der sich in der Folge bildendenChristengemeinschaft, deren Taufe von den evangelischen und katholischen Amtskirchen nicht anerkannt wird und die aufgrund ihrer Sonderlehren als Sekte anzusehen ist, vollzog Rittelmeyer im September 1922 die ersten Kultushandlungen (Priesterweihe der Begründenden und Altarsakrament). Er, der sein Pfarramt verlassen hatte, wurde der erste „Erzoberlenker“ der „Bewegung für religiöse Erneuerung“ (eine Selbstbezeichnung der Christengemeinschaft) und war bei ihrem Aufbau von Stuttgart aus bis zu seinem Lebensende leitend tätig.

Quellen und Verweise

Wikipedia (DE): Seite „Friedrich Rittelmeyer“

Gassmann, Lothar: Anthroposophie und Christentum. Band 1: Biographisches: Leben und Werk von Rudolf Steiner, Friedrich Rittelmeyer, Emil Bock und Rudolf Frieling. Fromm-Verlag, Saarbrücken, 2011.

Gassmann, Lothar: Anthroposophie und Christentum. Band 2: Die Lehren im Vergleich – Spiritualität, Bibelverständnis, Gottesbild, Christosophie, Erlösung. Fromm-Verlag, Saarbrücken 2011.

Gassmann, Lothar: Anthroposophie – Lehre über die Bibel, Gott, Christus und Erlösung – (Originaltitel: Das anthroposophische Bibelverständnis) [Digitalisat im pdf-Format bei sermon-online.de]

Gassmann, Lothar: Rudolf Steiner und die Anthroposphie – eine kritische Biographie – Weleda, Demeter, Waldorfschulen, Christengemeinschaft – wer war ihr Begründer? Hänssler Verlag, Holzgerlingen 2002 [ISBN 3-7751-3677-0] [Digitalisat im pdf-Format bei sermon-online.de]

Rittelmeyer, Friedrich: Meine Lebensbegegnung mit Rudolf Steiner. Stuttgart 1928.

Schwab, Ulrich: Rittelmeyer, Friedrich; in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL), Band VIII (1994) Spalten 407-410 (externer Link: Archivfassung vom 14.08.2007 im Web Archive)

Wehr, Gerhard: Rittelmeyer, Friedrich Karl Robert Franz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 654f. (Digitalisat).

Rittelmeyer, Friedrich: Artikel bei christ-wiki.de

Christengemeinschaft und Friedrich Rittelmeyer: Artikel im Netzwerk Esoterik-Ausstieg

Eingestellt am 6. Mai 2021 – Letzte Überarbeitung am 28. Februar 2023